Wyszak Browar RodzinnySzczecinPOL

Das ehemalige Stettiner Rathaus aus dem 15. Jahrhundert mit seinen uralten Ziegelgewölben im Keller. Abgetretenes Kopfsteinpflaster, über das Hunderttausende von Schuhen gelaufen sind. Eine in den Jahrhunderten etwas abgesackte Front, deren schief stehende Säulen des Scheingiebels Geschichten aus der Historie der Stadt erzählen können. Zum Beispiel die vom Wyszak, einem reichen und mächtigen Geschäftsmann, der zur Zeit Ottos von Bamberg vor der Küste Dänemarks Raubzüge unternahm, gefangen genommen wurde und nach zwei Jahren in einem kleinen Boot fliehen und nach Stettin zurückkehren konnte. Eine Zeitreise weit zurück in die Vergangenheit.

MiniaturIm Gegensatz dazu eine Brauerei, die Wyszak Browar Rodzinny, die erst vor einer Woche eröffnet hat. Niegelnagelneue Kupfergeräte, ein 5,5-hl-Sudwerk der Firma Minibrowary. Auf Hochglanz poliert prunken die Kessel vor dem Hintergrund der alten Ziegel des Ratskellers. Eine gehobene und für Stettiner Verhältnisse nicht ganz billige Küche, beste Qualität. Dazu vier Biere zur Neueröffnung, die Mut beweisen.

Nur eines davon könnte man als Standard bezeichnen, nämlich das Weizen. Obwohl es ungewöhnlich gut schmeckt. Kräftige Mundfülle, ein intensives, aber nicht zu dominierendes Bananenaroma, dezent ausgewogene Hopfung. Der Beweis dafür, dass man in einer Gasthausbrauerei doch ein gutes Weizen brauen kann. Wenn man brauen kann.

Die anderen drei Biere überraschend mutig. Ein English Pale Ale, mit würzigen, harzigen Hopfennoten und einem malzigen Körper. Ein American Amber Ale, knackig gehopft, mit dominierenden Hopfennoten, Aromen von tropischen Früchten und einer lang anhaltenden, sauberen Bittere. Und ein Vanilla Milk Stout. Süßlich, mit dezenten Vanille-Aromen, leicht im Alkohol und im Geschmack. Ein feines Damenbier.

Zwei ehemalige Hausbrauer aus Stargard SzczeciÅ„ski, Maciej PiaszczyÅ„ski und Tomasz de Weyher, zeichnen für die hier gebrauten Biere verantwortlich und beweisen, dass man auch schon bei der Eröffnung einer Brauerei vom klassischen und langweiligen Triplett Hell Dunkel Weizen abweichen kann.

Und damit Erfolg haben kann. Denn die Gäste waren samt und sonders begeistert.

Natürlich wird es bald auch ein Pilsener geben, und irgendwann auch einmal ein Dunkles. Aber im Tank gärt auch schon ein Robust Porter, und am 11. März 2015 wurde ein American IPA gebraut.

Während meines Besuchs an eben diesem Tag führten mich die beiden Brauer durch den Lagerkeller, zeigten mir jedes Detail der Brauerei und ließen mich das eine oder andere Bier direkt aus dem Tank zwickeln. Vielversprechend. Saubere Aromen, bereits während der Gär- und Lagerphase. Die Hopfen frisch, das Malz würzig.

Weiter so! Dem jungen Geschwisterpaar Joanna Różycka und Michał Jagła, die hier viel Zeit, Arbeit und Kapital investiert haben, viel Erfolg!

Die Familienbrauerei Wyszak ist täglich ab 13:00 Uhr durchgehend geöffnet. Von den Bus- und Straßenbahnhaltestelle WyszyÅ„skiego mit den Straßenbahnlinien 2, 3, 7, 8 und 12 sowie zahlreichen Buslinien ist sie nur drei Minuten zu Fuß entfernt; ideal also, um sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Nachtrag 22. März 2016: Ein Jahr später. Nicht mehr alle Biere sind innovativ man hat sich ein wenig an den Kunden angepasst und braut vorwiegend bekanntere Stile: Pils, Weizen (nach wie vor ausgezeichnet) und Schwarzbier. Aber eines der vier angebotenen Biere soll auch weiterhin provozieren, zur Auseinandersetzung mit ungewöhnlichen Aromen anregen, den Horizont der biertrinkenden Gäste erweitern. Heute ein Brown Ale, karamellig und rund, ausgewogen und süffig.

Die Küche dazu unverändert von bester Qualität eines der edleren Restaurants in Stettin. Ausgezeichnete Biere, gehobene Küche unter den jahrhundertealten Ziegelgewölben des alten Rathauses der Wyszak ist unverändert eine der besten Adressen der Stadt.

Bilder

Wyszak Browar Rodzinny
ulica Księcia Mściwoja II 8
70-535 Szczecin
Polen

Nowy Browar SzczecinSzczecinPOL

Eine gewaltige Baustelle. Es wird geschraubt, gehämmert, geflucht, gesägt und gebohrt. Lärm und Staub überall. Ein großes Durcheinander, wie auf jeder großen Baustelle. Es herrscht Zeitdruck, Stress, Hektik.

Und mittendrin steht ein wunderschönes, auf Hochglanz poliertes, kupfernes Sudwerk. An den Rohren und Ventilen steht ein Mann und…

…braut!

In aller Seelenruhe, wie ein Fels in der Brandung steht er da, lässt sich nicht beirren, pfeift auf Unruhe, Dreck und Lärm und braut!

„Seit einigen Wochen geht das nun schon so“, erzählt MichaÅ‚ Grossmann, der Brauer mit den stählernen Nerven. „Normalerweise ist das hier in Polen so, dass alles fertig ist, der Restaurantbetrieb schon begonnen hat und wir immer noch auf die Papiere mit der Braugenehmigung warten. Aber hier war es andersrum. Kaspar Schulz hat die Anlage geliefert, installiert, wir haben die Papiere ruckzuck bekommen, und dann kam es bei der Renovierung des alten, denkmalgeschützten Gebäudes zu Verzögerungen. Tja, und seitdem braue ich auf einer Baustelle. Die Lagertanks sind voll, das Bier wird unten im Keller im Rocker Club schon ausgeschenkt und in Ein-Liter-Flaschen verkauft!“

„Komm‘, ich zeig‘ Dir alles, und wir probieren mal die wohl bestgelagerten Biere der Stadt!“, zog er mich zum Sudwerk der Nowy Browar.

Miniatur10 hl werden hier pro Sud gebraut. Eine vollautomatische Brauereisteuerung, kein einziges Ventil muss MichaÅ‚ noch von Hand bedienen. Und trotzdem noch ein schönes, unmittelbares Brauerlebnis, denn durch die gläsernen Deckel der beiden Geräte kann man in die Maische beziehungsweise die Würze hineinschauen. „Und hier…“, er schob mich auf die andere Seite der Brauerei, „…der ganz besondere Gag für unsere Gäste: Ein in die Außenwand eingelassenes, längliches Fenster, so dass man auch aus der Gaststube in die Maische hineinkucken kann.“

„Sogar mit Innenbeleuchtung!“, fügte er noch stolz hinzu und schaltet die Lampe an.

„Aber genug jetzt, trockene Braukessel sind langweilig. Komm‘ mit zu den Lagertanks, wir zwickeln uns jetzt mal einen!“

Eine für eine Gasthausbrauerei wahrhaftig beeindruckende Reihe von 20 hl Tanks steht vor mir. Pils, Lager, Weizen, Dunkles und Bockbier reifen hier in Ruhe vor sich hin. Der Reihe nach verkosten wir die Biere. Das Pils, schön aromatisch, mit feiner Hopfennase, sehr rein im Geschmack. Man merkt, dass noch kein Verkaufsdruck herrscht. Das Bier ist gut gelagert, lange und kalt. Ein guter Start.

Das Lager, weniger hopfig, weicher, süffiger. Sehr rund. Ein Bier für den großen Schluck!

Das Weizen feine, aber nicht zu dominierende Bananennoten, schöne, hohe Rezens. Ein erfrischendes Sommerbier. Wenn denn der Sommer mal kommt.

Das Dunkle. Nicht so meins. Für mich persönlich zu sehr dominierende Malznoten ich mag diese melanoidinigen Anteile nicht so sehr. Aber objektiv gesehen, trotzdem ein gelungenes Bier.

Und schließlich der dunkle Bock. Süffig, vollmundig. Mit kremigem Schaum, einem vollen Aroma. Herrlich! Das beste Bier von allen fünfen. Und trotzdem vielleicht das einzige, mit dem es Schwierigkeiten geben könnte. 2000 l Bockbier warten hier im Tank auf die Eröffnung der Restauration. Und bis es endlich so weit ist, ist es vielleicht schon Frühling. Hier in Stettin geht das blitzschnell. Die Temperaturen steigen, der Schweiß fließt, und der Durst auf einen kräftigen, labenden und wärmenden Bock ist vorbei. Die Starkbierzeit bis dahin auch schon.

Es wäre schade um dieses ausgezeichnete Bier.

Gedanklich drücke ich die Daumen, dass es bald ausgeschenkt werden kann. Hier oben im polnischen Norden ein so wunderbares Bockbier zu bekommen, das ist eine Rarität!

MichaÅ‚ führt mich noch durch die anderen Räume, zeigt mir den Innenhof. Dreieinhalb Stockwerke über mir das Glasdach dieses Patios. Drei Bars mit jeweils sechs Zapfhähnen. Große Räume mit Blick auf die Straße. Eine offene Küche, in der man den Köchen auf die Finger schauen und seinem Essen beim Werden zusehen kann. Ein gemütlicher Gewölbekeller, der zu einem Bierkeller ausgebaut wird.

Ein großes Projekt, eine gewaltige Investition. Wirklich eine riesige Gasthausbrauerei.

Und mit einem erfahrenen Brauer. Nach einigen Jahren in GdaÅ„sk / Danzig und Gliwice / Gleiwitz, in denen sich MichaÅ‚ zahlreiche Urkunden und Preise erbraut hat, zeichnet er jetzt für die Biere der Nowy Browar verantwortlich. Fünf ganz ausgezeichnete Biere warten in den Tanks auf die Eröffnung.

Und sehnsüchtig warten auch die Stettiner Bier-Aficionados.

Nachtrag 18. März 2016: Ein Jahr ist seit unserem Besuch auf der Baustelle vergangen. Die Nowy Browar Szczecin hat mittlerweile eröffnet und sich mit gewaltigem Erfolg etabliert. Jeden Tag sind die Hallen und Räume proppevoll zahllose Touristen aus Deutschland und Skandinavien, aber auch sehr viele Einheimische.

Das Essen ist deftig, klassische Brauhausküche. Solide Grundlage für kräftigen Konsum des preiswerten, ordentlichen, aber wenig innovativen Biers. Brauer MichaÅ‚ Grossmann braut gut und in konstanter Qualität, darf sich aber nicht so experimentell austoben, wie er es gerne hätte. Und so umfasst das Angebot lediglich ein Pilsner (hell, ordentliche Trübe, feine und saubere Hopfung), ein Jasny Lager (im Stil eines Pale Ales, also überraschen dunkel für ein „jasny“, aber süffig und gut trinkbar), ein Ciemny Lager (würziges Braunbier) und ein Pszeniczne (Weizen, erfrischend, aber nicht so sämig-vollmundig wie viele bayerische Hefeweizen, sondern spritzig und leicht).

Damit sind aufgrund des gewaltigen (so vielleicht doch nicht ganz vorhergesehenen) Umsatzes die Lagerkapazitäten erschöpft und es werden Biere aus Franken hinzugekauft, um sie hier anbieten zu können so beispielsweise ein Weizenbock und der Räucherator Rauchbock aus der Brauerei Hummel in Merkendorf. Leckere Biere, ungewöhnlich für den polnischen Markt, und eine tolle Ergänzung zum doch eher einfallslosen Standard-Portfolio der Brauerei.

Wer preiswertes, gut durchtrinkbares Bier, deftige Brauhausküche und bayerische Bierhallenatmosphäre schätzt, ist mit der Nowy Browar Szczecin gut bedient.

Die Nowy Browar Szczecin ist täglich von 09:00 Uhr bis mindestens Mitternacht durchgehend geöffnet; sonnabends und sonntags erst ab 11:00 Uhr. Kein Ruhetag. Sie liegt nur zwei Minuten vom Platz Brama Portowa entfernt, an dem sich nahezu alle Straßenbahn- und Buslinien der Stadt kreuzen; und für Gäste von außerhalb Stettins sind es vom Hauptbahnhof gerade einmal fünf Minuten. Hervorragend an die öffentlichen Verkehrsmittel angebunden, also.

Bilder

Nowy Browar Szczecin
ulica Partyzantów 2
70-222 Szczecin
Polen

Mauritius Brauerei GmbHZwickauDEU

Kein richtiger Brauereibesuch nur ein paar Zielfotos. Ich kam am frühen Sonntagmorgen an der Brauerei vorbeigefahren, hielt kurz an, machte ein paar Bilder und fuhr weiter. Aber die wenigen Bilderkann ich ja trotzdem veröffentlichen …

Zwickau hat eine viele Jahrhunderte alte Brautradition; bereits aus dem Jahr 1348 ist eine städtische Brauordnung überliefert. Die Geschichte der Mauritius Brauerei GmbH beginnt aber erst im Jahr 1857, als der Zwickauer Brauverein gegründet wurde und zwei Jahre später mit dem Bau der Vereinsbrauerei begann. Deren ersten Jahrzehnte waren durchaus erfolgreich, und so entstand aus der Vereinsbrauerei 1889 eine Aktienbrauerei, die über beide Weltkriege hinweg Bestand hatte, aber 1946 enteignet und in einen Volkseigenen Betrieb VEB überführt wurde.

Der sozialistischen Wirtschaftspolitik der DDR folgend, wurde dieser VEB zusammen mit anderen in ein Kombinat überführt. 1968 tauchte mit dem Starkbier Mauritius, das zur 850-Jahr-Feier der Stadt gebraut wurde, das erste Mal die Bezeichnung auf, die später, nach der Wende und der Übernahme der Brauerei durch die Stuttgarter Dinkelacker Brauerei AG 1990 zum neuen Namen werden sollte: Mauritius Brauerei.

MiniaturMitsamt der Dinkelacker Brauerei wurde auch die Mauritius Brauerei zum Spielball der Investoren und endete in der InBev-Getränkegruppe, aus der sie 2006 jedoch herausgekauft wurde. Seitdem ist sie eine unabhängige Privatbrauerei.

Sieben Biere werden derzeit hier gebraut: Urzwickauer Pilsener, Urtyp Export, Bock Dunkel, Bock Hell, Schwarzes Gold, Winterbier und Hopfenkrone.

Die Mauritius Brauerei GmbH liegt nordostwärts der Zwickauer Altstadt auf der anderen Seite der Zwickauer Mulde. Zu erreichen ist sie mit der Straßenbahnlinie 3, Haltestelle Brauerei.

Bilder

Mauritius Brauerei GmbH
Talstraße 2
08 066 Zwickau
Sachsen
Deutschland

Brauhaus Brauerei Zwickau GmbHZwickauDEU

Die Priesterhäuser in Zwickau sind eines der ältesten Wohnhausensembles in Deutschland überhaupt. Vier von einst zwölf Häusern sind noch erhalten, und ein Deckenbalken in einem dieser vier Häuser trägt die Jahreszahl 1264. Über 750 Jahre alt sind sie also, und wenn man davor steht, spürt man den Hauch der Geschichte. Was haben diese Häuser in den fast acht Jahrhunderten wohl alles erlebt? Kriege und Katastrophen, Liebe und Hass, Leben, Krankheit und Tod. Wie oft hat sich die Welt in dieser Zeit grundlegend gewandelt? Unendlich spannend.

Aber ach, um wieviel weniger spannend ist der Besuch im Brauhaus Brauerei Zwickau, das im linken dieser vier Häuser (und den Gebäuden dahinter) untergebracht ist. Eigentlich ja eine schöne Brauerei. Viele kleine Räume, jeder ein wenig anders gestaltet. Altmodisch-kuschelige kleine und winklige Ecken, aber auch ein eher modern gestalteter Saal, entstanden scheinbar durch Abtrennung und Überdachung eines Innenhofs. Einen Biergarten gibt es zwischen den Gebäuden, und geht man zwischen den Gebäudeteilen ein Treppchen hinab und auf der anderen Seite wieder hinauf, kommt man auch an einer kleinen kupfernen Destille vorbei.

MiniaturUnd hinter der Theke, auf einem Podest steht das kupferne Sudwerk. Tische stehen direkt davor wer möchte, kann also ganz nah an seine geliebten Braukessel heranrücken und sein Essen und das Bier quasi auf Tuchfühlung genießen. Aber genau dieser Biergenuss ist es, der die Spannung vermissen lässt.

War die Zeitreise durch die Geschichte der Priesterhäuser noch abwechslungsreich und faszinierend, so macht sich bei der Bierauswahl gähnende Langeweile breit. Ja, in der Tat, meine lieben Leserinnen und Leser, Herrschaften! Aufgepasst! Hier ist es wieder! Das unsagbar einfallsreiche, innovative, unerreichte und in seiner Einzigartigkeit zu oft kopierte Brauhaus-Triplett. Täterää! Fanfaren und Tusch: Hell, Dunkel, Weizen!

Ich drehe und wende die Speisekarte, schüttle sie, lese sie noch einmal. Priesterhell, Priesterdunkel, Priesterweizen. Ende.

Ja, natürlich, in einem kleinen Nebensatz findet sich der Hinweis, man möge doch bitte das Personal nach einem Saisonbier fragen. Aber das kennen wir ja schon. Wenn keine Aufsteller auf den Tischen stehen, keine Plakate an der Wand hängen, keine Kreidetafeln dafür Werbung machen, dann gibt es gerade kein Saisonbier.

Ich frage den Ober trotzdem. „Nein“, lautet die Antwort, ein Saisonbier gebe es gerade nicht. Gebe es sowieso eher selten. Ich möge doch die spannenden hausgebrauten Biere verkosten, die seien doch schon ganz toll.

Moment mal, hat er eben „spannend“ gesagt? Für einen Moment dachte ich, ich hätte mich verhört. Aber nein, er hat die Biere wirklich „spannend“ genannt.

Ich probiere die drei Biere der Reihe nach durch und bin nicht überrascht. Deutscher Gasthausbrauereidurchschnitt. Dutzendware. Kann man trinken, wenn man Durst hat, muss man aber nicht. Wasser löscht den Durst auch. Zugegeben, immer noch besser als geschmackloses, überkarbonisiertes und gelb gefärbtes Wasser aus den großen Brauereikonzernen, aber nichts, was sich irgendwo als Erlebnis im Gedächtnis verankern würde. Zisch, und weg.

Aber bevor ich mir jetzt nachsagen lasse, alles nur schlecht zu reden: Die Atmosphäre ist nett. Die Schankräume sind heute, an einem Sonnabend, rappelvoll. Ganz Zwickau scheint auf den Beinen zu sein. Junge Leute, ältere Paare, ganze Familien. Die Kellner und Kellnerinnen sausen zwischen den Tischen hindurch und bringen große Portionen rustikalen Essens, und das Bier fließt dazu in Strömen. Kuschelig warm ist es im Gasthaus, während es draußen trüb, nieselig und kalt ist. Man kann hier schon gerne mal hingehen, wenn man Lust auf Gesellschaft hat, etwas Solides essen möchte, dazu mal schnell gedankenlos ein, zwei Biere zischen möchte. Man kann sich wohl fühlen.

Aber nur des Bieres wegen braucht man nicht zu kommen. Dann ist man eher enttäuscht. Spannend ist die Geschichte der Priesterhäuser die Priesterbiere sind es nicht.

Das Brauhaus Brauerei Zwickau GmbH ist täglich von 11:00 bis 24:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus oder Straßenbahn) problemlos, es sind nur wenige Schritte zur nächsten Haltestelle. Mit dem Auto ist es schwieriger man sucht gelegentlich etwas länger nach einem Parkplatz und darf natürlich nichts trinken. Es bleibt aber immer die Möglichkeit, in den hauseigenen Gästezimmern oder im Hotel Alte Münze direkt gegenüber komfortabel zu übernachten.

Bilder

Brauhaus Brauerei Zwickau GmbH
Peter Breuer Straße 12-16
08 056 Zwickau
Sachsen
Deutschland

Neindorfer KrugNeindorfDEU

Kleine Perlen am Ende der Welt … Irgendwo im Niemandsland, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, steht ein kleines Dorfgasthaus und braut sein eigenes Bier. Auf einer kleinen Anlage nur. Ach, was sage ich, auf einer winzigen Anlage. Eine winzige Anlage, die Brau-Eule von Brumas. Erdacht und konstruiert für Hausbrauer, die ihren persönlichen Ein-Personen-Bedarf damit decken können. Aber, und heute erlebe ich den Beweis, auch ein kleines Dorfgasthaus mit ausreichend Bier versorgen kann.

Ich rolle in der Nähe von Oschersleben über das Land und komme nach ein paar Kilometern auf sehr schmaler Straße nach Neindorf, einem kleinen Dörfchen, ein Ortsteil von Oschersleben. Mitten im Ortskern sehe ich den Neindorfer Krug. Allein die Bezeichnung Krug ist schon eine Reise in die Vergangenheit, zurück in Zeiten als „die Welt noch in Ordnung war“. Was zwar niemals stimmte, in Ordnung war sie nie, aber die Erinnerung verklärt immer, man verdrängt, was belastet, man erinnert, was fröhlich stimmt, und schon spricht man von ihnen, schwärmt von „den guten alten Zeiten, als die Welt noch in Ordnung war“.

Nebenan ein Dorfplatz mit Bushaltestelle und Parkmöglichkeiten. Ich stelle das Auto ab und gehe auf den Neindorfer Krug zu. Das Wirtshausschild ein Rebus. Oben steht Brauhaus Neindorfer Krug, darunter sieht man zwei Hähne, dazwischen ein kleines „e“. Hehne statt Hähne. Hehne Bräu Neindorf, also. Benannt nach dem Besitzer, Utz Hehne.

Ich schaue auf den Aushang. Geöffnet ab 12:00 Uhr. Es ist zwanzig nach zwölf. Es ist dunkel drinnen, ich drücke zögernd die Tür auf, und da kommt mir Utz Hehne auch schon entgegen. Das Feuer im Herd brennt bereits, die winzige Gaststube wärmt sich langsam auf. Der Haushund räkelt sich vor dem Feuer, gähnt mich an, lässt es sich gut gehen.

Mit einem kleinen Glas Schwarzbier, frisch eingeschenkt, setze ich mich an einen Tisch direkt am Fenster. Eine meterdicke Mauer trennt mich von der Straße. Uralte, solide Bauweise. „Ich glaube, das war mal eine alte Pferdewechselstation“, klärt mich Hehne auf, der mit frisch gebratenen Spiegeleiern auf einem dicken Schinkenbrot aus der Küche zurückkommt. „Die Größe der Tore, der Zuschnitt, alles deutet darauf hin. Genau weiß ich es allerdings auch nicht.“ Fest steht lediglich: Dieses Gebäude ist uralt. Gewaltige Holzbalken tragen die Decke, die Mauern aus Sandstein sind für die Ewigkeit gebaut, das obere Stockwerk ist aus solidem Fachwerk aufgesetzt.

Die Gaststube ist renoviert, aber schlicht und einfach geblieben. Keine übermäßige Dekoration, wie sie in Touristenfallen manchmal üblich ist, sondern solide und zweckmäßig. Noch bin ich der einzige Gast, und es ist genug Zeit, mit dem Wirt zu erzählen. Er steht an der Theke, schält einen Berg Kartoffeln, ich sitze bei meinem Schwarzbier und frage ihm Löcher in den Bauch.

MiniaturSeit zehn Jahren braue er hier, erzählt Hehne, auf einer winzigen Anlage, der Brau-Eule, die im Nebenraum steht. So etwa einmal die Woche. Der Neindorfer Krug ist ja nur eine winzige Gastwirtschaft, und Neindorf auch keine Großstadt, und so würde das meistens auch ausreichen. Neben dem Schwarzbier gibt es ein Helles, und was sehr gerne getrunken würde, das sei auch sein Weißbier, allerdings mit einem kräftigen Schuss Himbeersirup als Himbeerweiße.

Wie in Hobbybrauerkreisen üblich, füllt Hehne seine Biere in 18 Liter fassende Cola-KEGs. Bis zu fünf Stück könne er gleichzeitig an den Hahn bringen, aber das lohne sich nur im Sommer, bei warmem Wetter, wenn die Gäste auch im Biergarten säßen und ordentlich Durst mitbringen würden. Dann würde es auch schon manchmal knapp mit seiner Braukapazität. Die Gäste machten ihn dann darauf aufmerksam, dass das helle Pilsener noch ein wenig jung schmecke. Aber sie tränken es trotzdem, wüssten ja um die geringe Kapazität seiner Brauerei.

Aber nach zehn Jahren ist es vielleicht doch Zeit, die winzige Brau-Eule durch etwas Größeres zu ersetzen, und so hat sich Hehne in Italien eine 100-l-Anlage mit automatischem Rührwerk bestellt. Immer noch kein Profi-Sudwerk, immer noch eine Konstruktion, die eher für Hobbybrauer gedacht ist, aber durch die größeren Sude und durch das automatische Rührwerk wird das Brauen dann doch etwas effizienter. Schließlich betreibt Hehne den Neindorfer Krug ganz allein. Brauen, Kochen, Zapfen, Servieren und Kassieren.

Im kleinen Ein-Mann-Betrieb bleibt sogar noch Zeit für Brauseminare. Für gerade mal achtzehn Euro kann man ein solches Seminar buchen, Bierverkostung und Mittagessen sind inbegriffen. Einen ganzen Tag lang darf man Hehne beim Brauen über die Schulter gucken, selbst Hand anlegen, etwas über das Brauen lernen und sich nützlich machen. „Ich braue auch mit nur einem Gast“, sagt Hehne und schreibt das auch deutlich auf seine Website.

Ständig ist etwas zu tun, aber Hehne lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Die Kartoffeln sind fertig geschält, kommen auf den Herd. Ein frisches Holzscheit kommt in den Ofen, nebenbei werden ein paar Schachteln Zigaretten an Laufkundschaft verkauft. „Ich mache auch Himbeergeist selbst“, erzählt Hehne zwischendurch und holt eine winzige Destille aus dem Nebenraum. „Dafür brauche ich kein Brennrecht, ich nehme ja fertigen und bereits versteuerten Alkohol, und den destilliere ich dann durch die Früchte ab, dabei nimmt er das Aroma auf. Schmeckt hervorragend.“ Dankend lehne ich eine Kostprobe ab, ich muss noch fahren. „Und wenn es ab 2018 mit dem Brennrecht klappt, dann werde ich auch eigenen Alkohol produzieren. Mein Traum ist es, eigenen Whisky herzustellen“, heißt es weiter.

Hehne geht in der Arbeit in dieser winzigen Dorfgaststätte völlig auf. So viele Ideen, so viele Pläne. Aber auch so viel Arbeit. Stress scheint ihm das nicht zu bereiten. Entspannt und in sich ruhend wirkt Hehne. Er weiß, was er tut. Und dass er was kann. Sein Schwarzbier ist der Beweis. Fruchtig und süßlich, vollmundig und malzig. Gerne hätte ich mehr davon getrunken oder die anderen Sorten ebenfalls verkostet. Feines Bier. Nichts Exotisches, aber solide regionale Braukunst. So regional, wie sie nur sein kann. Erhältlich nur hier, irgendwo im Nirgendwo, im winzigen Neindorfer Krug.

Der Neindorfer Krug ist täglich ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; montags ist Ruhetag. Brauseminare werden nach Absprache organisiert; keine Mindestteilnehmerzahl. Utz Hehne bietet auch ein Appartement und eine Ferienwohnung für bis zu sieben Personen an. Neindorf ist sinnvoll nur mit dem Auto zu erreichen; Parkmöglichkeit besteht direkt neben der Gastwirtschaft.

Bilder

Neindorfer Krug
Hauptstraße 3
OT Neindorf
39 387 Oschersleben
Sachsen-Anhalt
Deutschland