Badisch Brauhaus Brauereigesellschaft mbHKarlsruheDEU

„Wunderlich!“ Das war mein erster Gedanke, als ich am 7. September 2003 das Badisch Brauhaus in Karlsruhe betrat. Eine überdachte Galerie als Zentrum des Brauhauses. Blick auf seltsame Formen und Farben in der Architektur des zum Gebäude gehörenden Hotels. Eine Rutschbahn statt einer Treppe in den Bierkeller. Ein Fischteich. Sehr ungewöhnlich. Hier hat sich hinter der konservativen Fassade des Gebäudes jemand mit seinen architektonischen Ideen austoben können. Schade nur, dass insbesondere das Spiel mit Formen und Farben unter der schlechten Qualität des verwendeten Materials leidet Risse, abblätternde Farben und ähnliches trübten zum Zeitpunkt meines Besuches den originellen Eindruck.

Das Bier ist lecker. Und darauf kommt es an. Neben den beiden Standard-Bieren „Hell“ und „Dunkel“ gibt es eine lange Liste von Saisonbieren insofern lohnt es sich, hier immer mal wieder her zu kommen.

Nachtrag 4. Februar 2015: Fast zwölf Jahre sind seit meinem letzten Besuch vergangen, viele Details haben sich im Brauhaus geändert. Aber vieles ist auch geblieben: Die Rutschbahn über zwei Stockwerke hinweg in den Gewölbekeller existiert nach wie vor. Folgt man ihrem Weg, so steht man rasch vor dem auf Hochglanz polierten Drei-Geräte-Sudwerk. Sehr luxuriös, beeindruckend sieht es aus. Ohne auf Platzbeschränkungen Rücksicht nehmen zu müssen, machen sich die drei Kupfergeräte breit und verleihen dem Keller ein ganz besonderes Flair.

MiniaturVom Zwischengeschoss aus kann man direkt auf die Anlage sehen; lediglich im Erdgeschoss fehlt der beeindruckende Blick. Hier sieht man stattdessen durch eine dicke Glaswand die Gär- und Lagertanks. Etwas schmucklos, einfach in Edelstahl ausgeführt, und auch nicht Besonders auf Ansehnlichkeit getrimmt. Form follows function.

Der Gastbereich ist weitläufig, es gibt bestimmt mehrere hundert Sitzplätze in mehreren Räumen und dem Biergarten im Innenhof. Und obwohl es ein ganz normaler Mittwoch war, als ich hier eingekehrte, so war es doch voll.

Zwei Biersorten werden hier ständig angeboten, Helles und Dunkles. Daneben gibt es auch ein wechselndes Saisonbier, aber wie ich heute erfahren musste, leider nicht immer. Es blieb also bei den beiden Standardbieren. Das Dunkle ist leicht malzig, etwas dünner als erwartet, dadurch auch in größeren Mengen gut trinkbar, aber es bleibt unauffällig und charakterlos. Ein Jedermannsbier für den großen Durst, nicht für den bewussten Genuss. Das Helle hingegen ist spannender. Überraschend herb kommt es daher, hier wurde mit Hopfen sicherlich nicht gespart. Ein wenig Restsüße ist noch vorhanden, als ob es nicht lange genug gelagert hat, und ein wenig unharmonisch wirkt es dadurch. Trotzdem: Ein gutes Bier. Gerne mehr davon.

Die Küche ist grundsätzlich brauhaustypisch, man findet Gulaschsuppe genauso wie Flammkuchen oder Obatzten und natürlich die unvermeidlichen Fleischgerichte alles serviert von schnellem und freundlichem Personal.

Ein nettes Brauhaus, mit einer unverändert netten, individuellen Innenarchitektur, aber nicht mehr ganz so wunderlich wirkend wie vor zwölf Jahren.

Nachtrag 6. März 2015: „Im Ausschank: Märzen!“ hieß es heute auf einer Kreidetafel am Eingang. Jetzt also wieder ein Saisonbier. Ein mittelbraunes, recht süffiges Bier, gut gelungen. Dazu ein deftiges Essen, angenehm.

Was auffiel: Die Bedienungen sind fleißig, freundlich, aber unorganisiert. Weite, und vor allem sich ständig kreuzenden Wege, offensichtlich keine klar abgegrenzten oder sinnvoll verteilten Verantwortungsbereiche. Man läuft und läuft und ist doch nicht so schnell, wie man gerne sein möchte. Fast wünschte man sich die altehrwürdige Funktion eines Oberkellners zurück, der souverän in der Mitte steht und sein Personal dirigiert. Könnte hier vielleicht wirklich etwas weniger Hetze und Entspannung für das Personal bedeuten

Das Badisch Brauhaus ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet (sonntags schon ab 11:00 Uhr). Es liegt nur etwa 100 m nördlich des Europaplatzes, dem Beginn der Fußgängerzone. Hier halten nahezu alle Busse und Straßenbahnlinien, so dass eine Anreise mit den Öffis definitiv die beste Lösung ist. Parken geht allerdings auch, und zwar direkt unter dem Brauhaus. Für Vielparker gibt es mit einem 50-Stunden-Ticket für 50 EUR auch eine durchaus interessante Option aber da muss man schon sehr oft kommen und dann jedes Mal aufgrund der Promillegrenze fast nichts trinken… Ob das nun wirklich die beste Alternative ist?

Bilder

Badisch Brauhaus Brauereigesellschaft mbH
Stephanienstraße 38-40
76 133 Karlsruhe
Baden Württemberg
Deutschland

Stadsbrouwerij van Kollenburg‘s HertogenboschNLD

Ein stets rappelvolles, gemütliches Biercafé in der Altstadt von ‘s Hertogenbosch, Heerscharen von Gästen, die sich durch die interessante Bierkarte trinken und das gute Essen genießen. Prima Stimmung, nette Leute. Man hätte mit der Bar Le Duc also einfach nur zufrieden sein können.

Aber dann kommt Übermut hinzu. Könnten wir nicht in der Spülküche mal versuchen, unser eigenes Bier zu brauen? Und so kam es, wie es kommen musste: Aus der netten Bierbar wurde auch eine kleine Brauerei. Und das so erfolgreich, dass sie einen eigenen Namen bekam, nämlich Stadsbrouwerij van Kollenburg, und dass hier mittlerweile ein schmuckes, professionelles Sudwerk steht.

Es war der 5. März 2015, ein ganz normaler Wochentag, am noch recht frühen Abend, und ich hatte nicht damit gerechnet, dass in der Altstadt von ‘s Hertogenbosch viel los sein würde. Weit gefehlt: In der Bar Le Duc wie auch in den unmittelbar benachbarten Kneipen, Bars und Cafés standen die Menschen Schlange auf der Straße, um an ihr Feierabendbierchen heranzukommen. Ich machte mich so schlank wie möglich und schob mich zentimeterweise in die Bar Le Duc hinein. Und siehe da: Ganz im hinteren Bereich des Cafés, dort, wo man sich gemütlich zum Essen hinsetzen kann, war noch ein kleines Tischchen frei.

Die Bierkarte ist recht umfangreich aus der eigenen Brauerei ein halbes Dutzend unterschiedliche Biere, und wenn ich das richtig verstanden habe, wechseln die auch ständig durch. Dazu eine ganze Reihe anderer niederländischer Handwerksbiere, und schließlich, denn die Bar Le Duc ist Mitglied in der Alliantie van Biertapperijen A.B.T., das Bier van de Maand, das Monatsbier also. In dieser Bier-Ausschank-Allianz wird jeden Monat ein anderes, besonderes Bier ausgewählt, das dann für einen Monat lang in allen Kneipen und Bars der A.B.T. im Ausschank ist. Ein erfolgreiches Konzept, und mittlerweile parallel betrieben für Fass- und Flaschenbier. Es gibt also jeden Monat zwei interessante Biere zu probieren.

Genug erzählt, das Bier wartet. Ich bestellte mir also das Tripel der Stadsbrouwerij. Im appetitlichen Pokal wurde es serviert, und obwohl ich es ob seines etwas kantigen, erdigen Geschmacks in einer Blindverkostung wohl eher als Saison einsortiert hätte, war ich durchaus zufrieden. Und die Schaumreste, die „Brüsseler Spitzen“, die nach jedem Schluck am Rand des Glases zurückblieben, formten im Laufe der Zeit ein wunderbares, impressionistisches Gemälde.

Das Bier des Monats, ein India Rye Ale aus der Brewlab Serie der Berghoeve Brouwerij, stand dem Tripel in nichts nach. Ein voller, runder und brotiger Grundgeschmack als fester Boden, auf dem die spannendsten Hopfennoten ein Freudenfest feierten. Sehr schön.

Das Essen dazu, Aal und Garnelen, als kleiner Snack, passte zum Tripel hervorragend, zum Rye dann aufgrund von dessen starken Hopfenaromen nicht mehr so sehr, war aber qualitativ ausgezeichnet.

„Tja, aber wo steht sie denn nun, die Brauerei?“, wollte ich von der netten Bedienung wissen. „Na, da vorne, hinter der Glastür, sieht man doch!“, grinste sie. Im dichten Gedränge war ich dran vorbeigelaufen, ohne sie zu sehen. „Darf ich da mal einen Schritt rein machen zum Fotografieren?“

Miniatur„Klar, Du kannst ruhig ganz reingehen und Dich umsehen! Nimm‘ aber keine von den guten Bierflaschen heimlich mit! Denk‘ dran, es ist eine Glastür, jeder kann Dich sehen!“ lachte sie.

Gesagt, getan, ich nutzte die Gelegenheit und betrachtete mir die Anlage von allen Seiten. Schmuck, schmuck! Und auf Hochglanz poliert. Aber eigentlich ist es in dem Räumchen schon viel zu eng die Stadsbrouwerij van Kollenburg ist Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Aus den Gär- und Lagertanks blubbert es, überall stehen Sachen herum. Volle Flaschen, leere Flaschen. Alles blitzsauber, aber trotzdem ein ganz schönes Durcheinander. Eine große Bierkrugsammlung im Regal beansprucht auch noch ordentlich Platz, und die ansehnlichen 0,75-l-Flaschen mit dem Kolleke-Bier ebenso.

Kaum vorstellbar, dass man mich in Deutschland einfach so in dieses Durcheinander hineingelassen hätte. Einmal über einen Schlauch gestolpert, und eine Kettenreaktion hätte ihren Lauf nehmen können, die Loriot Freude bereitet und ein übles Chaos hinterlassen hätte. Die Niederländer sehen’s locker, und die Kellnerin strahlte über’s ganze Gesicht, als sie sah, wie ich begeistert aus der Brauerei wieder heraus kam.

Die Bar Le Duc mit der Stadsbrouwerij van Kollenburg ist montags ab 13:30 Uhr, dienstags bis sonnabends ab 11:00 Uhr und sonntags ab 12:00 Uhr bis tief in die Nacht durchgehend geöffnet. Zu erreichen ist sie am besten mit der Bahn vom Hauptbahnhof ‘s Hertogenbosch sind es fünf Minuten zu Fuß. Und da das Parken in der Altstadt nahezu unmöglich ist, wäre es vom Parkhaus am Rand der Stadt wahrscheinlich noch weiter.

Bilder

Stadsbrouwerij van Kollenburg
Korenbrugstraat 5-7
5211 EG ‘s Hertogenbosch
Niederlande

Halber Mond Restaurant GmbH & Co. KGHeppenheimDEU

Miniatur„Vier Tage zu spät!“, denke ich mir, als ich den schon dreiviertelvollen Mond am Abendhimmel des 1. März 2015 über Heppenheim leuchten sehe. Der Halbe Mond wäre am Mittwoch gewesen… Und doch ich folge der Neon-Reklame Halber Mond und betrete den alten Gutshof, der heute als Hotel, Tagungsraum, Restaurant und natürlich, sonst wäre ich wohl nicht hier… als Brauerei dient.

Ein etwas kahles, kühl wirkendes, weißes Treppenhaus, und direkt dahinter das kupferne Sudwerk. Eine recht kleine Anlage der Firma Jacob Carl, zwei Geräte, mit einer Ausschlagmenge von 2 hl. Ein wenig schmucklos steht sie da, auf ihrem Podest. Ein paar kleine Gläschen mit Malzproben, eine Hopfenranke aus Plastik.

Linker Hand dann die Kutscherstube, ein etwas nüchtern wirkendes, nicht unelegantes Restaurant, dessen eher gediegene Ausstrahlung so gar nicht zu dem rustikalen Namen passt. „Kutscherstube“, da hätte ich mir doch eher dicke Holzbalken, altes, wuchtiges Mobiliar, eine niedrige Decke vorgestellt. Stattdessen eher feine Eleganz.

Die gleiche Kühle in den Regalen hinter der Bar. Einzelne Wein-, Sekt- und Spirituosen-Flaschen in weißen Regalfächern. Davor die kupferne Zapfanlage. Auf die Frage, was es denn für Biere gebe, kommt die stolze Antwort: „Drei Stück alle bei uns selbst gebraut!“ Die junge Dame legt Wert darauf, dass dem Gast das auch bewusst ist, falls er nicht bemerkt haben soll, um was es sich bei der kupfernen Installation, an der er am Eingang gerade entlang gegangen ist, gehandelt haben sollte. Drei, die magische Zahl der deutschen Gasthausbrauerei. Und in der Tat: „Ein helles, ungefiltertes Kellerpils, ein Schwarzbier und ein Hefeweizen!“ fährt sie vor und bietet mir also das klassische Brauhaus-Triplett an.

Zum Glück für den Autofahrer gibt es auch kleine 200 ml Gläser, so dass es zum Essen wenigstens ein Pröbchen von zwei aus drei sein darf.

Das Kellerpils schmeckt angenehm frisch und schön herb. Nichts, was vor Begeisterung oder Exklusivität die Schuhe auszieht, aber ein grundsolides Alltagsbier gegen den täglichen Durst. Schön!

Das Schwarzbier hingegen enttäuscht. Statt schwarz ist es gerade mal mittelbraun, und außer einem ganz leicht röstigen Duft lässt es jegliches Aroma vermissen. Hopfen? Fehlanzeige. Malz? Hm… Der erste Schluck: Wässrig. Keine Geschmacksfehler, das nicht, eher schon gar kein richtiger Geschmack, die Absenz jeglichen bleibenden Eindrucks. Schade. Gehässig könnte man sagen, hier sei ein Wasserfärber unterwegs gewesen, aber vielleicht ist es auch nur ein Zugeständnis an die eher weintrinkende Kundschaft hier in der Region, die von zu intensivem Malzgeschmack vielleicht abgestoßen werden könnte?

Ich weiß es nicht.

Das Essen scheint gut zu sein. Eine recht kurze Speisekarte mit klassischen und regionalen Gerichten. Ich entscheide mich sehr regional für einen Kochkäse mit Musik, das heißt mit sauer eingelegten Zwiebeln und viel Kümmel. Lecker, und appetitlich arrangiert.

Zum Abschluss meines Besuchs sehe ich mich noch einmal sinnierend um. Kühle Eleganz, ein bisschen Geschäftshotel-Atmosphäre. Eine große Weinauswahl, viele Cocktails, ordentliches Essen. Das Bier und die Brauerei sie wirken ein wenig wie ein Fremdkörper in diesem Ambiente.

Aber immerhin: Eine Brauerei mitten im Weingebiet!

Der alte Gutshof, der den Halben Mond beherbergt, stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert, und spätestens im 19.Jahrhundert ist er auch als Gasthof unter dem Namen Halber Mond bekannt. Nach einem Brand 1911 wird er komplett neu erbaut, erneut bis in die siebziger Jahre als Gasthof betrieben, und ab 1975 dient er als Bürgerhaus der Stadt Heppenheim. Nach gründlicher Renovierung wurde er dann 2011 als Hotel, Restaurant und Brauerei wieder in seiner ursprünglichen Bestimmung eröffnet.

Die Kutscherstube, in der auch das Sudwerk steht, ist täglich von 17:00 bis 23:00 Uhr geöffnet, sonntags und feiertags ab 11:00 Uhr bis 21:00 Uhr. In der Nebenstraße gegenüber, etwa 100 m entfernt, befindet sich ein großer, sonntags gebührenfreier Parkplatz, so dass die Anreise problemlos mit dem Auto erfolgen kann. Und wer vom hier gebrauten Bier zu viel erwischt hat, kann direkt im Halben Mond auch übernachten.

Bilder

Halber Mond Restaurant GmbH & Co. KG
Ludwigstraße 5
64 646 Heppenheim
Hessen
Deutschland

Privatbrauerei Gießen GmbHGießenDEU

Die Privatbrauerei Gießen GmbH ist aus dem Gießener Brauhaus hervorgegangen und man versucht, sich neu zu positionieren. Das Produktportfolio wird Schritt für Schritt überarbeitet, man öffnet sich vorsichtig neuen Bierstilen, ändert das Logo und den Markenauftritt.

Am 31. August 2013 hatte ich im Rahmen eines Hausbrauertreffens die Gelegenheit, die Brauerei zu besichtigen. Der Geschäftsführer der Privatbrauerei Gießen GmbH, Achim Franzen, nahm sich die Zeit, uns an einem Sonnabendnachmittag in über drei Stunden bis in den letzten Winkel der Brauerei zu führen, alle unsere Fragen zu beantworten und zum Abschluss noch einige seiner Produkte zu verkosten.

MiniaturDie Brauerei ist und bleibt eine Industriebrauerei als solche ist sie konstruiert worden. Und somit wird der Bier-Aficionado sicherlich keine sehr exotischen Bierstile finden, die nur in kleinem Kreise goutiert werden und für die somit die gewaltigen Sude, die hier in Gießen gebraut werden, ein viel zu großes wirtschaftliches Risiko darstellen würden. Aber trotzdem: Man ist offen. Neben den klassischen Sorten und dem Lohnbraugeschäft braut man nun ein Weißbier, ein Porter und ein Whisky-Lager und versucht so, den Markt neu zu erobern.

Die Brauerei selbst ist dominiert von dem 45 m hohen Turm in der Mitte des Geländes, und alle weiteren Anlagen und Installationen sind im Kreis um diesen Turm herum angeordnet. Im Sudhaus stehen alte, kupferverkleidete Kessel, die nur noch improvisiert als Warmwasser-Zwischenspeicher genutzt werden, neben modernen Edelstahlkesseln. Die ganze Brauerei macht einen gut organisierten Eindruck. Man sieht zwar, dass das Geld knapp ist, aber es wird nicht geschlampt, man wirtschaftet nichts bewusst herunter, man lässt nichts vergammeln. Im Gegenteil: Man bemüht sich, wieder solide auf die Beine zu kommen.

Krönender Abschluss der Führung durch die Brauerei war eine Fahrt ins oberste Stockwerk des Turms, von wo aus die Gäste der Brauerei einen beeindruckenden Blick über die Brauerei und über die Hügel, Wälder und Wiesen rundherum haben. Hier befindet sich auch ein Ausschankraum, in den uns Herr Franzen spontan zur Bierverkostung einlud. Spontan? Ja, wirklich spontan. Mit einer verlegenen Handbewegung wischte er die Staubschicht vom Tresen und erklärte: Eigentlich sei nur ein Rundgang geplant gewesen, aber bei so großem Interesse würde er das Programm gerne ändern. Wir stellten uns ein paar Stühle an den Tresen und genossen bei fachkundigen Erläuterungen das Weizen, das Export, das Whisky Lager und ein naturtrübes Obergäriges, das nicht Kölsch heißen darf.

Nachtrag 5. Dezember 2014: Wie die Oberhessische Presse in ihrer heutigen Ausgabe meldete, musste nun leider auch die Privatbrauerei Gießen GmbH als Nachfolgerin des Gießener Brauhauses Insolvenz anmelden:

„Am 28. November hat wie vor drei Jahren das Gießener Brauhaus nun auch das Nachfolgeunternehmen, die Privatbrauerei Gießen GmbH, Insolvenz anmelden müssen. (…)Ziel aller Bemühungen wird (…) sein, den Betrieb des in seiner Gesamtheit sehr traditionsreichen Unternehmens ‚in irgendeiner Form‘ und als längerfristige Lösung sicherzustellen. Dazu sind ‚neue Investoren mit Bereitschaft zum Engagement oder alte Gesellschafter mit neuen Ideen oder jemand gänzlich anderer‘ notwendig.“

Schade! Es bleibt, wie so oft, die Hoffnung, dass dies erstens rechtzeitig geschehen ist, um wirklich noch etwas retten zu können, und dass sich zweitens ein Investor findet, der die Brauerei am Leben hält.

Nachtrag 28. Februar 2015: Die Hoffnung war vergebens. Auch ein erfahrener Insolvenzverwalter hat die Privatbrauerei Gießen nicht mehr retten können, und heute wurde mehr oder weniger offiziell das endgültige Ende der Brauerei verkündet.

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Privatbrauerei Gießen GmbH
Teichweg 8
35 396 Gießen
Hessen
Deutschland

Brauerei Schneider Weißenburg „Zur Kanne“WeißenburgDEU

Å vyturio Alaus Darykla, Klaipeda

Am 4. Mai 2007 besuchten wir im Rahmen der „Tour de Bier 2007“ die Brauerei Schneider in Weißenburg / Bayern sie stellte für die drei Tage der Tour gewissermaßen unsere logistische Basis dar.

MiniaturDie Biere waren durchweg sehr lecker, das Personal freundlich und mit ganzem Herzen bei der Sache, und bei der Besichtigung der Brauerei merkten wir, dass auch der Brauer in seinem Beruf voll aufgeht. Zwar ist die Brautechnik schon ein wenig älter, aber sehr gut gepflegt, topp in Schuss und blitzsauber. Prima! Wir fühlten uns bei der Tour auch über Essen und Trinken hinaus sehr gut unterstützt, was auch an netten Kleinigkeiten zu spüren war: Beispielsweise hatte die Brauerei extra anlässlich unserer Tour einen Extra-Bierdeckel aufgelegt, und drückte jedem Tourteilnehmer eine Teilnahmeurkunde in die Hand, auf deren Vorderseite der Bierdeckel noch einmal aufgeklebt war, und auf deren Rückseite ein Rezept der Brauerei, heruntergerechnet auf die für uns Hausbrauer typische Ausschlagmenge von 20 Litern, zum Nachbrauen aufgedruckt war.

So fiel es denn auch nicht ins Gewicht, dass die Brauerei Schneider unseren Appetit ein wenig unterschätzt hatte und es beim Hausbrauerabend beim einen oder anderen Gericht zu einem kleinen Engpass kam. Es gab genug Ausweichmöglichkeiten niemand musste hungern.

Und noch eine Besonderheit: Die Leipziger Gose, ein ganz besonderes Bier, eine Spezialität, die es in dieser Rezeptur wohl nur ein einziges Mal in Deutschland gibt (und das eines von an einer Hand abzählbaren Bieren ist, das aus Traditionsgründen abweichend vom so genannten „Reinheitsgebot“ gebraut werden darf [zum Thema „Reinheitsgebot“ an anderer Stelle mehr…]), wird hier nicht nur in der Flasche verkauft, sondern sogar aus dem Fass angeboten. Das gibt’s sonst nur in Leipzig selbst, am Bayrischen Bahnhof.

Und warum auch hier in Weißenburg?

Na, der Inhaber vom Bayrischen Bahnhof heißt Thomas Schneider.

Schneider?

Schneider!

Eben derselbe!

Nachtrag 27. Februar 2015: Seit 1772 wird hier in Weißenburg Bier gebraut eine alte Tradition. Zunächst als Brauerei „Zum Goldenen Schwan“ direkt nebenan, danach, seit 1889, nach Übernahme der Braurechte auf dem heutigen Grundstück, dort, wo sich die Gaststätte „Zur Kanne“ befindet. Vier Generationen von Schneiders haben bis heute die Brauerei betrieben, zuletzt Thomas Schneider seit 1992. Mit Ablauf der März 2015 geht diese Tradition nun zu Ende. Das alte Sudhaus aus dem Jahr 1938 lässt sich nicht mehr effizient betreiben, eine grundlegende und insbesondere energieeffiziente Renovierung ist in dem denkmalgeschützten Gebäude mitten in der Altstadt finanziell nicht zu stemmen, und nicht zuletzt ist es auch die Gasthausbrauerei Bayerischer Bahnhof in Leipzig, die aufgrund ihres Erfolgs alle Kapazitäten der Familie Schneider bindet. So wird denn der Braubetrieb eingestellt, und Weißenburg verliert seine schöne, alte Brauerei.

Die Biere, die in der Kanne ausgeschenkt werden, kommen ab sofort von der Brauerei Strauß aus Wettelsheim, und nur noch auf der Weißenburger Kirchweih wird das Original noch zwei Mal ausgeschenkt werden um den Vertrag mit den Organisatoren der Kirchweih, der noch zwei Jahre lang läuft, zu erfüllen, wird eigens für diesen Anlass das alte Sudwerk noch einmal in Betrieb genommen und Schneider-Bier im Festzelt ausgeschenkt werden. Danach ist aber endgültig Schluss.

Schade!

Sehr sogar!

Bilder

Brauerei Schneider Weißenburg „Zur Kanne“
Bachgasse 15
91 781 Weißenburg
Bayern
Deutschland