Ratsbrauhaus Hann. MündenHannoversch MündenDEU

Wie schlimm muss es um eine Kleinstadt bestellt sein, wenn sie sich ihres Namens schämt und dann per Ratsbeschluss sogar in eine Abkürzung ändert? Eine Abkürzung als Städtename? Peinlich. Fährt man als besser nicht hin, oder? Wer einen solchen Stadtrat hat, hat bestimmt auch die gesamte Innenstadt mit Bausünden der Sechziger und Siebziger verwüstet, kennt man ja. Erst kommt die fehlende Identifikation mit dem eigenen Namen, dann der Niedergang.

Aber weit gefehlt. Hannoversch Münden, oder wie es sich seit einem Ratsbeschluss aus dem Jahr 1990 nennt, „Hann. Münden“, ist eine wunderschöne kleine Fachwerkstadt, idyllisch am Zusammenfluss der Werra und der Fulda gelegen, dem Zusammenfluss, aus dem die Weser entsteht. Generationen niedersächsischer Schulkinder haben den Spruch auswendig lernen müssen:

Wo Werra sich und Fulda küssen
Sie ihre Namen büssen müssen.
Und hier entsteht durch diesen Kuss
Deutsch bis zum Meer des Weser Fluss.

Mittendrin in der Stadt steht das Rathaus aus dem 14. Jahrhundert mit seiner beeindruckenden Schmuckfassade, eine Perle der Weserrenaissance. Und im Keller dieses Rathauses wie fast überall in Norddeutschland eine Gastwirtschaft, ein Ratskeller. Hier aber als Brauhaus. Das Ratsbrauhaus.

MiniaturNachdem ich die herrliche Fassade gebührend bewundert und mich über die Baugerüste davor geärgert habe, steige ich die steile Treppe in den Ratskeller hinab. Sie führt durch gewaltige Steinmauern, und dann stehe ich im Gewölbekeller. Jahrhundertealte Säulen tragen das große Ratshaus, und rundherum die rustikale Gemütlichkeit einer typischen Gasthausbrauerei. Künstliche Bäume, kleine Sitzgruppen, in der Mitte ein großer Tisch für ein Büffet mit stahl- und kupferglänzenden Warmhalteplatten. Linker Hand die Theke, dekoriert mit uralten Malzsäcken und Hopfenranken. Die Wände sind terrakottafarben gestrichen, was zwar eine warme, aber auch der Beliebigkeit anheimgestellte Atmosphäre erzeugt. Keine auf die Stadt und ihre Geschichte bezogene Individualität.

Draußen am Eingang schon war das hier gebraute Schwarzbier, das Dr. Eisenbarth Bräu, als dessen Medizin angepriesen worden. Für Kranke werden 0,3 l, für Schwerkranke 0,5 l empfohlen. Krank fühle ich mich nicht, und so beschränke ich mich auf ein kleines Glas. Tiefdunkel, malzig, nur leicht röstig und mit einer ganz feinen Lakritznote trinkt es sich nicht schlecht da wäre sicherlich auch ein Großes gut heruntergegangen, und den Dr. Eisenbarth, der eigentlich gar keinen Doktortitel führen durfte, sondern lediglich als reisender Landarzt unterwegs war, hätte es gefreut.

Einen Flammkuchen bestelle ich mir dazu, mit Speck und Schmand. Keine regionale Kost, aber lecker. Hauchdünn der Teig, schön kross, und Speck und Schmand sehr aromatisch. Lecker! Alternativ hätte es natürlich kräftig-rustikale deutsche Kost gegeben, aber derzeit auch amerikanische Burger, Spare-Ribs und ähnliches, denn es sind amerikanische Wochen im Ratsbrauhaus.

Für einen Moment entspanne ich hier unten noch und genieße, dass ich hier, hinter den meterdicken Mauern unerreichbar bin. Kein noch so schwaches Telefonsignal dringt bis hier unten hin, und so kann ich in aller Ruhe auch noch das kleine Sudwerk betrachten, das hinten in der Ecke steht. Eine Dreher-Anlage, die immer dann gerne genommen wird, wenn nur wenig Platz ist. „Die mit der Schublade“, denke ich. Man erkennt sie immer schon von weitem.

Seit 2003 wird hier unten im Keller des Rathauses gebraut, anknüpfend an eine jahrhundertealte Tradition. In Hannoversch Münden wurde eigentlich „schon immer“ gebraut, zeitweise sogar in drei städtischen Brauhäusern gleichzeitig, so dass die kleine Stadt von Bierimporten völlig unabhängig war, den Ausschank fremden Biers gar völlig verboten hatte.

Das Ratsbrauhaus Hann. Münden ist täglich von 11:00 bis 14:30 Uhr und dann wieder ab 17:00 Uhr geöffnet; montags ist Ruhetag. Es liegt mitten in der Fußgängerzone von Hannoversch Münden, etwa zehn Minuten Fußweg vom Bahnhof entfernt. Parkmöglichkeiten gibt es ebenfalls in fußläufiger Entfernung am Westrand der Altstadt.

Bilder

Ratsbrauhaus Hann. Münden
Markt 3
34 346 Hannoversch Münden
Niedersachsen
Deutschland

So braut Deutschland: Wo unser Bier entsteht.

Bier schmeckt immer gleich? Von wegen! Günther Thömmes zeigt in „So braut Deutschland: Wo unser Bier entsteht“ wo in Deutschland ganz besondere Biergenüsse warten – von Kaufbeuren bis Kiel, von Görlitz bis Trier und natürlich in Oberfranken und im Rheinland. Entdeckenswerte Biere kommen aus Einmannbrauereien, aber auch aus traditionellen, größeren Betrieben. Von malzig-süßlich über erfrischend-bitter, säuerlich, würzig bis herb-prickelnd: Entdecken Sie die Vielfalt mit den Augen eines Kenners und trinken Sie aus dem Maßkrug, dem Stössje, der Biertulpe oder der Berliner-Weiße-Schale.

Günther Thömmes, Jahrgang 1963, stammt aus Bitburg in der Eifel. Er erlernte dort den Beruf des Brauers und Mälzers – danach absolvierte er ein Studium zum Diplom-Braumeister in Freising-Weihenstephan. Nach über 20 Jahren als Weltreisender in Sachen Bier und Brauereien, machte er sich 2010 mit der kleinen Erlebnisbrauerei „Bierzauberei“ in Brunn am Gebirge, am Rand des schönen Wienerwalds, selbstständig. In der mittlerweile als „Kleinbrauerei des Jahres“ ausgezeichneten Bierzauberei braut Thömmes obergärige Bierspezialitäten, versucht aber auch gelegentlich, historische, ausgestorbene Biersorten wieder zum Leben zu erwecken und freut sich über bierinteressierte Besucher.

Er hat zahlreiche Fachartikel zu den Themen Bier und Brauhistorie in verschiedenen Zeitungen und Fachzeitschriften veröffentlicht. 2005 ist sein amüsantes Bier-Lexikon „Jetzt gibt es kein Bier, sondern Kölsch“ erschienen, 2010 der Bildband „Die Geschichte der Brunner Brauerei 1790-1930“. 2008 gab er sein Debüt als Romanautor mit mit dem historischen Roman „Der Bierzauberer“ (Gmeiner-Verlag), dem bislang zwei weitere Bierzauberer-Romane -„Das Erbe des Bierzauberers“ (2009) und „Der Fluch des Bierzauberers“ (2010)- folgten. Weiterhin war er mit dem Kurzkrimi „Das Quellaumassaker“ in der Anthologie „Tödliche Wasser“ (2009) vertreten. „Das Quellau-Massaker“ ist auch auf dem Hörbuch „BIER – Geschichten Gedichte“ vertreten. Im Juli 2011 erschien die Krimi-Anthologie „Malz und Totschlag – Kleine Morde unter Bierfreunden“ (Gmeiner-Verlag), bei der Günther Thömmes sowohl für einen Kurzkrimi-Beitrag wie auch als Herausgeber verantwortlich ist.

Permanenter Link   Eingestellt von Gerhard Schoolmann @ 13:00

Paname Brewing CompanyParisFRA

Das Bassin de la Villette ist vor über zweihundert Jahren von Napoleon zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung von Paris angelegt worden. Rund 700 m lang und 70 m breit ist es das größte künstliche Gewässer von Paris und dient mittlerweile als Naherholungsgebiet. An seinem Südende befindet sich die eindrucksvolle Rotonde, die einmal als Zollhaus diente, und an seinem Nordende, am Quai de la Loire seit Juni 2015 die Paname Brewing Company.

Das große Gebäude direkt am Wasser, nein, gefühlt sogar im Wasser stehend, sieht schon aus der Ferne gemütlich und einladend aus. Ich gehe über die Terrasse und ein paar Stufen hoch und stehe mitten im loftähnlichen Schankraum. Linker Hand ist er wie ein Wintergarten in drei Richtungen voll verglast man sitzt an seinem Tisch und schwebt förmlich über dem Wasser des Bassins, sieht die Yachten der Pariser, die Joggerinnen und Jogger, die um das Bassin laufen und unermüdlich eine Runde nach der anderen drehen. Fast könnte man ein schlechtes Gewissen bekommen, hier bei Bier und leckerem Essen zu schwelgen.

Aber ach, weg mit dem schlechten Gewissen schließlich ist es doch das Bier, wessentwegen ich mit der U-Bahn hierhergefahren bin und einen schönen Spaziergang am Bassin entlang gemacht habe. Da werde ich mir doch von den Sportlern den Spaß am Genuss nicht verderben lassen!

Ich lasse den Blick über die Bar schweifen. Acht Zapfhähne sehe ich, mal wieder viel mehr, als ich an einem Abend verkosten kann. Ein leichter, erfrischender Auftakt soll es sein, und so beginne ich mit dem Casque d’Or, einem Saison. Gelblich trüb steht es in dem Glas vor mir, ein kräftiger Geruch nach einer nur wenig domestizierten Hefe und ein nicht minder kräftiger Geschmack. Ein robustes Bier, das aber nach einer Begleitung durch ein leckeres Essen verlangt.

Ich spähe rüber zur Küche, die um halb sieben erst aufmachen soll. Es ist zwanzig nach sechs, und der Koch ist schon am Wirtschaften. Ein fragender Blick, und ein beruhigendes Nicken, ja, ich kann schon bestellen. Und wenige Minuten später steht die Mezze-Platte vor mir. Kleine Speisen, Falafel, Hummus, dazu ein Korb mit Brot, appetitlich serviert auf einer Schieferplatte. Fein schaut es aus, und genauso gut schmeckt es auch.

Ich genieße mein Bier, die kleinen Speisen, den Blick über das Bassin. Ruhige und entspannte Atmosphäre, ein bunt gemischtes Publikum. Alle Altersklassen, aus aller Herren Länder. Ein buntes Sprachgewirr an den Tischen. Ab und an läuft jemand an die Bar, holt sich ein neues Bier, schäkert ein wenig mit dem Personal am Tresen. Der Stress und die Hektik, die Paris in der Innenstadt so auszeichnen, sind weit weg.

Mein zweites Bier, das Å’il de Biche, ein Pale Ale. Kupferfarben und blank filtriert kommt es ins Glas. Ich schaue verdutzt und frage den Barmann, warum man das Pale Ale denn filtriere, aber er zuckt nur mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber die Leute mögen es so!“ Ein feines Hopfenaroma, ein milder, malziger Körper, eine nur geringe Bittere. Kein echtes Pale Ale, eher ein subtil gehopftes Speciale, trotzdem aber sehr lecker.

MiniaturDas Sudwerk steht am anderen Ende des Schankraums. Blitzender Edelstahl. Kessel, Pfannen, Tanks, alles steht dicht an dicht. Eine verwirrende Verrohrung dazwischen. Dicke Holzbalken tragen das Dach der Halle, an einem ist das Firmenschild von Zip Technologies angebracht, dem Hersteller des Sudwerks. Schön schaut es aus, mit dem stählernen Glanz ein schöner Kontrast zu den Eichenbalken, und gemeinsam mit den rohen und unverputzten Wänden und dem Maschendrahtgitter vor der Küche schafft es eine Werkstattatmosphäre. Entstünden hier statt Bier grobe Maschinenteile, so würde die Atmosphäre gar nicht so viel anders sein. Nur der Lärmpegel viel höher…

Auf dem Weg zurück zu meinem Tisch gehe ich an der Bar vorbei und bestelle mir noch ein drittes kleines Bier, ein Barge du Canal IPA. Auch dieses ist gefiltert. Fein kupferglänzend lacht es mich an. Ein dezentes, fruchtiges Hopfenaroma mit Ananas- und Mango-Noten überzeugt, und der Geschmack ist schön ausgewogen. Präsente Bittere, aber nicht zu dominant, sondern harmonisch in eine leichte malzige Restsüße eingebettet. Fein!

Ein netter Anlaufpunkt. Ich gehe langsam am Bassin de la Villette wieder in Richtung Süden, sehe noch einmal zurück. Im Frühjahr, wenn der große Kirschbaum auf der Terrasse blüht und der Ponton vor der Brauerei vollbesetzt mit Gästen sein wird, die in den ersten Strahlen der Frühlingssonne die Wärme genießen ach, dann wird es hier noch viel schöner sein. Hier, am Quai de la Loire, in einem Viertel, das noch vor wenigen Jahren einen zweifelhaften Ruf hatte.

Die Paname Brewing Company ist täglich von 11:00 bis 02:00 Uhr morgens durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Lediglich die Küche macht am Nachmittag Pause. Zu erreichen ist die kleine Brauerei am besten mit der U-Bahnlinie 5, Station Laumière. Oder man wählt die besser erreichbare Station Stalingrad der Linie 2 und macht einen zehnminütigen Spaziergang am Ufer des Bassins entlang.

Bilder

Paname Brewing Company
41 bis Quai de la Loire
75 019 Paris
Frankreich

33 Biere

Anders Möhl wurde 1962 in Bad Hersfeld gegenüber der Brauerei Engelhard geboren. Diese wurde 1973 von Binding aufgekauft und geschlossen. Aus Gram, niemals ein Bier aus der Brauerei seiner Heimatstadt getrunken zu haben, zog er ins Bierparadies Franken und boykottiert nahezu alle Großbrauereien. Nebenbei studierte er Kunst an der Akademie der Bildenden Künste, ist Gründungsmitglied der Galerie Bernsteinzimmer und hat sein Atelier in der historischen Luisen-Apotheke in Fürth.

Elmar Tannert, 1964 in München geboren, absolvierte ein Studium der Musikwissenschaft und Romanistik. Seit 2003 arbeitet er als freier Schriftsteller sowie u. a. beim Bayerischen Rundfunk. Bei ars vivendi erschienen von ihm Der Stadtvermesser (1998), Keine Nacht, kein Ort (2002), Ausgeliefert (2005) und die gemeinsam mit Petra Nacke verfassten Romane Rache, Engel! (2008), Blaulicht (2010) sowie Der Mittagsmörder (2012). 2015 veröffentlichte er gemeinsam mit Martin Droschke den Reiseführer Bierland Pilsen.

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Bamberger Bierorden 2016: Prof. Dr. Ludwig Narziß

Am 23. April 2015 verleiht der Verein Bamberger Braueren e.V. ab 12 Uhr auf dem Bamberger Maxplatz den Bamberger Biororden an Prof. Dr. Ludwig Narziß.

Nachdem in den Jahren 2013 und 2014 der Bamberger Bierorden auch an Personen vergeben worden ist, bei denen ich mich gefragt habe, was das soll (Liste der Preisträger), erhält in diesem Jahr mit dem 90jährigen Prof. Dr. Ludwig Narziß eine herausragende Persönlichkeit der Brauwissenschaft und Verfasser von Standartwerken die verdiente Ehrung. Vor seiner Pensionierung 1992 hatte er den Lehrstuhl für Technologie der Brauerei I an die Hochschule Weihenstephan und war zugleich Leiter der Bayerischen Lehr- und Versuchsbrauerei.

In einer Rede über Veränderungen des Geschmacks in deutschen Bieren während der jüngsten 50 Jahre kritisierte er 2014 viele Entwicklungen im deutschen Brauwesen, die zu einer „Neutralisierung des Geschmacks“ geführt haben, und forderte dazu auf, mehr Biere mit Charakter zu brauen, also das, was heutzutage gerne Craft-Bier genannt wird.

Permanenter Link   Eingestellt von Gerhard Schoolmann @ 08:47