Beaver Brewing CompanyWienAUT

Es herrscht ein gewaltiger Lärmpegel. Der Schankraum der Beaver Brewing Company ist brechend voll, es läuft laute Rockmusik und die Gäste versuchen, sich trotzdem zu unterhalten, schreien im verzweifelten Versuch, die Musik zu übertönen, aufeinander ein. Es ist das, was die jüngere Generation Atmosphäre nennt.

Nicht, dass ich etwas gegen gute Rockmusik hätte, ganz im Gegenteil ich liebe sie. Hardrock und Metal könnte ich den ganzen Tag hören. Und auch gute Gespräche sind wichtig. Aber nicht gleichzeitig. Zum Scheitern verurteilt.

Miniatur (2)Heiser brülle ich die mir gegenüber sitzenden Mitreisenden an: „Was haltet Ihr davon, wenn wir jetzt mal rübergehen und uns das Sudwerk ein wenig näher anschauen? Deswegen sind wir doch hier!“

Keiner schaut von seinem Smartphone auf. Tiefenentspannt wird auf dem Display herumgewischt und ‑getappt. Lediglich unser mitreisender Ingenieur, Herr F., schaut aus dem Augenwinkel kurz zu mir rüber, lässt sich aber nicht ablenken. „Hier, die Braukessel. Die sehen nicht sehr groß aus!“, brüllt er und lässt mich kurz auf den Bildschirm seines Telefons schauen.

„Natürlich nicht. Auf dem Telefon sind die nicht größer. Aber da, vorne im Nachbarraum, da stehen sie im Original!“ Ach, es ist vergeblich. Scheinbar bin ich der einzige alte Sack in unserer Gruppe, der erstens einen rauen Hals bekommt beim vergeblichen Versuch, die Musik zu übertönen, und zweitens die Braukessel gerne im Original sehen würde und nicht nur auf dem Smartphone.

Miniatur (1)Resigniert stehe ich auf, schiebe mich an der Theke mit den zehn Zapfhähnen vorbei und zwänge mich durch die Menschenmassen in den Nachbarraum. Endlich stehe ich vor ihr, vor der Brauerei.

Nun ja, was soll ich sagen. Der Herr Ingenieur hatte wohl recht. Groß sind die Braukessel wirklich nicht. Im Gegenteil, für so einen großen Laden mit dermaßen viel Andrang sind sie sogar recht klein. Winzig gar. Ich fange an zu überlegen, wie oft man hier wohl brauen muss, um die Nachfrage zu bewältigen, und komme zum Schluss, dass hier wohl an fast jedem Werktag eingemaischt wird.

Lange komme ich nicht zum Rechnen und Überlegen. Von links werde ich geschoben, von rechts geschubst, und von hinten wird der Druck der Menge auch immer stärker. Bevor ich jetzt noch über die kleine Absperrung stolpere und mich unter dem Läuterbottich wiederfinde, dränge ich mich langsam wieder zurück an unseren reservierten Tisch.

„Du hast Recht gehabt, groß sind die Braukessel wirklich nicht“, schreie ich mein Gegenüber an, ernte aber nur ein Achselzucken. Ob er irgendetwas verstanden hat? Immerhin, er legt sein Telefon aus der Hand und greift sich stattdessen das Bierglas. „Prost!“, lese ich von seinen Lippen ab. „Das ist wohl eine Szenekneipe hier!“

Ach! Hat er das jetzt im Internet gelesen oder doch von selbst gemerkt, dass hier viel los ist?

Ich leere mein Glas. Sunday Morning, ein sehr leckeres und fruchtiges Golden Ale war das, ein gelungenes Bier. Ich spüre eine kräftige Hand auf meiner Schulter. Die nette, aber gruselig gepiercte Bedienung steht neben mir. Irgendwo hat sie wohl mal gelesen, dass Gäste, insbesondere Männer, mehr Trinkgeld geben, wenn man sie während des Bestellens oder Zahlens leicht berührt. Mit ihrem festen Griff scheint sie es auf mehr als die üblichen zehn Prozent abgesehen zu haben, denke ich. Oder ist es nur die laute Musik? Statt sich heiser zu brüllen, setzt sie wahrscheinlich auf taktile Kommunikationsformen. Einmal drücken: „Was möchtest Du trinken?“ Zweimal drücken: „Hier ist Dein Bier.“ Fünfmal drücken, dann kräftig zuschlagen: „Wach‘ auf und geh‘ raus, wir schließen jetzt.“

Ich bevorzuge visuelle Kommunikation, deute mit meinem Finger auf die Getränkekarte, fahre von oben nach unten langsam die Positionen ab, hebe einen Finger, deute dann mit Daumen und Zeigefinger eine kleine Portion an. Sie hat verstanden, und bringt mir fortan nach und nach von jeder Sorte ein kleines Glas.

Das Beaver Blue Ribbon, ein Zwickl, schmeckt leider ein wenig dumpf, aber die anderen Biere sind samt und sonders sehr lecker. Das Wandering Aengus, ein Black IPA, schmeckt knackig hopfig und röstig gleichzeitig; das Old Dog Porter ebenfalls röstig, aber süßlicher, vollmundiger. Das Sgt. Peppers, ein belgisches Saison, überzeugt mit seinen ausdrucksvollen, charakterstarken Hefenoten, rau und ungestüm. Je öfter ich ihn trinke, desto mehr liebe ich diesen Bierstil! Und zum Abschluss ein Russian Imperial Stout mit dem Namen The Princess Bride. Ein mächtiges Bier, das mit einem gewaltigen Malzkörper und genauso gewaltiger alkoholischer Wärme auftrumpft. Leckere Biere. Wer immer hier braut der Mensch kann was! Das Gastbier, der Affenkönig von der Brauerei Brew Age, fällt demgegenüber etwas ab. Nicht, dass es ein schlechtes Bier wäre, nein, aber im direkten Vergleich zu den hauseigenen Produkten hat es heute einen schweren Stand, vermag sich nicht zu positionieren.

Das Essen dazu ist herzhaft. Burger oder Salate mit dicken Speckstreifen, beispielsweise. Nett dekoriert, schmeckt gut, allerdings könnten die Portionen etwas größer sein.

Heiser und mit klingelnden Ohren stehe ich später wieder an der Straßenbahnhaltestelle. Eine schöne Kneipe, prima Stimmung, jederzeit wieder. Aber um die Biere systematisch zu probieren oder sie gar mit den anderen zu besprechen, dazu war es wohl die falsche Tageszeit. Wahrscheinlich geht es mittags oder nachmittags ruhiger zu, und dann kann man auch mal über die Hopfennase diskutieren oder über die verwendeten Hefesorten mutmaßen. Genüßlich degustieren also. Abends kann man nur feiern. Aber was heißt nur? Immerhin!

Die Beaver Brewing Company ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; die Küche hat von 15:00 bis 18:00 Uhr Pause, Bier gibt’s immer. Bis zur Straßenbahnhaltestelle Alserbachstraße sind es drei Minuten zu Fuß.

Bilder

Beaver Brewing Company
Liechtensteinstraße 69
1090 Wien
Österreich

Brauerei GegenbauerWienAUT

„Ich möchte mit Ihnen streiten, meine Damen und Herren!“ Erwin Gegenbauer schaut uns streng in die Augen. Wir, rund ein Dutzend Bierliebhaber aus ganz Deutschland, sitzen rund um den Tisch aus groben Holzbohlen und schauen ein wenig irritiert, aber gespannt zurück. „Streiten möchte ich mich Ihnen!“, fährt Gegenbauer fort, „Wir alle sitzen doch nur noch vor unseren Tablets und Smartphones, wir unterhalten uns nicht mehr, und wir streiten uns nicht mehr! Wir essen und trinken nur noch nebenbei, achten nicht mehr auf das, was wir zu uns nehmen, schieben alles nur noch gedankenlos in uns hinein. Und daher möchte ich mit Ihnen streiten. Nicht über Politik oder Sport, sondern über unser Essen, unseren Geschmack, unsere Lebensmittel.“

Zugegeben, ein leicht provozierender Auftakt zu unserer Betriebsbesichtigung der Firma Gegenbauer, die als Essigbrauerei bekannt und berühmt ist, seit zwei Jahren aber auch Bier braut.

1929 als Sauerkraut- und Essiggurkenfabrik von Ignaz Gegenbauer gegründet, wuchs die Firma Gegenbauer später als Konservenfabrik mit Schwerpunkt auf sauer eingelegten Gemüsen weiter. Als Erwin Gegenbauer die Firma 1992 übernahm, hatte sie rund 620 Mitarbeiter und Produktionsstätten nicht nur vor Ort im Wiener Stadtteil Favoriten, sondern auch in Deutschland und in Tschechien.

MiniaturErwin Gegenbauer wurde die fabrikmäßige, höchst kommerzialisierte Lebensmittelherstellung jedoch zuwider, und er konzentrierte sich lieber auf qualitativ hochwertige, gerne auch etwas teurere, dafür aber einzigartige Produkte. Essig steht im Mittelpunkt, und in den rund 25 Jahren seines Wirkens hat Gegenbauer es geschafft, zu einem wahren Meister der Essigproduktion zu werden. Die langgestreckten Gewölbe der Kellerräume unter seinem Betrieb stehen voll mit hunderten von Glasballons und Fässern, in denen die exotischsten Essigsorten reifen. Geheimnisvoll in verschiedenen Farben schimmernd, mit dicken Bakterien- und Pilzkulturen überzogen, leicht säuerlich duftend stehen sie aufgereiht, und wir wandern durch die schier endlosen Gänge.

Mit einer Pipette hebt Erwin Geigenbauer hier und da mal einen Tropfen eines ganz besonderen Essigs aus der Flasche, träufelt ihn uns unter die Zunge und lässt uns die wunderlichsten sauren Kreationen verkosten. Von zart und weich bis pfeffrig scharf, fruchtig oder gemüseartig, süßlich oder kräftig herzvoll die Palette der Geschmacksrichtungen ist schier unendlich.

Mit jedem Tropfen des verkosteten Essigs werden wir neugieriger  neugieriger auf das hier gebraute Bier.

Inmitten der Essigballons und Holzfässer finden sich nämlich auch ganz normale KEGs, hinter großen Bottichen für den jungen Essig stehen Gär- und Lagertanks und direkt neben dem vor sich hin brummenden Fermenter mit den Essigbakterien steht die Brauerei. Eine einfache, aber zweckmäßige Konstruktion eines chinesischen Herstellers, und mit Sicherheit eine hygienische Herausforderung für die Brauerin Angela, die sich als gelernte Chemikerin den Brauprozess im Selbststudium erarbeitet und sich das notwendige Prozesswissen selbst angeeignet hat.

Extrem sorgfältige Hygienemaßnahmen und ein geschlossener Produktionsprozess sind das Geheimnis, erzählt sie, dann bestünde auch keine Gefahr der Kontamination des Biers mit Essigbakterien. Jeder einzelne Schritt würde sorgfältig überwacht, und als Chemikerin habe sie schon ein Gespür dafür, wie man sorgfältig und eigentlich fast durchgängig unter Verschluss arbeitet. Selbst die verschiedenen Hefestämme für das eigene Bier kultiviert sie selber, verwendet die Hefe immer wieder neu, züchtet sie selber weiter.

„Ich muss immer in Kreisläufen denken“, erläutert Erwin Gegenbauer. „Alle Rohstoffe, die ich einsetze, alle Abfälle, die anfallen, möchte ich im Kreislauf immer wieder neu einsetzen; nichts darf verschwendet werden. So, wie die Treber oder anfallendes Fruchtfleisch an anderer Stelle wieder eine sinnvolle Verwendung finden, so soll auch die angefallene Hefe im Kreis geführt werden, und so wird sich durch die Anpassung an den Produktionsprozess irgendwann auch ein ganz eigener ‚Gegenbauer-Hefestamm‘ entwickeln.“

Nach so vielen Erläuterungen ist es nun aber wirklich an der Zeit, an den großen Tisch im Verkaufsraum zurückzukehren und Angelas Biere zu probieren.

Den Auftakt macht Unsa Bier, ein fruchtiges, mildes Bier im belgischen Stil, rund und gefällig. Die Verkosterrunde ist zufrieden. Erwin Gegenbauer serviert dazu frisch gebackenes Brot, ein paar selbst gesäuerte Gurken völlig anders schmeckend als die Konserven aus dem Supermarkt, natürlich und selbstgemachte Wurst eines befreundeten Metzgers aus Ligurien. Alles vom Feinsten.

Das zweite Bier, das Wiener Bier, ist mit Einkorn und Emmer gebraut und wenn ich es richtig interpretiere mit einem etwas ungestümen, rauen Hefestamm vergoren. Ein erfrischendes, aber auch forderndes Bier mit Ecken und Kanten, an ein Saison-Bier erinnernd. Sehr sympathisch!

Und schließlich das dritte, ein ganz besonderes Bier. Edelsaures nennt es sich, und so schmeckt es auch. Ein stark eingebrautes Bier aus den schon genannten Urgetreidesorten Emmer und Einkorn wurde in einem Balsamico-Fass gelagert und anschließend in mit weißem Papier blickdicht eingehüllte Flaschen gefüllt. Das Bier schäumt überhaupt nicht, hat kaum noch Kohlensäure, dafür aber eine intensiv säuerliche Nase mit feinen Holzaromen. Auf der Zunge ist es deutlich sauer, aber durch eine solide Restsüße und viele fruchtige Aromen dennoch ausgewogen und gut trinkbar. Im Abgang verschwindet die Säure langsam, macht Platz für malzige und holzige, nur ganz leicht adstringierende Empfindungen. Ein spannendes und beeindruckendes Bier. Leider auch sehr teuer, 18,00 EUR für eine Drittelliterflasche sind schon eine Ansage.

Erwin Gegenbauer könnte vermutlich noch stundenlang weitererzählen. Er ist zwar ein von sich selbst uneingeschränkt überzeugter Selbstdarsteller, aber auch sehr unterhaltsam. Und so berichtet er von seinen Experimenten mit verschiedenen Ölen. Beispielsweise presst er Öl sogar aus den winzigen Kernen von Himbeeren ein sehr spannendes Geschmackserlebnis, wenn der winzige Öltropfen auf der Zunge zunächst nussige Aromen am Gaumen erzeugt und diese dann langsam, ganz langsam einem hauchzarten Himbeeraroma Platz machen. Oder von seinen Erfahrungen mit dem gewaltigen, sechs Meter hohen Holzfermenter, in dem er auf Buchenspänen seinen Essig reifen lässt. Oder von den Balsamico-Fässern, die er auf dem Dach des Hauses stehen lässt. Bei Wind und Wetter. Und wenn im Sommer ein wenig Balsamico durch die Eichendauben schwitzt, ernähren sich seine Bienenvölker davon, und so produziert er einen weltweit einzigartigen Balsamico-Honig. Oder von…

Aber halt, irgendwann muss Schluss sein. Erwin Gegenbauer hat keine Zeit mehr, wir auch nicht. Wir nutzen die Gelegenheit, noch ein paar Leckereien in seinem Shop zu kaufen und verabschieden uns, ziehen weiter durch die Stadt. Nur eine feine säuerliche Note im Gaumen, die bleibt uns noch eine Weile erhalten, erinnert an den Besuch in einer der wohl eigenartigsten, skurrilen Brauereien des Landes.

Der Shop der Brauerei Gegenbauer im Hauptbetrieb in der Waldgasse, dort wo auch die Brauerei steht, ist montags bis donnerstags von 08:00 bis 17:00 Uhr geöffnet; freitags nur bis 12:00 Uhr. Zu erreichen ist die Brauerei mit der U-Bahn, Haltestelle Keplerplatz oder Reumannplatz, von dort etwa 400 m Fußweg. Die Gegenbauer-Produkte sind auch auf dem Naschmarkt am eigenen Stand (Nr. 110) erhältlich, dort geöffnet montags bis sonnabends von 09:00 bis 18:00 Uhr.

Bilder

Brauerei Gegenbauer
Waldgasse 3
1100 Wien
Österreich

Wieden Bräu Gastronomie mit Pfiff BetriebsgmbHWienAUT

Das Wieden Bräu ist im Jahr 1991 gegründet worden, nennt sich selbst „Altwiener Braugasthaus“ und hat sich auf die Fahne geschrieben, Biere gegen den herrschenden normierenden Einheitsgeschmack zu brauen. Während dies mittlerweile, das heißt im 21. Jahrhundert, meist so interpretiert wird, dass man nur eine gewaltige Menge einer möglichst ungewöhnlichen Hopfensorte mit verbrauen müsse, sieht man das im Wieden Bräu etwas anders. Hier sind die Biere eher malzbetont und leicht, und das Ungewöhnliche sind denn auch die verwendeten Malzsorten: Dinkel, Roggen und ähnliches. Dazu Experimente mit würzenden Zutaten wie Hanf oder Ingwer.

MiniaturUnser Besuch im Wieden Bräu am 1. März 2008 litt darunter, dass er eigentlich nicht geplant war und wir aus Zeitgründen daher nur einen Blitzstopp einlegen konnten. Schnell hinein, von jeder der fünf Biersorten ein kleines Gläschen gezischt, und weiter.

Gerade lang genug, um zu sehen, dass das Wieden Bräu früher eine normale Gastwirtschaft gewesen sein muss, in die jetzt eine kleine Salm-Anlage eingebaut worden war, die zwar hübsch anzusehen ist, aber doch ein wenig wie ein Fremdkörper in dieser eher historisch-bürgerlichen Umgebung wirkt.

Trotzdem schön und die Bedienung zeigte auch keine Unzufriedenheit, dass wir aufgrund der „Happy Hour“ und der kleinen Gläser zwar viel Spül, aber nur ganz wenig Umsatz produziert hatten.

Grund genug, irgendwann einmal wieder vorbei zu schauen!

Nachtrag 19. März 2009: Und das haben wir ein Jahr später, am 19. März 2009, auch gemacht allerdings erneut unter Zeitdruck. Wir eilten zwar noch durch die Stadt, aber kamen zu spät zur Brauereibesichtigung, die der junge Brauer, Herr Czirnich, durchgeführt hatte. Schade!

Aber noch nicht zu spät, um eine leckere Kleinigkeit (jedenfalls hatte die junge Dame, die uns bediente, die riesigen Portionen als „Kleinigkeit“ bezeichnet…) zu essen und die fünf angebotenen Bierspezialitäten zu verkosten: Märzen, Osterbier, Hell, Alt und Dunkel. Wenn auch das Alt viel zu hell und damit nicht ganz stilecht war, waren doch alle fünf Biere lecker und interessant.

Also erneut reduziertes Programm aber vielleicht ergibt es sich doch noch einmal, dass ich hier ein wenig mehr Zeit verbringen kann. Verdient hätte es das Wieden Bräu allemal!

Nachtrag 25. Februar 2016: Aller guten Dinge sind drei. Sieben Jahre sind vergangen, bis wir endlich erneut hier einkehren konnten. Und … erneut am frühen Nachmittag, erneut unter Zeitdruck. Nur schnell ein kleines Bierchen im Vorübergehen… Liegt es an der Lage des Wieden Bräu, oder an unseren merkwürdigen Planungen, aber für eine gemütlichere, längere Einkehr scheint es nie zu reichen…

Und so genossen wir heute lediglich eine kräftige Valentinus Weisse, 15,8° Stammwürze, 6,6% Alkohol. Kräftig und kernig.

Das Sudwerk von Salm steht unverändert, wo es steht, Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen hat es seit unserem letzten Besuch wohl keine gegeben. Unverändert freundliche und schnelle Bedienungen, und wie wir an den Nachbartischen sehen konnten unverändert große Essensportionen.

Das Wieden Bräu ist täglich von 11:30 Uhr an durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Lediglich im Hochsommer, im Juli und August, öffnet man sonnabends und sonntags erst um 16:00 Uhr. Von der U-Bahn-Station Taubstummengasse ist es etwa 150 m entfernt; mithin problemlos zu erreichen.

Bilder

Wieden Bräu Gastronomie mit Pfiff BetriebsgmbH
Waaggasse 5
1040 Wien
Österreich

1516 The Brewing CompanyWienAUT

Vagabund Brauerei GmbH, Berlin, DEU

Schlag elf Uhr stehen wir vor dem Eingang der 1516 The Brewing Company. Ruhig ist es. Noch… Wir drücken die Tür zum Schankraum auf, wir sind die ersten Gäste. Fast auf den Tag genau acht Jahre ist es her, dass wie hier das letzte Mal eingekehrt waren, ein Besuch mit sehr gemischten Gefühlen. Tolle Biere, ja, aber auch hohe Preise, eine etwas angespannte Atmosphäre unter den Gästen und ein wenig hilflose Bedienungen.

Und heute? Heute soll es anders werden. Nicht in allem, gewiss, denn dass die Biere unverändert toll sein sollten, versteht sich von selbst. Aber eine weniger gereizte Atmosphäre wäre schon nicht schlecht, und Bedienungen, die nicht nur hübsch aussehen, sondern auch ihr Handwerk verstehen, wären auch nicht zu verachten.

Wir gehen die steile Holztreppe hoch, an den psychedelisch bunten Wandmalereien vorbei, und setzen uns in den oberen Schankraum. Fast gleichzeitig erscheint Andreas Hartl, einer der beiden hier beschäftigten Brauer, ein alter Bekannter von unserer letzten Wienreise damals arbeitete er noch bei der Stadtbrauerei Schwarzenberg, nur zweihundert Meter weiter. Mittlerweile also hier, und er erzählt uns ein wenig von seiner Arbeit.

Zehn Hektoliter pro Sud entstünden hier, auf einem Sudwerk der Firma automationstechnik gmbh austria. Fast täglich müsse er hier mit seinem Kollegen brauen, insbesondere das Helle Lager würde in solchen Mengen getrunken, dass sie mit der Produktion fast nicht hinterher kämen. Er nimmt uns mit ins Erdgeschoss, zeigt uns das Sudwerk und erzählt davon, wie er immer mal wieder neue Rezepte ausprobiert, insbesondere mit neuen, spannenden Hopfensorten, oft auch auf Anregung durch Hobbybrauer, die hier vorbeikämen, ihre selbstgebrauten Biere mitbrächten und mit ihm fachsimpeln würden. Aber auch die Hefe, die er von der Hefebank in Weihenstephan bekäme, würde ihm besonders am Herzen liegen.

Er nimmt uns außen um das Gebäude herum mit, und durch ein mondänes Treppenhaus erreichen wir den kleinen und verwinkelten Gär- und Lagerkeller. Insgesamt sechzehn Tanks stehen hier, dazu für das Helle Lager und das Weißbier noch ein paar Ausschanktanks. Jeder Quadratmeter dieses eigentlich viel zu kleinen Kellers ist ausgenutzt mehr geht nicht.

Wir quetschen uns an den Tanks vorbei, werfen einen Blick in die große Kühltruhe mit den Hopfenvorräten und in die Kammer mit den Malzsäcken. Eine große Auswahl, insbesondere auch viel Rohfrucht Weizen- und Haferflocken, beispielsweise. Ich muss grinsen. Der Name 1516 The Brewing Company spielt auf das Jahr an, in dem das sogenannte bayerische Reinheitsgebot erlassen worden ist, nach dessen moderner Interpretation viele der hier gelagerten Zutaten gar nicht zulässig wären. Ein seltsamer Widerspruch. Aber der Name der Brauerei hat sich etabliert, hat einen guten Ruf. Und in Österreich gilt das Reinheitsgebot sowieso nicht, hier richtet man sich stattdessen nach dem Lebensmittelkodex.

MiniaturWir haben genug gesehen, haben Andy lange genug von der Arbeit abgehalten. Es geht zurück in den Oberen Schankraum jetzt wird verkostet. Den Auftakt macht das J’AM’s NZ Double Trouble [whole leaf], ein Imperial India Pale Ale, mit leckeren Fruchtnoten und einem gewaltigen Körper. Ein Hammer zum Auftakt. Das Slipper Pale Ale kann qualitativ zum Glück mithalten, wenn es auch deutlich weniger muskulös auftritt. Eine schöne Hopfennase, saubere Bittere, gut trinkbar. Das Rogg Bock mit kräftigem Raucharoma und einer kontrastierenden Karamellsüße provoziert ein wenig. Gebraut ist es mit Roggen und Hafer. Spannend! Das Bavarian Dunkles (100 % Dark Malt) V2 vermag mich nicht so sehr zu überzeugen zu dominant sind die Melanoidinnoten des Dunkelmalzes, bilden kein harmonisches Ganzes, sondern wirken eher ein wenig penetrant. Das Victory Hop Devil IPA macht diesen Eindruck aber mit Leichtigkeit wieder wett. Knackig hopfig, kerniger und weniger fruchtig als das Double Trouble schmeckt es ganz hervorragend. Zum Abschluss kommt das 1516 Lager, aber das hätten wir besser sein gelassen. Unangenehm grün und unausgegoren schmeckt es hätte gut und gerne noch zwei Wochen im Lagertank reifen dürfen. Aber wie Andy uns erzählt hatte: Als Brot- und Butterbier der Brauerei läuft es so schnell, dass für ein langes Lagern gar keine Zeit bleibt. Schade…

Trotzdem, insgesamt ein guter Eindruck.

Und auch die beiden jungen Damen, die uns heute bedienen, verstehen ihr Geschäft. Blitzschnell, aufmerksam, professionell das war gut. Das Essen war auch prima. Kleinigkeiten haben wir zwar nur genommen, das Hotelfrühstück war noch nicht lange her, aber sie waren lecker. Ärgerlich lediglich, dass man mit dem Brot zur Suppe geizt. Anstelle, wie wir es von der Gastronomie daheim gewohnt sind, einen Brotkorb hinzustellen, bekommen wir zwei winzige Scheibchen abgezählt, und beim Nachbestellen erneut zwei winzige Scheibchen. Peinlich, wenn eine Gastronomie am Brot geizen muss. Zumal angesichts des nur zur Mittagszeit fairen, sonst eher happigen Preisniveaus.

1516 The Brewing Company ist täglich ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Von der Straßenbahnhaltestelle Schwarzenbergplatz sind es nur drei, vier Minuten zu Fuß.

Bilder

1516 The Brewing Company
Schwarzenbergstraße 2
1010 Wien
Österreich

Der Vollständigkeit halber hier noch mein Bericht von meinem ersten Besuch am 29. Februar 2008:

Die 1516 The Brewing Company in Wien genießt unter Bierfreunden einen außerordentlich guten Ruf gibt es hier doch immer wieder neue Biere zu verkosten, die meisten sehr charakterstark eingebraut, und mittlerweile auch in 0,1-l-Probiergläsern zu einem gerade noch angemessenen Preis zu bekommen.

Die edelsten Hopfensorten werden hier in verschwenderischer Menge dem Bier zugesetzt, in den wechselnden Bieren mit dem Passus „Hop Devil“ im Namen sicherlich am bittersten, hervorragend aromatisch seinerzeit aber auch im Yankee Sticke.

Die Bedienungen sind durchweg jung, wechseln häufig, gelegentlich sind sie unerfahren, aber doch immer freundlich und bemüht. Eine wirklich nette Gasthausbrauerei, der es zuzurechnen ist, dass sie die Bierszene in Wien und Österreich schon zu bewegen und prägen begonnen hat, als es in den meisten anderen Bierlokalen neben österreichischem Märzen kaum etwas Anderes gab.

Die nette, noch junge und unerfahrene Bedienung, die wir am 29. Februar 2008 hier trafen, tat sich ein wenig schwer mit der Sprache, aber ihr Charme und der süße italienische Akzent ihres amerikanischen Englisch glichen das problemlos aus; das Bier schmeckte ausgezeichnet, und so gab es das Endergebnis und Siegerehrung: Ein kurzer und heftiger, aber bierqualitativ ausgezeichneter Brauereibesuch!

Und doch, es bleibt ein gewisser Nachgeschmack. Zum Einen ist der in Österreich um diese Gasthausbrauerei tobende Hype nicht wirklich nachvollziehbar die 1516 The Brewing Company ist zwar gut, aber definitiv nicht die einzige österreichische Gasthausbrauerei dieser Qualität. Und zum Anderen bemüht man sich überaus verkrampft um internationale Erscheinung. Speisekarte, Beschriftungen, Werbung, ja selbst die Homepage alles ist ausschließlich auf Englisch. Und auch, dass die Bedienung kaum deutsch spricht (angeblich sogar kein deutsch sprechen soll), gehört zu diesem eigenartigen Gebaren. Ich finde es zwar ganz nett (und ausländischen Touristen gegenüber sogar ausgesprochen fair!), dass hier allenthalben englisch gesprochen wird, aber diese einseitige Ausrichtung am Englischen, wie sie praktiziert wird, albern. In dieser Ausschließlichkeit empfinde ich das mitten in Wien nicht weltoffen oder weltmännisch, sondern einfach nur lächerlich.

Brauerei Winkler GmbH & CO. KGAmbergDEU

T.E.A. Time Brewpub, Kraków, POL

Wir stehen wieder auf der Straße, und etwas benommen atmen wir die kühle Luft des Abends ein. Benommen vom süßen und schweren Alt-Amberger Doppelbock. Süß wie die junge Kellnerin, die ihn uns serviert hat, schwer wie das massive Holzbrett, auf dem es die Brotzeit gab.

Ach, die Brotzeit… Und dazu der Doppelbock…

Der Abend war alles, aber bestimmt nicht gesund. Gut gelaunt sind wir nach einem Spaziergang durch Ambergs nette Altstadt in die Obere Nabburger Straße gelaufen und im Winkler BräuWirt eingekehrt, dem Brauereiausschank der Brauerei Winkler GmbH & CO. KG. Ein urgemütliches Wirtshaus im klassischen Stil.

MiniaturSchon im Eingangsbereich grüßt eine Kreidetafel und heißt uns handschriftlich herzlich willkommen. Wir betreten den Schankraum, einen klassischen, großen Raum, aber mit Raumteilern gemütlich hergerichtet. Recht schlichtes Mobiliar, aber nicht billig, sondern angenehm schnörkellos, fast schon eine leichte Eleganz ausstrahlend. Die Tischplatten aus abgeschliffenem Holz, keine Tischdecken, nur kleine Deckchen in der Mitte, auf denen die Getränkekarte und Salz- und Pfefferstreuer ihren Platz finden.

Wir machen es uns an einem zentral gelegenen Tischchen gemütlich, haben freien Blick auf die Theke, hinter der sich ein ansehnliches Gebirge von hellen Bierkrügen auftürmt. Die nette junge Bedienung bringt uns die Speisekarte, und als erstes fällt mir ins Auge, dass man hier eine Bierprobe bestellen kann 100 ml von jeder der drei Standard-Biersorten. Ungewöhnlich für eine alteingesessene Oberpfälzer Wirtschaft. Die Entscheidung steht schnell: Bitte zweimal diese Probe.

Wir machen große Augen, als die Bierprobe in edlen Verkostungsgläsern, TeKu-Bechern, serviert wird und wir dazu ein kleines Informationsblättchen erhalten, auf dem die drei Biersorten im Detail beschrieben sind und zu jeder eine kleine Geschichte erzählt wird. Das hätten wir so jetzt nicht gedacht. Auf geht’s also, wir verkosten:

Das Urhell ist ein süßliches, nur sehr schwach gehopftes Lager, schön süffig, nicht zu mastig, aber dennoch ob seiner Süße rasch sättigend. Läuft zunächst gut den Gaumen entlang, aber nach einem halben Liter, spätestens nach einem ganzen wäre es dann doch genug. Das Alt-Amberger Hefeweizen zeigt ebenfalls eine hohe Restsüße. Gepaart mit dem fruchtigen Aroma ein schönes Sommerbier, ein Bier für den großen, erfrischenden Schluck. Eher nicht für die Verkostung in homöopathischen Dosen gedacht. Und schließlich der Zoigl. Eine kräftige, dunkle Farbe, ein kerniger Geschmack. Nicht allzu hoch gespundet. Ein selbstbewusst auftretendes Bier mit Ecken und Kanten. Und gerade deshalb ganz ausgezeichnet. Sehr schön. Davon könnte man gerne mehr…

Halt, nein, denn da wäre ja noch der Doppelbock. Den gebe es aber im Steinkrug, nicht im Probierglas, meint die junge Dame, aber das würde sich lohnen. Der sei nämlich seeehr gut!

Wir lassen uns nicht lange bitte und bestellen zwei Steinkrüge. Und in der Tat. Süß und schwer, kräftig malzig, wuchtig ein tolles Bier. Die Malzsüße sehr präsent, aber nicht aufdringlich und klebrig. Der Körper spürbar, die Kraft deutlich, aber kein alkoholisch-spritiges Aroma. So, wie ein Doppelbock sein muss.

Wir bestellen eine Brotzeit dazu und werden gewarnt. Eine Portion würde bestimmt langen, sie würde einen zweiten Teller bringen, meint unsere junge Dame und behält recht. Ein gewaltiges Holzbrett mit Wurst, Käse, Schinken, Schmalz, Obatztem, Zwiebeln, Gurken, und dazu jede Menge leckeres Bauernbrot. Das reicht locker für zwei, stelle ich fest, sehe mich aber verstohlen um und sehe schon den einen oder anderen Gast, der diese Portion wohl auch alleine essen würde. Und es angesichts seines Leibesumfangs wohl auch regelmäßig tut. Ohne Konjunktiv…

Herrlich. Die Oberpfalz so, wie sie sein soll. Deftiges Essen, ein hervorragendes Doppelbock dazu Herz, was willst Du mehr.

Und so spannt der Hosenbund ein wenig, als wir wieder draußen auf der Straße stehen. Frische kühle Luft, die tut jetzt gut, und vielleicht noch ein paar Schritte durch die jetzt totenstille Altstadt, langsam zurück zum Hotel. Schön war’s.

Der Winkler BräuWirt in der Unteren Nabburger Straße 34, etwa hundert Meter von der Brauerei Winkler GmbH & CO. KG entfernt, ist täglich ab 11:00 Uhr geöffnet; montags nur abends; dienstags ist Ruhetag. Vom Bahnhof Amberg aus ist es ein Fußweg von etwa einer gemütlichen Viertelstunde.

Bilder

Winkler BräuWirt
Obere Nabburger Straße 34
92 224 Amberg
Bayern
Deutschland

Die Brauerei Winkler GmbH & CO. KG ist seit 1913 in Familienbesitz und ging aus der alten Amberger Kommunbrauerei hervor. Die kleine Regionalbrauerei liegt in der Amberger Altstadt, und produziert neben klassischen Lagerbieren auch das Alt-Amberger Hefeweizen sowie die Biere der 1994 leider geschlossenen Schießl-Brauerei. Anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens hat sie einen Bierclub gegründet, dessen Mitgliedschaft einen jährlichen Kasten Haustrunk sowie einige Ermäßigungen bei Brauereifesten und Brauereibesichtigungen beinhaltet. Eine nette Idee, die regionalen Kunden an sich zu binden.

Bilder

Brauerei Winkler GmbH & CO. KG
Schanzgäßchen 6
92 224 Amberg
Bayern
Deutschland