Pracownia Piwa sp. z o.o.ModlniczkaPOL

Eine kurze Geschichte vom großen Erfolg einer kleinen Brauerei.

Ist es wirklich gerade erst zwei Jahre her, dass ich am 10. Juni 2013 in den engen Räumen einer ehemaligen Fleischerei in Modlniczka nordwestlich von Krakau gestanden habe, und mir Tomasz Rogaczewski mit leuchtenden Augen seine winzigen Braukessel gezeigt hat? Stolz war er auf die Anlage, obwohl noch viel improvisiert war. Stolz, weil mit den Behörden alles geklappt hatte. Stolz, weil trotz vieler Anlaufschwierigkeiten und unendlich viel investierten Arbeitsstunden endlich sein Bier auf dem Markt war, und stolz, weil seine Pracownia Piwa, die Bierwerkstatt, lauter positive Rückmeldungen bekam.

Tomasz begann zu träumen. Davon, dass die Brauerei sich etablieren könnte. Dass man sein Bier in ganz Polen kaufen könnte. Dass er vielleicht in ferner Zukunft auch mal den einen oder anderen zusätzlichen Gär- und Lagertank werde kaufen können und so die Hallen der alten Fleischerei auch wirklich komplett nutzen könnte.

Ach, Träume…

Wir saßen auf ein paar prall gefüllten Malzsäcken in der Sonne, tranken ein Bier, und noch eins, und hingen diesen Träumen nach. Drei, vier Jahre vielleicht, und dann kann ich etwas erweitern? fragte sich Tomasz.

MiniaturKaum mehr als zwei Jahre sind seither vergangen, und heute, am 28. September 2015, stehe ich staunend zwischen zwei Reihen zu jeweils sechs gewaltigen Lagertanks, in einer Halle, die komplett neu an die alte Fleischerei angebaut worden ist. Zwischen den Tanks hindurch sehe ich das neue Vier-Geräte-Sudwerk. Komplett hydraulisch gesteuert, mit einem supermodernen Touchpanel in der Mitte.

Marek Bakalarski, Tomasz‘ Freund und Headbrewer steht wie Captain Kirk im Raumschiff Enterprise vor dem Schaltpult, zeigt mir die Steuerung des Sudwerks. In jedes der vier Geräte schaue ich hinein, blitzsauber, natürlich, und von innen beleuchtet. Hier eine besondere Konstruktion zum halbautomatischen Austrebern, dort eine kleines Schwallblech zur Optimierung des Whirlpools, Marek schwärmt und schwärmt. Ende der Woche fahren wir unseren 400. Sud seit Gründung der Brauerei, strahlt er.

Die Pracownia Piwa hat sich mittlerweile am Markt etabliert. Ihre Biere sind in ganz Polen in den Craft-Bier-Bars zu haben; auf jedem Craft-Bier-Fest und es gibt mittlerweile viele! ist die Pracownia vertreten. Eine eigene Craft-Bier-Bar in Krakaus Altstadt haben sie auch das Tap House. Und vor wenigen Wochen erst hat eine Craft-Bier-Bar in Warschau eröffnet, die unter dem Patronat der Pracownia läuft, Hoppiness: Mindestens die Hälfte der zwölf Zapfhähne ist immer mit Bieren aus Modlniczka bestückt, und das Logo des Pubs ist nicht zufällig im gleichen Stil wie das der Pracownia.

Auf dem Kopenhagener Bierfest war die Pracownia vertreten, und in der Folge kam es sogar zu einem Tap-Takeover in der berühmten Mikkeller Bar in Kopenhagen, soll heißen, alle Zapfhähne in der Bar wurden für ein Wochenende mit Pracownia-Bieren bestückt.

Wir sind schon wieder an den Grenzen unserer Lagerkapazität angelangt, grinst Marek. Ich runzle die Stirn. Ihr habt die neue Halle doch erst vor einem dreiviertel Jahr fertiggestellt? Marek schmunzelt. Tja… zuckt er die Achseln. Aber jetzt müssen wir mal darauf achten, dass wir uns nicht übernehmen, nicht zu schnell wachsen. Es soll ja alles solide finanziert sein. Nächste Woche wird das alte Sudwerk verkauft, das noch draußen im Hof steht.

Wir gehen vor die Halle. Lächerlich klein wirken die Braukessel und die alten Lagertanks im Vergleich zur neuen Anlage. Und doch, sowohl Tomasz und Marek als auch ich verbinden fast schon sentimentale Erinnerungen mit dieser Ausrüstung haben wir doch im Dezember letzten Jahres gemeinsam einen Sud eingebraut, ein typisch deutsches Altbier nach meinem Rezept.

Links und rechts stapeln sich Paletten mit leeren Flaschen und Einwegfässern. Dazwischen ein schmaler Zugang zum linken Flügel des Gebäudes, in dem gerade ein kleiner Schankraum entsteht. Wir wollen einmal die Wochen Brauereibesichtigungen mit anschließender Verkostung anbieten, erzählt Marek. Die Bar steht schon, und das Mobiliar haben wir auch schon. Hier kommen noch zwei Kühlschränke für Bierspezialitäten hin, und dann kann es bald losgehen. Sowie das alte Sudwerk weg ist, herrscht auf dem Hof wieder Ordnung, dann räumen wir noch das Lager richtig auf, also da, wo die alte Brauerei gestanden hat, und dann geht’s los!

Ich sehe mich noch mal um, bevor ich ein paar Kisten Bier in mein Auto lade und mich wieder auf den Weg mache. Ich habe da so meine Zweifel. Nicht am Erfolg, aber daran, ob es wirklich noch so lange dauern wird, bis in die nächste Reihe Lagertanks investiert wird, wie Marek behauptet? Ich hab‘ da so ein Gefühl angesichts der Aufbruchsstimmung, die hier herrscht. Und als ich langsam vom Hof rolle, denke ich ganz leise zu mir, wenn ich das nächste Mal hierher komme, wetten, dass ich wieder staunen werde, was sich seit dem letzten Besuch alles getan hat?

Die Pracownia Piwa liegt in einer kleinen Nebenstraße im Krakauer Vorort Modlniczka, direkt neben der Autobahnauffahrt, nicht weit vom Flughafen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen, man ist auf das Auto angewiesen. Feste Öffnungszeiten für einen Werksverkauf gibt es nicht, auch der kleine Ausschank ist noch nicht in Betrieb, aber nach telefonischer Absprache oder einfach auf gut Glück lohnt es sich immer, die Pracownia anzufahren. Während normaler Arbeitszeiten an Werktagen ist immer jemand da.

Bilder

Pracownia Piwa sp. z o.o.
ulica Kasztanowa 31
32-085 Modlniczka
Polen

Krakowski Przegląd Piw RzemiesłniczychFestival Beer Week 0225. bis 27. September 2015

Der zweite Tag. Eigentlich natürlich der dritte Festival-Tag, aber mein zweiter Tag auf diesem Festival. Das Wetter ist deutlich besser, die Sonne ist herausgekommen. In den Hallen in der alten Fabrik macht das keinen Unterschied, aber während des gemütlichen Spaziergangs entlang der Weichsel hin zum Festival natürlich schon.

Und für den Street-Food-Court auch. Die Food-Trucks stehen etwas weiter weg vom Eingang als gestern und die große Wiese dazwischen ist gefüllt mit Liegestühlen. Hier lässt es sich entspannt speisen und entweder eine Grundlage für die kommende Bierverkostung schaffen, oder, umgekehrt, den Hunger nach den ersten appetitanregenden Bieren bekämpfen.

Eine kleine Gruppe von Hausbrauern nutzt die Gelegenheit und zeigt, wie man mit einfachen Mitteln sein Bier selber brauen kann. Solides Interesse bei den Festivalgästen, der kleine Stand ist immer mit einer Handvoll wechselnder Interessenten umlagert. Am späten Nachmittag die traurige Nachricht: Wir haben den Kühler vergessen und müssen den Sud leider weggießen. Es war alles nur für die Schau, es entsteht kein einziger Tropfen Bier aus diesem Sud…

Drinnen, in den Hallen, lässt das violette Licht vergessen, ob es draußen hell oder dunkel ist, ob es regnet oder nicht. Der Frisör am Eingang hat unverändert pausenlos zu tun. Brillante Idee für ihn hat sich die Teilnahme am Festival mit Sicherheit gerechnet!

MiniaturIch wandle durch die Hallen, versuche, die Brauereien abzuklappern, die mir gestern entgangen sind. Stelle fest, dass das gar nicht möglich ist. Selbst wenn ich von jeder Brauerei nur ein Bier verkosten würde, reichen zwei Festivaltage nicht aus, denn es sind nicht nur die zwei Dutzend Brauereistände, sondern an einigen der Stände gibt es auch Bier von mehreren Produzenten.

Also wieder nur eine kleine Auswahl.

Die Brauerei Hopium ist dabei, mit einem leckeren IPA, mit Monroe-Hopfen und Morellen gebraut.

BroKreacja aus Krakau mit einer Imperial Gose, kräftig gehopft, kräftig salzig (mit rosafarbenem Himalaya-Salz, wie der Brauer stolz erklärt), kräftig sauer.

Die Pracownia Piwa, eine der besten Brauereien in Polen überhaupt, mit Big Chmielowski, einem kräftig gehopften, gleichwohl herrlich trinkbarem Pale Ale.

Und schließlich die Browar Profesja, gerade erst am Markt angetreten. Ein Wild American IPA, mit einer Brettanomyces-Hefe gebraut. Schaut im Glas trübe, fast schon schlammig aus, schmeckt aber hervorragend.

Erneut könnte ich stundenlang von Stand zu Stand wandern, verkosten, Schwätzchen mit den Brauern halten, wieder verkosten… Doch der Tag geht zuende.

Es hätten etwas mehr Gäste sein können, aber abgesehen davon bot die Beer Week 02 einen soliden Überblick über die Craft-Bier-Szene in Polen, bewies eine professionelle Organisation und vor allem! es gab zahlreiche wunderbare Biere zu verkosten.

Bilder und Impressionen

Krakowski Przegląd Piw RzemiesłniczychFestival Beer Week 0225. bis 27. September 2015

Augustiner-Bräu Wagner KG

Krakau im Regen. Grauer Himmel, in den Pfützen an der Hauptstraße entlang der Weichsel schillern Benzintropfen in allen Farben des Regenbogens. Nach einem langen, heißen Sommer das erste trübe und verregnete Wochenende. Was für ein Glück, dass das Bierfestival Beer Week 02 in der Halle stattfindet, und zwar Club Fabryka, in einer alten, aufgelassenen Fabrik. Zum letzten Mal allerdings werden diese Mauern ein solches Festival beherbergen, denn schon am 1. Oktober sollen die Bagger anrollen und bis auf einen denkmalgeschützten Kernbereich und die Fassade alles abtragen. Wohnungen, Appartements in bester Lage, nur wenige Schritte von der Weichsel entfernt, sollen hier entstehen.

Abner vorher noch einmal das Bierfestival. Die Krakauer Schau der handwerklichen Biere Krakowski PrzeglÄ…d Piw RzemiesÅ‚niczych. Rund zwei Dutzend Kleinbrauereien und Wanderbrauer haben in den Hallen ihre Stände aufgebaut teils individuell, teils im Verbund mit anderen, und mindestens 100 verschiedene Biere gibt es hier zu verkosten, viele davon extra für dieses Festival eingebraut.

Am frühen Nachmittag herrscht noch gähnende Leere in den Hallen, und der Street-Food-Court ist zwar mit Planen ein wenig vor dem direkten Regen geschützt, gleichwohl ist aber alles feucht, alles matschig. Eine auf den ersten Blick frustrierende Atmosphäre. Doch wir sind nicht in Deutschland, sondern in Polen. Frust? Nein. Trotziger Optimismus, stolze Fröhlichkeit allerorten. Laut lachend laufen die jungen Damen auf High Heels durch den Schlamm. Drinnen in den leeren Hallen heißt es: Wenig Gäste? Ach, dann bleibt wenigstens Zeit für Gespräche mit den Brauern! Und wartet mal ab, die Halle füllt sich noch!

Nach einem ersten Aufwärmbier, einer Berliner Weisse mit Aronia, gehe ich zunächst in den kleinen Vortragssaal und höre mir einen Vortrag von MichaÅ‚ „Docent“ Miranda über die noch kurze Geschichte der polnischen Craft-Bier-Bewegung an. Eine Stunde lang nimmt uns MichaÅ‚ mit auf eine Reise durch die letzten fünfzehn Jahre. Schwierige Anfänge, Fehlinvestitionen, wunderliche Ansätze, und schließlich, erst in den letzten vier Jahren, seit Sommer 2011, die Explosion. Jeden Tag ein neues Bier, jede Woche eine neue Brauerei oder ein neuer Wanderbrauer. Auch die engagiertesten Bierliebhaber und Blogger können nicht Schritt halten, nicht alles persönlich in Augenschein nehmen und dokumentieren. Ein guter Vortrag, der gerne ein paar mehr Gäste verdient gehabt hätte.

MiniaturZurück in die Hallen, die sich in der Zwischenzeit doch langsam beginnen, zu füllen. In der Festivalbar gibt es die Gläser mit dem Logo der Veranstaltung zu kaufen, und direkt daneben…

Ein Frisör!

Hipster-Bärte und Schöpfe werden zurecht gestutzt wer in der Szene etwas gelten möchte, muss auf der Höhe der Zeit sein, auch mit seinem Haarschnitt. Eine goldene Idee die Warteschlange ist lang!

Daneben, strategisch günstig positioniert, die Brauerei Reden. Łukasz Łazinka, der Brauer, steht an der Theke. Vor zwei Jahren noch Hausbrauer, jetzt schon mit der Brauerei expandiert und aus Platzgründen umgezogen. Eine schlesische Erfolgsgeschichte. Keine zu exotischen Experimente, sondern handwerklich solide und leckere Biere. Pils, Weizen, Dunkelweizen und ein IPA, das mit Zitronenlimette gestopft und aromatisiert ist. Sehr harmonisch.

Weiter geht es an den Stand der Krakauer Bierkneipe Strefa Piwa heute vorrangig mit Bieren der Brauerei Podgórz bestückt. Und der Brauer, Łukasz Jajecznica, ist auch da. Ein paar ganz ausgezeichnete Biere hat er mitgebracht, nicht umsonst war er Handwerksbrauer des Jahres 2014. Ein Barleywine der ganz besonderen Art, wunderbar malzig und rund, ein seltenes Fünf-Sterne-Bier: Burgundowy Łowca. Aber die Jungs vom Strefa Piwa haben sich noch etwas Besonderes ausgedacht: Das sowieso schon gute und fruchtige IPA Space Sheep von Łukasz zapfen sie durch einen sogenannten Randall, eine Patrone, die mit allen möglichen Zutaten gefüllt werden kann. Das Bier strömt beim Zapfen durch diese Patrone und nimmt frische Aromen auf. Heute war der Randall randvoll mit Limette, Granatapfel, Grapefruit, Mango und Orange. Und das Bier? Fruchtig, süß, hopfig-herb, spannend!

Am Stand der Brauerei Ursa Maior: Auch hier die Brauerin persönlich anwesend. Agnieszka Łopata. Vier Biere vom Fass, dazu noch ein paar aus der Flasche. Der Pantokrator, ein Belgisches IPA, gebraut mit einer Trappisten-Hefe. Eine Offenbarung. Wunderbare und komplexe Aromen, wie man sie von den guten belgischen Klosterbieren kennt, gepaart mit würzigen, harzigen Hopfenaromen, sagenhaft! Schon das zweite Fünf-Sterne-Bier heute. Bei solch einer Bierqualität kein Wunder, dass Agnieszka sich mit dem Gedanken trägt, ihre sowieso schon recht große Handwerksbrauerei in Uherce Mineralne zu erweitern. Ich gönne ihr den Erfolg von Herzen.

Tomasz Rogaczewski taucht auf Eigner der Brauerei Pracownia Piwa im Norden Krakaus. Auch er vom eigenen Erfolg überwältigt. Gerade erst hat er einen großen Anbau mit einem neuen Sudwerk fertiggestellt, und schon wieder kann sein Angebot mit der Nachfrage nicht mithalten. Noch mal anbauen? Noch mal vergrößern, nach nur einem halben Jahr? Das Grundstück bietet genug Platz, orakelt Tomasz vieldeutig, ohne sich festzulegen…

Letzte Station für heute: Die Brauerei Twigg. David Twigg und Paulina Golec stehen hinter der Theke, kämpfen für einen Moment mit einem von einer Hopfendolde verstopften Zapfhahn. Frisch gestopfte Biere haben gelegentlich in der Handhabung ihren Preis. Aber rasch ist die Leitung wieder frei. Auch hier gilt: Die Brauerei läuft prima. David und Paulina strahlen, als sie davon berichten. Ich probiere das Infra Red Rye Porter, ein festes, sämiges und nahrhaftes Bier, und das SÅ‚oneczne, ein fruchtig frisches, mit Hopfendolden gestopftes und die Zapfhähne gefährdendes IPA. Lecker. Mehr davon!

Aber nicht mehr heute. Die Hallen sind rappelvoll, es brummt wie in einem Bienenstock, die Luft ist zum Schneiden dick. Irgendwann muss man aber Schluss machen. Ein paar kurze Impressionen noch im Vorübergehen, und schließlich hat mich der Krakauer Regen wieder. Randvoll mit neuen Eindrücken und einmal wieder begeistert von der Innovationsfreude und dem nach vorne drängenden Optimismus der polnischen Craft-Bier-Szene schlendere ich gemütlich zum Hotel. Morgen noch einmal? Mal sehen. Vielleicht.

Bilder und Impressionen

Dieter Sanchez

Der Name ist schon ein Hingucker… Dieter Sanchez ist mit Sicherheit eines der interessantesten kulinarischen Neuzugänge in Hamburg in den letzten Jahren. Die Speisekarte ist klar in Richtung fleischlastigem amerikanischen Essen ausgelegt, inkl. so hipper ländlicher U.S. Mampf-Küche, wie (Philly) Cheesesteak und Sandwiches mit Pulled Pork. Neu ist vorallendingen auch die Lage. Nicht in Ottensen oder im Schanzenviertel, sondern im eher unspektakulären Langenhorn, wenn man so möchte also im Sanchezviertel. Urban ist die Straßenlage: mit Blick auf die wohl wuseligste Hamburger Ausfallstraße, die Langenhorner Chaussee. Die Einrichtung ist recht bunt zusammengestellt, die Bedienung alternativ und die Musik sphärisch. Wenn man nicht gerade mit einem Partner kommt und als Vorspeise eine Partie „Vier gewinnt“ spielt, ist das durchaus ein Ort, um gepflegt ‚runterzukommen.

Dies ist ganz klar auch ein Ort, wo sich trendige Biere gut ansiedeln lassen. Neben den Hamburger Klassikern, wie Astra und den neuen Must-haves, wie Augustiner Helles, werden hier Biere der neuen Hamburger Brauszene, wie Kreativbrauerei Kehrwieder oder Buddelship angeboten.

Nürnberger Weizenbierglasmuseum & HausbrauereiNürnbergDEU

In gerade einmal zehn Minuten bringt mich die S-Bahn vom Nürnberger Hauptbahnhof in den Osten der Stadt, in das Wohngebiet Laufamholz. Und am Bahnsteig steht er schon, der Weltrekordhalter, Hausbrauer, Guinness-Buch-Eintrag-Besitzer und Bierglassammler Walter Geißler, und gemeinsam laufen wir vom Bahnhof ins Wohngebiet.

Hier, im Keller eines schönen und unauffälligen Einfamilienhauses, verbirgt sich das Nürnberger Weizenbierglasmuseum, eine weltweit einzigartige Sammlung von Weißbiergläsern. Über 5500 Stück hat Walter im Laufe der Jahre zusammengetragen, und täglich kommen noch neue dazu. 1986 hat er dafür einen Eintrag in das Guinness Buch der Rekorde bekommen, und zahlreiche Zeitungsartikel und Einträge in Reiseführern und Prospekten zeugen von der Einmaligkeit dieses Museums.

All das wusste ich schon vorher, aber als wir die Kellertreppe hinunterstiefeln und Walter das Licht anschaltet, fällt mir die Kinnlade trotzdem runter. Der Kellerflur ist über und über mit wunderschönen Emailleschildern behängt klassische Bierwerbung vom Feinsten. Daneben ein großes Regal mit Weißbiergläsern aus aller Welt, aus allen fünf Kontinenten. „Nein, nicht Weißbiergläser,“ korrigiert mich Walter lachend, „Weizenbiergläser!“ Und richtig, es sind mehr als nur Gläser für klassisches Weißbier, auch Gläser für Witbier, für Grodziskie / Grätzer und andere Bierstile finden hier ihren gebührenden Platz. Alle Gläser für Biere, die mit Weizen gebraut werden.

Aber nun geht es in das eigentliche Museum, denn eigentlich stehen wir ja bisher nur im Korridor herum. Die Tür öffnet sich und gibt den Blick frei auf die, na, sagen wir mal, Museumswerkstatt. Hier stehen ein paar Kartons mit noch nicht erfassten und katalogisierten Gläsern und Krügen; Prospekte, Zeitschriften und Bücher liegen herum. Und rund um den großen Tisch herum stehen Wandregale mit grünen und braunen Glasflaschen. Uralte Bierflaschen, mit Bügelverschluss und dem Namen der Brauerei als Relief im Glas. Relikte aus lang vergangenen Zeiten, von Brauereien, die keine eigenen Gläser hatten, oder bei denen die Flasche eine ganz besondere Bedeutung hatte. LEDs hinter den Flaschen illuminieren sie von hinten und beeindrucken!

Rechts dann der große Ausstellungsraum. Dicht an dicht stehen die hellen Holzregale, und nach Bundesländern sortiert drängen sich die Weizenbiergläser. Riesige Humpen, winzige Gläschen. Bunt bedruckte Gläser, schlicht gravierte, mit Glasrelief, mit oder ohne Deckel, mit oder ohne Henkel.

MiniaturIch habe keine Chance, alle Gläser im Einzelnen zu betrachten, ich schaue mal hierhin und mal dorthin, und gemeinsam gehen Walter und ich auf eine gedankliche Reise durch Raum und Zeit. Jahrzehnte zurück in die Vergangenheit, betrachten Gläser von Brauereien, die heute niemand mehr kennt, oder sind fasziniert, wie sich das Glasdekor ein und derselben Brauerei im Laufe eines Jahrhunderts gewandelt hat.

Stunden könnten wir hier unten verbringen, Glas um Glas betrachten. Zu jedem einzelnen Stück, zu jeder Brauerei weiß Walter eine Geschichte zu erzählen, oft eine kurze, meistens aber eine lange.

Das Telefon klingelt. Walters Ehefrau. Oben auf der Terrasse warte die Brotzeit. Die Wurst würde langsam grau, das Brot hart, und das Bier sei schon lange warm…

Lachend besichtigen wir schnell noch Walters kleine, selbst konstruierte Brauerei. Etwa 70 l Weizenbier entstehen hier pro Sud, und die Palette geht vom einfachen Weizen über Weizenbock und -doppelbock bis hin zu Experimentalbieren.

Ein letzter Blick noch in den Bierkühlschrank, oder vielmehr ein schneller Griff. Ein paar kühle Flaschen nehmen wir mit nach oben, und noch lange sitzen wir bei Bier und Brotzeit, diskutieren die Brauereiszene Deutschlands und der Welt.

Das Nürnberger Weizenbierglasmuseum ist eine Privatsammlung und hat daher nur nach Absprache geöffnet (weizenglasmuseum.nbg@gmx.de oder +49 172 8227 525). Zu erreichen ist es mit der S-Bahn-Linie 1, Bahnhof Laufamholz, und dann fünf Minuten zu Fuß. Logischerweise kann man auch mit Auto oder Fahrrad bequem anreisen. Der Eintritt ist frei, aber natürlich freut sich Walter Geißler über mitgebrachte Weizenbiergläser oder ein besonderes Bier als Aufmerksamkeit und Dank.

Bilder

Nürnberger Weizenbierglasmuseum & Hausbrauerei
Schupfer Straße 39
90 482 Nürnberg
Bayern
Deutschland