Pivovarská Restaurace U RichardaBrno ŽebětínCZE

Ein ruhiger Sommernachmittag. Es ist Wochenende, die Sonne scheint, keine Wolke am Himmel. Nur wenige Menschen sind auf der Straße, man hört das Zwitschern der Vögel und das Summen der Hummeln, die träge um die vollen Blüten in den bunten Gärten in ŽebÄ›tín taumeln. Was für eine herrliche Idylle. Ich sitze im Biergarten der Brauerei U Richarda, unter einem Sonnenschirm. Vor mir steht ein großes Glas frisch gezapftes Bier. Ich schließe die Augen und lausche den Hummeln.

Mit einem Höllenlärm sägen sie sich in meinen Gehörgang, kreischend, aggressiv gar klingt ihr Gesumm‘. Auf und abschwellend, aber pausenlos, und langsam, ganz langsam registriere ich, dass es sich hier mitnichten um eine emsig vor sich hin fliegende Hummelkolonie handelt, sondern vielleicht doch eher um das nervige Gekreische überzüchteter Motoren, die an und über ihre Belastungsgrenze ausgedreht werden. Ach ja, ich vergaß! Das Automotodrom Brünn, nur wenige hundert Meter von hier.

Aus ist’s mit der Idylle… Selbst wenn gerade keine großen Rennen gefahren werden, so ist auf dieser Rennstrecke doch pausenlos Betrieb.

Also, noch einmal von vorne, neuer Ansatz:

Ein Sommernachmittag. Es ist Wochenende, die Sonne scheint, keine Wolke am Himmel. Nur wenige Menschen sind auf der Straße. Begleitet vom Motorenlärm des nahegelegenen Automotodroms Brünn sitze ich im gemütlichen Biergarten der Brauerei U Richarda. Vor mir steht ein großes Glas frisch gezapftes Bier, und jeden Moment müsste die hübsche und freundliche Kellnerin mir auch mein Essen bringen.

Meine Gedanken kreisen. Kreisen um die Biere, die ich hier verkoste. Um das zwölfgrädige Helle, beispielsweise. Das typische tschechische Alltagsbier. Ein untergäriges Helles, mittelstark gehopft, leicht malzig, und tschechientypisch mit einer buttrigen Diacetyl-Note. Nein, streiche Note, setze Hammer. Mit einem buttrigen Diacetyl-Hammer. Das trifft es heute eher. Hopfen- wie Malznoten verschwinden hinter der ölig über den Tisch wabernden Butterwolke. Und selbst der Salatteller mit den Fischfilets, die mit warmer, zerlassener Butter übergossen sind, vermag keine solche Butterwolke zu produzieren wie das Bierglas.

Die Gedanken kreisen weiter. Das dunkle Zwölfer steht vor mir. Kräftig dunkel, kremiger Schaum. Malzige, röstige und schokoladige Aromen und Geschmäcker erhoffe ich mir, finde sie auch, aber eingebettet in eine Buttermatrix aus Diacetyl. Aus dem röstig-schokoladigen Aroma wird die kremige, sahnige Konsistenz eines frisch gekochten, noch warmen Schokoladenpuddings. Mit einem Stich Butter!

MiniaturIch beschließe, wenigstens etwas für’s Auge zu tun, wenn die Geschmacksnerven heute schon eine harte Probe bestehen müssen, und bestelle ein Řezaný, also ein Halb-und-Halb. Idealerweise werden das Dunkle und das Helle nacheinander so in das Glas gezapft, dass sie sich kaum mischen und in zwei verschiedenfarbigen Schichten im Glas stehen. Erst nach den ersten Schlucken mischen sich die beiden Biere, was dazu führt, dass fast jeder Schluck aus dem Glas ein wenig anders schmeckt. Aber ach, der Schankkellner scheint keine Lust zu haben, oder die Biere scheinen sich nicht dafür zu eignen. Ich bekomme ein Řezaný serviert, bei dem beide Biere bereits gemischt sind. Und über dem Glas wabert sie wieder, die Butterwolke. Also, nichts für’s Auge.

Eine letzte Chance, und jetzt ändern wir die Taktik. Kein Helles, kein Dunkles, sondern jetzt bestelle ich etwas, was ich nur dann bestelle, wenn alles andere hoffnungslos erscheint: Ein Kirschbier. Natürlich kein Kirschbier im Sinne eines belgischen Fruchtlambiks, sondern einfach nur ein Bier, mit Kirsche aromatisiert.

Wer hätte das gedacht, dass die Bierqualität hier noch zu steigern ist. Und zwar nach unten. Süßlich, klebrig, künstlich, wie Hustensirup schmeckt das Gebräu, das ich bekomme. Zwar schwimmen unten zwei echte Kirschen im Glas, die ich mit dem letzten Schluck auch in den Mund spüle und mittrinke, mitesse. Und sie schmecken auch wie echte Kirschen. Aber die Flüssigkeit darüber? Künstlich, chemisch, wie in der Hausapotheke zusammengerührt.

Nein, biertechnisch ist das heute keine Offenbarung, ganz im Gegenteil lange schon war ich in einer Gasthausbrauerei von den Bieren nicht mehr so enttäuscht wie heute.

Woran mag es liegen? Sind Hefezellen geräuschempfindlich? Ist es der Motorenlärm, der sie krank macht und nur noch schlechtes, diacetyl-überladenes Bier produzieren lässt? Die Butterwolke als Stressreaktion unserer Saccharomyces-Cerevisiae-Freunde auf Lärm, Vibrationen, Gesäge und Gekreische?

Es juckt mich in den Fingern, diesen Text nun mit den Worten Nie wieder! zu beenden. Aber irgendwie, es ist komisch, trotz alledem war es heute hier schön. Die Atmosphäre im Biergarten wunderbar, wenn man vom fernen Motorenlärm absieht. Nette Menschen. Eine hübsche und nette Kellnerin. Ein ausgezeichnetes Essen. Ganz ausgezeichnet sogar! Prima Service, genügend Parkplätze rund ums Haus, niedrige Preise.

Ach, vielleicht komme ich doch noch einmal hierher. Aber dann biete ich mich freiwillig als Fahrer an, trinke Wasser und werde mich auf das Essen konzentrieren. Auf die wundervollen, frischen und aromatischen Salate. Auf das knusprige Hühnchen im Kartoffelteigmantel. Auf die Fischplatte mit drei verschiedenen Sorten herrlich aromatischer Fischfilets. Auf die gewaltige Grillhaxe, die Rippchen in Honigsoße oder die appetitlichen Chickenwings mit dem großen Brotlaib dazu. Ein Genuss!

Und ein leckeres Bier gibt es anschließend zuhause, aus dem Kühlschrank daheim.

Das Brauereirestaurant U Richarda ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Bei gutem Wetter sitzt man hinten im großen Biergarten, hinter dem sich auch die Parkplätze befinden. Statt mit dem Auto kann man ŽebÄ›tín auch mit dem Bus von Brünn aus erreichen, muss dafür aber ein wenig Zeit einplanen. Die kleinen Nebensträßchen laden aber auch zur Anreise mit dem Fahrrad ein.

Bilder

Pivovarská Restaurace U Richarda
Ríšova 12
641 00 Brno Žebětín
Tschechien

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