Siebensternbräu Restaurationsbetrieb GmbHWienAUT

Als wir uns am 27. Februar 2008 zu einem verlängerten Bier-Wochenende in Wien trafen, nahmen wir das Siebensternbräu als erste Anlaufstelle und Treffpunkt. Obwohl es ein ganz normaler Arbeitstag (Mittwoch!) war (und noch früh am Nachmittag), war die Gasthausbrauerei gut voll und wir stellten rasch fest: Aus gutem Grund.

Zunächst zeigte uns der tschechische Braumeister Vlado Sedmak stolz seinen Arbeitsplatz und ließ uns sogar von seinen noch nicht ausgegorenen, für uns direkt aus dem Lagertank gezwickelten Spezialitäten, dem Oster-Rauchbock und dem fantastisch mit Magnum- und Cascade-Hopfen verfeinerten India-Pale-Ale, kosten. Erst danach widmeten wir uns dem Ausschankbereich.

MiniaturSiebenstern der Name ist Programm. Sieben verschiedene Biere sind im Angebot, von denen wohl das Helle, das Märzen, das Dunkle und ein Chilibier immer fest verfügbar sind, die anderen Sorten variieren je nach Saison. Insbesondere das Chilibier ist wirklich eine Besonderheit, und Vlado hat es vermocht, die Balance zwischen „zu fad“ und „zu scharf“ nahezu perfekt zu finden.

Mit dem Essen hingegen hatten wir ein wenig Pech nach technischen Problemen in der Küche gab es nichts Fritiertes oder Gegrilltes…

Aber auch so war es ein gemütlicher, zum Wiederkehren einladender Besuch die typische Bierkneipenatmosphäre, die vielen Gäste jeder Altersstufe und die große, gute Bierauswahl sind jederzeit wieder einen Abstecher in die Siebensterngasse wert.

(Und es ist kein Geheimnis, dass wir dieses Vorhaben bereits ein Jahr später in die Tat umgesetzt haben und am 20. März 2009 erneut im Siebenstern eingekehrt sind.)

Nachtrag 28. Februar 2016: Acht Jahre nach unserem ersten Besuch. Wir betreten das Siebensternbräu und haben das Gefühl, nichts habe sich verändert. Der Eingangsbereich, das Sudwerk in der Mitte des großen Saals, die Theke, die sich rund um das Sudwerk zieht. Und auch die Bierkarte bietet gute alte Bekannte. Das Chilibier ist nach wie vor eines der Aushängeschilder des Siebensternbräus, ebenso mittlerweile das fest etablierte Hanfbier. Während ersteres im Laufe der Jahre schärfer geworden zu sein scheint, ist letzteres blumig, mit intensiven Hanfnoten. Und auch der Osterbock, den wir seinerzeit aus dem Lagertank gezwickelt haben, ist auf der Karte zu finden.

Und als hätte es eines Beweises bedurft, dass die Küche der Schwachpunkt des Siebensterns ist: War damals die Friteuse ausgefallen, waren heute die Gerichte lustlos auf den Teller geklatscht und die Portionen überraschend klein. Wenn selbst die Damen am Tisch ihr Gulasch noch durch einen zusätzlichen Semmelknödel ergänzen müssen, um satt zu werden, ist etwas nicht so, wie es sein sollte. Schade!

Das Siebensternbräu ist täglich von 11:00 bis 24:00 Uhr geöffnet; Ruhetage sind lediglich der Heiligabend und die beiden Weihnachtsfeiertage. Zu erreichen ist es bequem mit der Straßenbahn, Haltestelle Siebensterngasse/Stiftgasse.

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Siebensternbräu Restaurationsbetrieb GmbH
Siebensterngasse 19
1070 Wien
Österreich

Lichtenthaler BräuWienAUT

Man kann auch auf kleinen und simplen Sudwerken hervorragende Biere brauen. Wenn man weiß, wie’s geht. Und einer, der weiß, wie’s geht, das ist der Brauer im Lichtenthaler Bräu. Gut gelaunt und bescheiden steht er vor uns, fast beiläufig zeigt er auf das kleine Dreher-Sudwerk an der Seite des Schankraums und erzählt uns, dass er ziemlich oft brauen müsse die Nachfrage sei recht hoch, und das Sudwerk recht klein. Aber jetzt sollten wir erst einmal was essen und seine Biere verkosten, und danach würde er uns gerne alles im Detail zeigen.

Das lassen wir uns nicht zweimal sagen immerhin haben wir schon einen langen Tag in Wien hinter uns und sind richtig hungrig. Deftiges Essen verspricht die Speisekarte, und dazu, hm, mal blättern, ein gutes halbes Dutzend verschiedene Biere. Na, dann wollen wir mal.

Die freundliche und gut gelaunte Kellnerin zeigt sich flexibel. Große Biere, kleine Biere, wir wollen aber ein Bier, das wir uns teilen jeder Sonderwunsch kann berücksichtigt werden. Selbst der Wunsch einer gesundheitlich angeschlagenen Mitreisenden nach Pfefferminztee. Spöttisch missbilligende Blicke nur seitens der Biergenießer, die Kellnerin nimmt es gelassen.

Eine Minute später ist sie schon wieder da. „Aha, war also doch zu kompliziert“, lästern wir in Gedanken. Aber nein, ganz im Gegenteil: Sie denkt mit. „Das Roggen ist gleich aus“, sagt sie. „Ich kann Euch noch ein großes Glas zapfen, und dann mal sehen, wie viele kleine Probiergläser ich noch mit dem Rest vollbekomme. Ist das in Ordnung für Euch!“ Und wie in Ordnung das ist. Probiergläser. Jawoll, die gute Frau hat verstanden.

Wir bekommen also unsere Probiergläser mit dem Roggenbier, daneben aber auch „normale“ Glasgrößen mit Hellem und mit Dinkel, letzteres frisch angestochen, als Nachfolger des Roggens. Die Eindrücke sind gemischt. Das Roggen ist ganz leicht säuerlich, hat vielleicht schon einen leichten Stich, gut, dass es alle ist. Das Helle ist ein solides Alltagsbier, zum Zischen gegen den Durst. Das Dinkel hingegen vermag zu überzeugen. Ein würziges, fruchtiges und sämiges Bier. Sättigend und nahrhaft, und doch gleichzeitig auch erfrischend. Prima!

Das Essen kommt und unterbricht unsere Bierprobe. Ordentliche Portionen, gute Qualität. Wir sind zufrieden, hauen ordentlich rein, und mit gefülltem Bauch können wir uns nun der weiteren Verkostung widmen.

Das IPA 60 steht als nächstes auf dem Programm, ein leckeres und sehr kräftig gehopftes India Pale Ale. Schöne, aber nicht zu dominante Fruchtnoten im Aroma und eine sehr kernige Bitter. Der Name spricht für sich die 60 steht für die 60 Bittereinheiten dieses Biers. Ein Hammer.

Als nächstes das Coffee Break, ein dunkles, kräftiges Bier mit prägnanten Kaffeenoten. Frisch, röstig, duftig. Gut gelungen. Die Kaffeekränzchenfraktion ist begeistert, hätte am liebsten jetzt eine Sachertorte dazu. „Oder einen Klecks Schlagobers auf das Bier?“, frage ich, ernte aber nur ein müdes Lächeln.

Bevor es mit zwei letzten Bierspezialitäten weiter geht, die nur in der Flasche erhältlich sind, geht es jetzt aber in den Braukeller.

Miniatur„Das Sudwerk brauche ich Euch ja nicht zu zeigen“, meint der Brauer, dessen Name dem Chronisten Asche über mein Haupt entfallen ist. „Das ist Dreher Standard. Steht so x-fach in allen möglichen Gasthausbrauereien in Europa. Die Anlage mit der Schublade. Kennt jeder.“ Und recht hat er. Also auf in den Keller. Wir laufen um das Gebäude herum und tauchen ab in den engen, vollgestellten Keller. Jede Menge Malzsäcke liegen sorgfältig sortiert in jeder freien Ecke herum. Für ein separates Malzlager reicht der Platz im Keller nicht aus. Dazwischen die Schrotmühle oder Getreidequetsche, wie sie sich laut Typenschild nennt. Daneben die kleinen liegenden Lagertanks und davor die aufrechtstehenden, viereckigen Gärbottiche. Offene Gärung. Nur eine Plexiglasplatte liegt lose auf dem Gärbottich und verhindert, dass versehentlich mal irgendetwas in das gärende Jungbier hineinfällt. Vorsichtig hebe ich eine Platte an, luge darunter, mache ein Foto und nehme einen Atemzug. Sehr fruchtig riecht es; ein obergäriges Bier. Vielversprechend.

Der Hopfen und die KEGs, die direkt mit dem Ausschank darüber verbunden sind, stehen separat in einem kleinen Kühlraum. Und dann ist in einer Ecke noch Platz für ein Holzfass. „Hm, eichenholzgelagertes Bier? Ab wann wird es das denn im Ausschank geben?“, fragen wir. „Leider gar nicht“, lautet die enttäuschende Antwort. „Das ist ein Privatprojekt meines Vorgängers, der das Fass irgendwann noch abholen wird. Aber keine Sorge, ich habe ja erst vor wenigen Wochen hier angefangen. Sowie ich den Produktionsprozess im Schlaf beherrsche, werde ich auch mit exotischen Spezialitäten anfangen und herumexperimentieren. Dann gibt es bestimmt auch mal was im Holzfass Gereiftes!“

Er ist bescheiden, haut nicht auf den Putz. Denn natürlich hat er schon längst angefangen, zu experimentieren, und das ist auch der Grund, warum es die eine oder andere Spezialität nur in der Flasche gibt. Winzige Sude, bei denen es sich nicht gelohnt hätte, ein KEG zu füllen. Zwei Sorten gibt es, wie uns die Kellnerin erzählt, als wir wieder oben sitzen, und natürlich kommen beide auf den Tisch. Ein Salbei Stout, grundsätzlich ein tolles Bier, nur dass der Salbei ein wenig zu dominant ist. Ein dezenterer Einsatz wäre besser gewesen. Und ein Kartoffelbier, bei dem ein Teil der Malzschüttung durch Kartoffeln ersetzt worden ist. Eine etwas raue, kantige Bittere ergibt sich dadurch. Nicht schlecht, aber auch keine wirkliche Offenbarung. Als Experiment interessant, muss man mal probiert haben, aber sicherlich kein Renner, auf den die Kundschaft fliegen wird.

Trotzdem: Hut ab vor der Experimentierlust. Weiter so! Nicht umsonst hat das Lichtenthaler Bräu im vergangenen Jahr die eine oder andere Auszeichnung errungen und wurde von der österreichischen Kampagne für gutes Bier zum Sieger des Lokalaugenscheins 2015 gekürt.

Das Lichtenthaler Bräu ist täglich ab 16:00 Uhr geöffnet; sonntags ist Ruhetag. Zu erreichen ist es bequem mit den Straßenbahnlinien D und 33, Haltestelle Augasse, direkt vor der Tür.

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Lichtenthaler Bräu
Liechtensteinstraße 108
1090 Wien
Österreich

Brauwerk WienWienAUT

„Betreuter Biergenuss“ was für ein schöner Ansatz. Einkehren, sich zurücklehnen und unter Aufsicht die besten Biere verkosten. Ein paar Informationen zum Bier bekommen, ein paar Empfehlungen, welches Essen wohl dazu passen würde, ein wenig fachsimpeln. Es kann so einfach sein.

Und so folgen wir dem Schild bereitwillig, das uns den Weg zu dem großen, verglasten Zylinder weist, der das Brauwerk Wien beherbergt.

Die Ottakringer Brauerei, eigentlich ja eine recht große Industriebrauerei, die ich vor einigen Jahren auch schon einmal besucht und ausführlich besichtigt habe, hat sich in den letzten Jahren stark für die Bewegung der neuen Spezialbiere engagiert. Nicht nur, dass sie wenn auch in recht großem Maßstab mit dem Zwickel und dem Roten Zwickel zwei richtig gute Biere im Portfolio hat, nein, sie hat auch immer mal wieder mit interessanten Sonderbieren auf sich aufmerksam gemacht. Und was noch viel wichtiger ist: Sie zeigt auch keine Berührungsängste gegenüber den aufstrebenden Kleinbrauereien der jungen Szene.

Ganz im Gegenteil. Den Sommer über gibt es im Rahmen der Ottakringer Braukultur-Wochen neun Wochen lang ein Bierfest auf dem Brauereigelände. Und in jeder Woche darf sich eine andere Gastbrauerei mit ihren Bieren auf diesem Bierfest präsentieren. Neun Wochen, zehn Brauereien also, das heißt, neun Gastbrauereien und der Gastgeber, die Ottakringer Brauerei selbst.

Die Gründung des Brauwerks Wien war dann nur konsequent: Der Einstieg der Ottakringer Brauerei in die Craft-Bier-Szene. Ein großer Lagertank im Außenbereich der Brauerei wurde entfernt und an seine Stelle kam ein drei Stockwerke hoher Glaszylinder, der von außen gut sichtbar ein kleines Sudwerk, die dazugehörigen Gär- und Lagertanks und einen kleinen Ausschank beherbergt. Von der Geometrie her passt sich der Zylinder gut an die noch verbliebenen Lagertanks an, macht aber durch die Verglasung sofort deutlich, dass hier um etwas Besonderes geht.

„Brewed with Love and Music“ ist das Motto des Brauwerks Wien, denn zu jedem hier gebrauten Bier wird ein Lied einer österreichischen Band ausgewählt und so gewissermaßen eine gegenseitige Patenschaft übernommen.

Neugierig betreten wir am frühen Abend den Ausschank im Erdgeschoss des Glaszylinders. Viele Sitzplätze gibt es nicht lediglich vier große Holztische mit jeweils einem halben Dutzend Stühlen rundherum. Dahinter schließt sich eine Reihe von leise vor sich hin blubbernden Gärtanks an, und zur Mitte des Glaszylinders die Theke.

MiniaturDer fröhliche Kellner erläutert uns das Konzept des Brauwerks. Vier durchnummerierte Hausbiere gebe es, und daneben ein paar Spezialbiere. Zum Teil vom Fass beziehungsweise aus dem Ausschanktank, zum Teil aber auch aus der Flasche. Der eigentliche Ausschank für diese Biere sei die Craft-Bier-Bar am Yppenplatz; der Ausschank hier vor Ort habe nur an zwei Tagen die Woche geöffnet und würde sich eher auf bewusste Verkostungen und auf Beer-and-Food-Pairing Aktionen fokussieren.

Und ein ganz besonderes Feature gebe es noch, fährt er fort, und das sei die Möglichkeit, dass hier Auftragssude entstehen, dass also jemand mit einer eigenen Bieridee kommt, die hier auf dem kleinen Brauwerk mit oder ohne seine unmittelbare Hilfe umgesetzt würde.

Eine spannende Sache, aber nun genug der Theorie wir wollen die Biere nicht nur mit den Augen erfassen und schauen, wie sie im Tank vor sich hin blubbern, sondern auch verkosten.

Schön systematisch, wie es sich für wahre Bierfanatiker gehört, gehen wir ans Werk. Die Hausmarke 1, ein Blond, macht den Auftakt. Ein mildes, rundes, aber recht unauffälliges Bier. Die Hausmarke 2, ein Session IPA, ist da schon interessanter und überzeugt mit ausgeprägt aromatischer Bittere bei überraschend geringem Alkoholgehalt. Hausmarke 3, ein Porter: Röstig, kräftig, selbstbewusst im Auftritt. Ein schönes Bier. Und schließlich die letzte Nummer im Reigen der Hausmarken, die Hausmarke 4 ein Flanders Red. Das Bier polarisiert, ist es doch dem Stil angemessen ausgeprägt sauer. Die einen finden es begeisternd, die anderen bekommen nur mit Mühe einen Anstandsschluck hinunter. Ich gehöre zu den einen, genieße jeden einzelnen Schluck, erfreue mich an der präsenten, aber dennoch weichen Säure und dem fruchtig-estrigen Aroma. Ein schönes Bier!

Der Weihnachts-Weizenbock macht den Auftakt bei den Saisonbieren, ein Überbleibsel noch von der Weihnachtszeit und vermutlich bald alle. Kremiger Schaum fließt über den Glasrand, ein komplex-fruchtiges Aroma in der Nase und eine sämige Fülle am Gaumen. Ein gelungener Weizenbock, der in seiner geschmacklichen und aromatischen Vielfalt auch mit guten belgischen Starkbieren in einer Klasse spielen kann.

Das zweite Saisonbier, das Imperial Vienna Lager, ist demgegenüber ein wenig enttäuschend. Nicht wirklich schlecht, aber zu glatt, zu charakterlos. Ein einfach nur kräftiger eingebrautes Wiener da hätten wir uns ein wenig mehr Originalität gewünscht. Ein gutes Bier, das schon, aber keine Offenbarung.

Und schließlich das einzige Flaschenbier des Abends, das Becker’s Grapy Ale Härter ist kein Frauenname. Letzteres der originelle Titel des neuen Rock-Albums von Christian Becker. Getreu dem Motto „Brewed with Love and Music“ also ein Patenschafts-Bier. Mit Weintrauben gebraut, ein Crossover, ein Grenzgänger zwischen den Welten des Biers und des Weins. Mir haben diese Experimente bisher noch nie so richtig geschmeckt, und auch das Grapy Ale macht hier keine Ausnahme. Bitte sehr, entweder Bier oder Wein, beides kann ich respektieren, aber diese Experimente dazwischen, nein, auch diesmal bin ich geschmacklich nicht hundertprozentig überzeugt.

Wir lassen uns noch ein wenig in die Kunst des Beer-and-Food-Pairing einweisen, kombinieren Bier mit Datteln beziehungsweise mit bitteren Pralinen im Sacher-Stil. Eine spannende Genusserfahrung, und mit dem feinen Kredenzen auf einem Schieferbrettchen auch aufwändig inszeniert. Feine Sache! Da sind wir uns einig.

Das Brauwerk Wien ist donnerstags und freitags jeweils von 17:00 bis 21:00 Uhr geöffnet. Zu erreichen ist es mit der Straßenbahn; die Haltestelle Johann-Nepomuk-Berger-Platz ist direkt vor dem Eingang zum Brauereigelände.

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Brauwerk Wien
Ottakringer Platz 1
1160 Wien
Österreich

Xaver Die BrauereiWienAUT

Zufrieden sitzen Franz Xaver Lughofer und Thomas Haginger auf dem Erste-Hilfe-Kasten an der Wand und schauen auf das Treiben im kleinen Verkaufsraum der Xaver-Brauerei hinunter. Ein gutes Dutzend Gäste drängt sich hier an zwei kleinen Stehtischen, eingezwängt zwischen leeren Bierkästen, einem gut gefüllten Bierkühlschrank und einem Schreibtisch mit Computer und Registrierkasse. So ein Trubel herrscht hier selten.

MiniaturNaja, eigentlich sind es natürlich nicht Franz Xaver und Thomas, die dort auf dem kleinen Kasten sitzen, sondern zwei kleine Puppen. Wie aus dem Gesicht geschnitten sehen sie den beiden Brauern ähnlich eine gute Freundin hat sie in geduldiger Handarbeit gefertigt. Und nun sitzen sie dort und überwachen, was ihre realen Vorbilder so den ganzen Tag machen.

Aber, genau das ist die Frage. Was macht der Franz eigentlich? Gerade hat er uns noch seine kleine Brauerei gezeigt und die ersten Biere verkostet, und dann ist er verschwunden. „Ich bin nur mal ganz kurz weg“, hat er gesagt, „Bedient Euch im Kühlschrank, wenn Ihr noch mehr Durst habt.“ Und nun stehen wir hier. Die Kühlschranktür haben wir schon geöffnet und uns nachgeschenkt, das war kein Problem, aber nun steht ein junger Mann vor uns, ein Kunde. Ein bisschen verschüchtert hat er zunächst geschaut, angesichts der großen Gruppe von fröhlichen Biergenießern, dann aber doch nachdrücklich nach Bier verlangt: „Ich hätte gerne sechs Flaschen Pahle Ahle zum Mitnehmen!“

Ratlos blicken wir uns an. Er hat zwar Pahle Ahle gesagt, hat es deutsch und nicht englisch ausgesprochen, aber natürlich wissen wir, was gemeint ist. Was wir nicht wissen ist, wie wir ihm das jetzt verkaufen sollen. Franz, wo bist Du?

Keine Spur, er ist noch nicht wieder da. Und so machen wir es einfach. Geben dem jungen Mann seine sechs Flaschen Pale Ale, und zum Glück hängt an der Wand eine Preisliste, so dass wir auch wissen, was wir dafür verlangen sollen. Der junge Mann ist zufrieden, zieht mit seinem Sixpack ab, und wir sind auch zufrieden, haben schließlich für zusätzlichen Umsatz in der Brauerei gesorgt.

Und als Franz schließlich doch wieder auftaucht, wird alles ordnungsgemäß verbucht, und die Sache hat ihre Richtigkeit.

Xaver Die Brauerei. Benannt nach dem zweiten Vornamen eines der beiden Brauer. Entstanden vor gerade mal zwei Jahren, und eingerichtet in den vielleicht 50 oder 60 Quadratmetern einer ehemaligen Konditorei.

Eine verrückte Idee von zwei Hobbybrauern war das, damals, aber als dann die Räume der Konditorei für einen akzeptablen Preis zu vermieten waren und sich gleichzeitig mehr oder weniger durch Zufall ergab, dass Günther Thömmes sich von dem kleinen Sudwerk seiner Bierzauberei in Brunn, einem Vorort Wiens, trennen wollte, ging alles ganz schnell. Die schon seit Jahren leerstehende Konditorei wurde ein wenig umgebaut, die Elektrik und die Wasserinstallationen angepasst und insbesondere auf Verlangen der Gewerbeaufsicht eine riesige, völlig überdimensionierte Belüftungsanlage installiert. Die ehemalige Bierzauberei wurde in Millimeterarbeit durch die Eingangstür bugsiert, aufgebaut, ein paar Probesude gefahren, und dann ging’s los.

Was sich in der Rückschau so einfach anhört, war natürlich ein gewaltiger Aufwand, und wenn der Zufall nicht mitgespielt hätte, wäre auch nicht alles so reibungslos gelaufen. Eigentlich ist die alte Konditorei zu klein, und nur, weil die ehemalige Bierzauberei so platzsparend konstruiert ist, lässt sie sich hier unter diesen Platzverhältnissen betreiben. Und überhaupt: Eigentlich wollten Franz und Thomas sich beim Bierzauberer nur Rat holen, und es war Zufall, dass Günther Thömmes genau zum gleichen Zeitpunkt seine Anlage verkaufen wollte.

Egal, Glück hat nur der Tüchtige, und nun steht das Sudwerk hier in der Hasnerstraße, und die Xaver-Brauerei darf sich stolz zweitgrößte Brauerei im Stadtteil Ottakring nennen. Direkt nach der großen Industriebrauerei, der Ottakringer Brauerei AG.

Einen eigenen Ausschank, eine eigene Restauration gibt es nicht. Es ist ein reiner Produktionsbetrieb und die Biere werden in der Gastronomie und im Getränkehandel vertrieben. Und im Rampenverkauf direkt ab Brauerei, letzteres aber nur an zwei Tagen in der Woche. Die Brauerei ist Nebenerwerb, viel zu klein, um für zwei Brauer den Vollzeiterwerb darstellen zu können. Ein Hobby gewissermaßen, wenn auch ein ungeheuer zeitaufwändiges.

Sechs Biere standen heute im Kühlschrank, und geduldig probierten wir sie durch. Und, BLUF bottom line up front alle sechs waren durch die Bank hervorragend. Sauber gebraut, frisch, aromatisch. Hut ab!

Das Pale Ale mit einer feinen Hopfennase und einer nicht zu übertriebenen Bittere, im klassischen englischen, nicht im amerikanischen Stil gebraut. Das India Pale Ale hingegen knackig hopfig und deutlich fordernder. Das Common, im Stil eines California Steam Beer, ein gefälliges, gut durchtrinkbares Alltagsbier. Das Belgian IPA spannend, mit schönen Kontrasten zwischen klassischer Hopfenattacke und wilden belgischen Hefearomen. Das Alt vielleicht ein wenig zu hell, aber gut trinkbar, und schließlich das Stout, mit recht wenig Alkohol, aber einer schönen, ausgeprägten Röstigkeit.

Man merkt, die beiden Brauer können etwas. Arbeiten sorgfältig und wissen, was sie tun. Nicht mal so eben einen Sud zusammengemischt, wie man es in Gasthausbrauereien gelegentlich antrifft, sondern nach genauer Analyse eines Bierstils diesen dann präzise nachgebraut. Wir sind beeindruckt.

Schnell füllen sich unsere Rucksäcke noch mit Beutestücken der Kühlschrank ist fast leer, als wir zahlen und nach der ausführlichen Besichtigung die Brauerei wieder verlassen. Einen herzlichen Dank an Franz, der uns geduldig alle Winkel seiner kleinen Brauerei gezeigt und alle unsere Fragen, mit denen wir ihn gelöchert haben, beantwortet hat.

Xaver Die Brauerei hat freitags von 14:00 bis 17:00 Uhr und sonnabends von 10:00 bis 13:00 Uhr den Rampenverkauf geöffnet. Zu erreichen ist sie am günstigsten per U-Bahn, Linie 6, Station Thaliatraße dann sind es nur 150 m Fußweg.

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Xaver Die Brauerei
Lughofer und Haginger GesbR
Hasnerstraße 14/6-7
1160 Wien
Österreich

Salm Bräu GmbHWienAUT

„Das ist die schönste Brauerei in Europa“, liest mir die mitreisende Frau S. begeistert aus dem Hausprospekt vor, und ich denke mir: „Nun ja, wenigstens haben sie einen der selbstbewusstesten Werbestrategen…“

Schön ist sie ja in der Tat, die Salm Bräu GmbH, aber erstens nicht überall, und zweitens ist so ein Superlativ „die schönste“ schon ein wenig schwer zu begründen oder gar zu beweisen.

Die schönste Inneneinrichtung vielleicht? Na, da kann die Brauerei Monopol in Teplice in dem ehemaligen Varieté Zum Schwan sicherlich etwas mehr bieten!

Das schönste Sudwerk? Wer einmal das wunderbar polierte Sudwerk beim Fuchsbeck in Sulzbach-Rosenberg in Aktion gesehen hat oder mit den Fingern über die liebenswerte Patina in der NovomÄ›stský Pivovar in Prag gestrichen hat, sieht das anders.

Die schönste Lage? Vor dem Belvedere in Wien ist es ja nett, aber auf der Alpe oberhalb von Rettenberg im Allgäu, beim BernardiBräu ist es noch viel idyllischer.

Aber Europa ist für Österreich in den letzten Wochen ja sehr klein geworden immer mehr Grenzen werden geschlossen, man schottet sich vor der Flüchtlingskrise ab, betreibt Nabelschau und hofft, dass man in der Isolation besser fährt. In diesem kleinen, österreichischen Europa, nun, da mag es in der Tat die schönste Brauerei sein. Je nachdem, in welcher Kategorie und nach welchem Maßstab.

Wie dem auch sei. Wir sind im Salm Bräu im Februar 2016 nach dem Besuch einer Ausstellung im Unteren Belvedere eingekehrt und haben hier eine Kleinigkeit zu Mittag gegessen. Nur eine winzige Kleinigkeit, und nur ein kleines Bier dazu, mehr hat das Reiseprogramm gar nicht erlaubt. Und diese winzige Kleinigkeit war auch soweit in Ordnung, egal, ob Kürbissuppe oder Palatschinken. Und wäre der Palatschinken nicht erst serviert worden, als wir schon aufbrechen und zahlen wollten, wäre es noch viel besser gewesen.

Die Bierauswahl beschränkt sich auf einen konservativen Ansatz plus ein exotisches Bier. Helles, Weißbier und ein Dunkles (Böhmisch G’mischtes, also eigentlich nur ein Halbdunkles), Märzen und ein Chili-Bier. Die klassischen Stile solide gebraut. Nichts Aufsehenerregendes, aber ordentliche Brauqualität. Das Chili-Bier dezent scharf, mit einem feinen Chili-Aroma, durchaus überzeugend. Schade nur, dass es ausschließlich in der Ein-Liter-Flasche angeboten wird eine Menge, die für dieses Bier vielleicht ein wenig viel ist. Der Gaumen ermüdet, mag sich nicht mehr mit der Schärfe auseinandersetzen. Kommt man in einer Gruppe, so kann man sich die Flasche ja teilen; der Alleinreisende hingegen hätte das Nachsehen.

MiniaturDas kupferne Sudwerk aus eigener Produktion Salm ist Hersteller von Gasthausbrauereianlagen und das Salm Bräu ist quasi das Aushängeschild der Firma ist schön kupferglänzend in einer Ecke des Schankraums präsentiert. Jedes einzelne Element ist sorgfältig beschriftet, so dass auch der Laie rasch erkennt, welcher Kessel, welche Pfanne denn nun welche Funktion im Brauprozess erfüllen soll. Nett.

Weniger hübsch der Wintergarten, in dem wir heute einen Platz zugewiesen bekommen haben. Ein wenig zu modern, zu hell, und so wirkt er künstlich an das eher klassische Ambiente herangesetzt, bleibt ein Fremdkörper im Gesamt-Ensemble. Man kann hier gut sitzen, aber so wirklich schön ist es nicht. Von wegen schönste Brauerei Europas…

Das Salm Bräu hat täglich von 11:00 bis 24:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Es ist pefekt mit der Straßenbahnlinie 18 zu erreichen, die unmittelbar vor dem Eingang hält (Haltestelle Unteres Belvedere).

Bilder

Salm Bräu GmbH
Rennweg 8
1030 Wien
Österreich

Und der Vollständigkeit halber hier die Eindrücke, die ich vor fast auf den Tag genau acht Jahren, am 29. Februar 2008, im Salm Bräu hatte:

Am Rande des Schlosses Belvedere, noch inmitten uralten Gemäuers, haben wir am 29. Februar 2008 das Salm Bräu entdeckt eine gar nicht mal so kleine Gasthausbrauerei, die sich aber so verwinkelt über mehrere Gaststuben und bis in den alten Gewölbekeller, den so genannten Klosterkeller, erstreckt, dass man gar nicht merkt, wie viele andere Gäste hier ebenfalls ihr Bier genießen. Es sei denn, man muss zur Toilette dann macht man sich auf den weiten, durch alle Räume mäandrierenden Weg, der einen an allen Schanktheken und an der blitzblank polierten Sudanlage vorbeiführt. Eine anlassbezogene Brauereibesichtigung gewissermaßen, die dabei durchgeführt wird.

Wir genossen zu recht später Stunde die gemütliche Ecke im Klosterkeller, die guten und großen Essensportionen und natürlich das exzellente, elegante und erfrischend gebraute Bier. Und auch die Bedienung war, trotz ihres unnahbaren, etwas spröden „Wiener Charmes“ schon soweit in Ordnung.

Dass das Salm Bräu auch noch mit öffentlichen Verkehrmittel (Straßenbahnhaltestelle unmittelbar am Eingang) gut zu erreichen ist, macht es zu einem sicherlich mal wieder in Angriff zu nehmenden Anlaufpunkt für den Bierliebhaber.