Stieglbrauerei zu Salzburg GmbHSalzburgAUT

Entstanden im Jahr 1492 als Haus Bey der Stiegen mitten in der Salzburger Altstadt hat sich die Stieglbrauerei zu Salzburg GmbH in den mehr als 500 Jahren ihres Bestehens zu einer Großbrauerei entwickelt, die die Region biermäßig dominiert. Sie wurde benannt nach einer kleinen Treppe, eine Stiege, die zu einem Kanal führt, aus dem man das Brauwasser schöpfte.

Bereits im 17. Jahrhundert ist sie zur größten Brauerei in Salzburg herangewachsen, baut weiter aus, expandiert und muss 1863 aus Platzgründen vor die Tore der Stadt ziehen, nach Maxglan, dorthin, wo die Brauerei sich auch heute noch befindet. Ein Großbrand zerstört die neue Brauerei nur 13 Jahre später, es muss wiederaufgebaut werden, und auch die beiden Weltkriege setzen der Brauerei arg zu. Danach beginnt aber ein erfolgreicher Aufstieg zur größten Privatbrauerei Österreichs.

Heute steht die Stieglbrauerei mit ihrem modernen Sudhaus aus wirtschaftlich-effizienter Sicht gut da eine Bierfabrik, das produziert, was die Masse der Biertrinker immer noch möchte: Glatte, unauffällige und nebenbei trinkbare Biere zu nicht zu hohem Preis. Eine Bierfabrik, wie es sie in Europa zu Dutzenden gibt.

Miniatur (1)Parallel zu diesem Massengeschäft hat man aber in den letzten Jahren auch das Kreativbiergeschäft weiterentwickelt und rund um die Brauerei ein Biererlebniszentrum geschaffen. In einem kleinen Museum wird die Herstellung des Biers vom Rohstoff bis zum fertigen Getränk aufbereitet, wenn auch an der einen oder anderen Stelle unzulässig vereinfacht wird oder fehlende Professionalität deutlich wird: Wenn die Eigentümer in einem aufwändig produzierten Werbefilm, der jedem Museumsbesucher gezeigt wird, schon selbst auftreten und im Vorspann nur zwei oder drei einladende Sätze sagen sollen, dann stünde es der Dame des Hauses durchaus gut an, diese wenigen Sätze auch auswendig zu können. Zu deutlich schielt sie in der ersten Szene immer wieder auf den Vorlagetext… Haben Regisseur und Kameramann das nicht bemerkt? Oder nicht den Mut gehabt, die Szene wiederholen zu lassen? Der Museumsbesucher amüsiert sich jedenfalls…

Mitten im Museum steht ein kleines, modernes Sudhaus der Firma BrauKon, ein Sudwerk, wie es sonst gerne in Gasthausbrauereien verwendet wird. Kupfern glänzend, blank poliert. Hier entstehen Bierspezialitäten in kleinerer Menge. Die offenen Gärtanks und die Lagertanks sind von großen Glasscheiben geschützt gut einsehbar, fügen sich in das Museum nahtlos ein. Statt der großen seelenlosen Maschinerie des Hauptsudwerks bekommt man beim Rundgang also die zweite, um Größenordnungen kleinere Brauerei von Stiegl zu sehen.

Miniatur (2)Direkt im Anschluss in den Räumen hinter der BrauKon-Anlage werden der Fassreife-Keller und der Verkostungsraum präsentiert. In ersterem reifen in großen Holzfässern stark limitierte Sonderbiere heran, die einmal im Jahr mit großem Tamtam auf dem Markt gebracht werden, und im zweiten befinden sich viele hundert Flaschen mit Bierspezialitäten aus aller Welt, die bei professionellen Verkostungen degustiert werden. Sehr schön!

Stolz ist man, und das wird während der Führung durch das Museum immer mal wieder betont, auf das Gut Wildshut in der Nähe von Salzburg. Dort werden auf eigenen Äckern historische Getreidesorten angebaut, in einer ultramodernen Mälzerei vermälzt und dann auf der kleinen BrauKon-Anlage zu besonderen Bierspezialitäten verbraut, zu den Wildshuter Bieren. Eine eigene Serie innerhalb des Stiegl-Angebots.

Im oberen Stockwerk des Gebäudes, wohl die ehemaligen Tenne der eigenen Mälzerei, finden sich noch allerlei Ausstellungsstücke aus der Geschichte der Brauerei.

Nach dem etwa einstündigen Rundgang durch das Museum hat der Besucher noch die Möglichkeit, im Bräustüberl oder dem alten Maschinenhaus die Biere der Stieglbrauerei zu verkosten. Im Eintrittspreis für das Museum sind drei Gutscheine für je 200 ml Bier enthalten die Auswahl an Bieren beschränkt sich nicht nur auf die Standardsorten, sondern schließt Saisonbiere mit ein. So zum Zeitpunkt meines Besuchs beispielsweise das Zuckergoscherl, ein Irish Red Ale mit ausgeprägt karamellig-süßlichem Geschmack. Originell.

In der Summe ein interessanter Museumsbesuch. Ja, es ist eine Industriebrauerei, aber sie produziert auf der kleinen Anlage auch interessante Spezialitäten aus ungewöhnlichen Rohstoffen und erschließt sich dadurch auch einen Kundenkreis unter den Liebhabern spezieller Biere, jenseits vom dumpfen Massenkonsum. Der Eintrittspreis von 11,50 EUR beinhaltet die Museumsführung, drei Bierproben und einen kleinen Bierkrug, ist damit also noch angemessen.

Das Museum der Stieglbrauerei zu Salzburg GmbH mit angegliedertem Shop ist täglich von 10:00 bis 17:00 Uhr, im Juli und August bis 19:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Die Gastronomie rundherum (Bräustüberl, Paracelsusstube, Maschinenhaus) bietet von 10:00 bis 24:00 Uhr Bier und Speisen. Die Anfahrt mit dem Auto ist problemlos möglich (ins Navi die Adresse Bräuhausstraße 9 eingeben, sonst endet man an der falschen Zufahrt); Parkplätze gibt es direkt vor dem Gebäude reichlich.

Bilder

Stieglbrauerei zu Salzburg GmbH
Kendlerstraße 1
5017 Salzburg
Österreich

Gasthausbrauerei LeimerLenzingAUT

Ein paar Kilometer oberhalb des Attersees, leider nicht mehr so idyllisch am Seeufer gelegen, sondern einfach nur im Ort Lenzing direkt an der Straße befindet sich die Gasthausbrauerei Leimer. Von außen recht schlicht; ein großer, asphaltierter Parkplatz direkt davor, ein weiterer rechts daneben, und die schlichte, graue Fassade entlang zieht sich ein dunkelorangefarbener Streifen mit den riesigen Lettern „Hotel Gasthausbrauerei“. Hübsch und romantisch ist anders.

Man sollte sich aber nicht von Äußerlichkeiten abhalten lassen, und auch nicht von dem etwas verkrampft touristisch-humoristischen Namen des italienischen Restaurants im Hotel, dem Leimonelli. Mir erschließt sich dieser hölzerne Humor nicht, aber ich habe jetzt trotzdem Hunger und Durst, habe noch viele Kilometer vor mir, es ist eine Brauerei, es gibt etwas zu essen, also hinein!

Ein bisschen unübersichtlich die Vielzahl von Schankräumen, aber nach einmal links und zweimal rechts abbiegen stehe ich schließlich doch in der Café-Bar Leimonelli, in der sich auch das kleine Sudwerk befindet. Ansprechend gemütlich ist es hier im Innern, so ganz anders als von außen, und wenn ich nicht vom Parkplatz, sondern direkt von der Straße gekommen wäre, so hätte ich auch nicht durch alle Gasträume irren müssen, sondern wäre direkt hier gelandet.

Ich suche mir einen kleinen Tisch, und im Nu kommt die freundliche Bedienung auf mich zugeschossen, gibt mir die Speisekarte und fragt mich, was ich denn trinken möchte. Drei Biere stehen in der Karte, ein viertes ist mit kleinen Kreidetäfelchen auf der Theke beworben. Ein Helles gibt es, ein Dunkles, ein Naturtrübes und als Saisonbier ein Bockbier. Gedankenverloren bestelle ich zunächst ein kleines Helles, nur um mich hinterher zu ärgern. Ich muss ja noch fahren, es muss bei einem winzigen Bier bleiben, und da wäre es doch gewiss besser gewesen, angesichts der wenig originellen Auswahl wenigstens das ungefilterte Naturtrübe zu probieren, wenn nicht gar ein ganz kleines Glas (0,2 l) des Bockbiers. Zu spät, die Bestellung noch zu korrigieren genauso schnell wie die Karte bringt die Kellnerin auch das Bier.

Golden funkelnd, klar filtriert steht es vor mir. Leicht malziges Aroma, sehr weich und mild, fast schon süßlich, ohne aber mastig zu sein. Ein unauffälliges Bier, ein typisch österreichisches Helles, wie man es hier in der Region gerne und in großen Mengen trinkt. Nichts Besonderes, aber sehr sorgfältig gebraut. Keine Aroma- oder Geschmacksfehler, und auch nicht, wie so oft in Gasthausbrauereien, viel zu jung ausgeschenkt. Nein. Für seinen Stil sehr gut.

Die Speisekarte bietet italienisch inspirierte Küche, viele Nudelgerichte. Wenn man möchte, findet man etwas Leichtes, das vor langer Weiterfahrt den Magen nicht belastet. Schön. Als die Nudeln kommen, sind sie nett dekoriert, der dazu gereichte gemischte Salat schwimmt leider in Essig hier hat es der Koch zu gut gemeint. Es schmeckt trotzdem.

MiniaturNachdenklich betrachte ich das kleine Sudwerk. Die Bierdeckel werben mit Leimer Bräu seit 1914, das wäre seit über hundert Jahren, und auch der Aufdruck auf den Gläsern rühmt sich: 100 Jahre Leimer Bräu. So alt sieht das kupferne Sudwerk, das mit violettem Licht auffällig in Szene gesetzt wird, nicht aus. Nagelneu ist es nicht mehr, man sieht Gebrauchsspuren, und es ist keine von den hypermodernen, auf optische Wirkung hin optimierten Brauereien, die in Glanz und Gloria erstrahlen, dem Betrachter den Atem , dem Braumeister aber die letzten Nerven rauben, weil auch nach gründlichstem Polieren immer noch ein kleiner Fingerabdruck mitten auf einer der Hochglanzflächen den perfekten Eindruck ruiniert. So schnell kann man gar nicht mit dem Poliertuch hinterher wischen, wie die Gäste wieder das polierte Kupfer betatschen und verschmieren.

Hier ist es anders. Kein Hochglanz, sondern eher Zweckmäßigkeit. Eine etwas ältere Anlage also, aber definitiv keine hundert Jahre alt.

Nein, sie ist erst knapp zwanzig Jahre alt, stelle ich fest. Der jetzige Wirt, Rüdiger Leimer, hat 1986 die Gastwirtschaft übernommen und 1997, vor neunzehn Jahren, hier die eigene Hausbrauerei eröffnet. Ja, diese Jahreszahlen passen schon besser zum Aussehen des Sudwerks. Und fast zwanzig Jahre als kleine Gasthausbrauerei, das ist ja auch schon etwas.

Die Gär- und Lagertanks befinden sich direkt unter dem Lokal, durch eine Glasscheibe kann man schemenhaft im Dunklen die Gerätschaften sehen. Leider entdecke ich nirgends einen Lichtschalter, kann nur ein paar Tanks, Rohre und Schläuche sehen.

Und so belasse ich es für heute bei einem kurzen Eindruck, mache mich wieder auf den Weg. Gutes, aber wenig originelles Bier, recht ordentliches (und preiswertes) Essen und ein sehr freundlicher Service. Und ein Wirt, der persönlich an den Tischen vorbeikommt und die Gäste nach ihrem Befinden fragt. Ganz alte Schule. Findet man nur noch selten.

Die Gasthausbrauerei Leimer ist täglich ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet; sonnabends erst ab 17:00 Uhr. Kein Ruhetag. Von der Autobahn A 1, Abfahrt Seewalchen, sind es fünf Minuten in Richtung Norden; Parkplätze gibt es ausreichend direkt vor der Tür.

Bilder

Gasthausbrauerei Leimer
Atterseestraße 34
4860 Lenzing
Österreich

The Londoner Brew PubBangkokTHA

Thanon Sukhumvit die zentrale Achse des verruchten Bangkoks, in deren Nebenstraßen einschlägigen Reiseführern zufolge „allein reisende Herren“ auf ihre Kosten kommen. Die Hauptstraße selbst ist aber eher eine gewaltige Einkaufs- und Geschäftsstraße, an der sich zahlreiche große Einkaufszentren befinden.

Miniatur (1)Nur wenige Schritte von der Sky Train Station „Phrom Phong“ entfernt befindet sich im Tiefgeschoss des UBC-II-Gebäudes Bangkoks älteste Mikrobrauerei der 1997 gegründete Brew Pub The Londoner.

Typisch britische Atmosphäre empfängt den Besucher, und auch wenn die heimelige Atmosphäre eines echten Londoner Pubs fehlt, fühlt man sich doch so, als wäre man in Großbritannien gelandet. Auf den Fernsehern läuft Rugby, die Livemusik fokussiert sich auf die guten alten britischen Hits der 60er, 70er und 80er Jahre, die thailändischen Kellnerinnen sprechen hervorragendes Englisch mit eindeutig britischem Zungenschlag.

Hinten im Schankraum, ein wenig lieblos in die Ecke gequetscht und nicht sonderlich gepflegt im Sinne von poliert und zur Schau gestellt, steht die kleine Brauerei, auf der zwei Biere entstehen: Das Pilsner 33 und das Pride Cream Bitter. Das Pilsner ist sehr hell, nur leicht trüb und von einer deutlichen Hopfenbittere geprägt. Wenig Hopfenaromen, von den angeblich verwendeten Aromahopfen merkt man nichts; stattdessen ein Hauch von Säure. Das Bitter ist von kräftig dunkler Farbe und macht seinem Namen Ehre deutliche Bitterkeit, kräftiger Geschmack. Aber auch hier ein ganz leichter Hauch von Säure. Bei beiden Bieren noch nicht wirklich störend, aber doch bei konzentrierter Verkostung eindeutig identifizierbar.

Miniatur (2)Das dritte hier angebotene Bier, das Londoner Splitter, ist gar kein eigenes Bier, sondern lediglich eine Mischung aus halb Pilsner und halb Bitter.

Neben den beiden hauseigenen Bieren wartet The Londoner noch mit einige interessanten Bieren aus anderen Ländern auf, unter anderem mehrere Sorten der Brauereien Rogue und Anderson Valley, die origineller Weise in einer Art kleinen Einweckgläsern mit Schraubverschluss getrunken werden. Natürlich schenkt man auch Konzernbiere aus (Heineken, Hoegaarden, …). Die Küche reicht vom klassischen britischen Snack bis hin zu thailändischen, aber leicht europäisierten Gerichten.

Das Publikum ist zu großen Teilen britisch, leider auch zum Teil von unerträglicher Arroganz gegenüber dem wirklich freundlichen Personal. Unangenehm. Britain at its best…

The Londoner ist täglich von 11:00 bis 01:00 Uhr geöffnet und mit dem Sky Train problemlos zu erreichen.

Nachtrag 31. März 2016: Das alte The Londoner Brew Pub wurde mittlerweile geschlossen. Es soll im Juni 2016 frisch renoviert unter neuer Adresse wiedereröffnen.

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The Londoner Brew Pub
591 UBC II Building, Basement B 104
Sukhumvit 33, Sukhumvit Road
Klongton Nua
Wattana
Bangkok 10110
Thailand

Rügener Insel Brauerei GmbHRambinDEU

Nagelneu. Das sieht man schon, wenn man auf den Hof fährt. Spätestens aber dann, wenn man den Verkostungsraum betritt und sich einmal umsieht: Die Rügener Insel Brauerei ist vor wenigen Monaten erst eröffnet und von Grund auf neu angelegt worden. Keine Grunderneuerung einer vorhandenen alten Brauerei, sondern komplett neu aufgesetzt.

Miniatur (1)Es ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal auf Rügen war, und heute, am 23. März 2016, freue ich mich, dass die neue Schnellstraße fertig ist, die direkt von der Autobahn mitten auf die Insel führt. Von der Hochbrücke genieße ich die wunderbare Aussicht, und wenige Augenblicke später sehe sich sie auch schon vor mir: Die große Halle der Insel Brauerei, schwarz mit altgoldener Aufschrift und rötlichen Holztoren. Jeden Moment kommt die Ausfahrt, ich freue mich auf einen schönen Brauereibesuch, ein leckeres Bier, ein paar bierige Mitbringsel.

Aber, was ist das? Wo bleibt denn die Ausfahrt? Die Halle zieht an mir vorbei, die Straße führt unbeirrt weiter nach Norden. Keine Ausfahrt. Und während die Brauerei langsam im Rückspiegel verschwindet, denke ich, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen ist, die schöne neue Schnellstraße zu nehmen… Kilometer um Kilometer. Wo bleibt denn die verdammte Ausfahrt?

Unendlich lang ziehen sich die Minuten, gefühlt müsste ich den Nordrand der Insel jeden Moment erreicht haben… Ah, endlich, hier geht es von der Schnellstraße runter. Zweimal links, und langsam, jetzt auf der alten Hauptstraße, rolle ich wieder zurück in Richtung Süden. Und ja, da taucht sie erneut auf, die Halle, und diesmal komme ich auch zur Hofeinfahrt, rolle langsam auf dem knirschenden Kies aus. Rund zehn Kilometer Umweg liegen hinter mir.

Miniatur (2)Innerlich murrend stapfe ich zum Verkostungsraum, aber meine Laune bessert sich zusehends, je näher ich komme. Ich gehe durch die Glastür und bleibe erstmal staunend stehen. Rechts neben mir eine auf Hochglanz polierte Kupferdestille, links rustikale Holzkisten, die zu einem großen Regal zusammengestellt sind und hunderte von Bierflaschen präsentieren, jede einzelne schmuck in Papier eingewickelt. Dazwischen Holzfässer als Deko, und dahinter Holztische und -bänke, auf denen man es sich zum Biertrinken gemütlich machen kann.

Ein paar Schritte weiter in den Schankraum hinein die lange Theke, hinter der Theke, gelblich angestrahlt, das stählerne Sudwerk. Mächtig thront die Brauerei dort, blickt hinab auf ihre Besucher, die die Hälse recken, um Details erkennen zu können. „Geschickt präsentiert“, denke ich, und registriere, dass in die hintere Stirnwand des Raums kleine Schaufenster eingelassen sind, durch die der Besucher Schrotmühle, Malzlager, kleine Gärtanks und das Hopfenlager sehen kann. Alles sorgfältig beschriftet.

Miniatur (4)Ich gehe zur Theke und bestaune die lange Reihe der präsentierten Biere. Zwölf Sorten gibt es hier ungewöhnliche und in Deutschland eher selten gebraute Biere. Der Barmann fragt mich, ob ich etwas probieren möchte, und ich entscheide mich für ein kleines Glas Ãœbersee-Hopfen. „Ein sehr trockenes, sehr bitteres Bier, mit australischem Hopfen“, erklärt er mir, während er mir das Glas einschenkt und einen passenden Bierdeckel heraussucht. Zu jedem Bier gibt es einen passenden Deckel, der die wichtigsten Informationen über das Bier enthält.

Ich suche mir einen Platz und genieße mein Bier. In der Tat. Knochentrocken, knackig bitter. Ein schönes Bier, gefällt mir. Gut gelungen.

Aber die Brauerei interessiert mich dennoch. Ich mache einen langen Hals. „Geh‘ doch einfach rein und schau Dir die Brauerei genau an, hier ist die Tür“, fordert mich der Barmann auf. „Dann kannst Du durch die Glasscheibe hinten auch in die offenen Gärbottiche kucken, die in der Halle stehen!“

Miniatur (3)Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Jacke und Bierglas bleiben liegen, Fotoapparat kommt mit, und ich schaue mir das Sudwerk näher an. Es wird gerade gebraut. Durch die gläsernen Deckel kann ich in den Läuterbottich sehen, wie dort der Flüssigkeitsspiegel langsam sinkt. Daneben die Sudpfanne, ebenfalls mit einem gläsernen Deckel. Hier sammelt sich schon die klare Würze, Schaumbläschen schwimmen träge im Kreis.

„Das wird eines unserer Sauerbiere“, schreckt mich eine Stimme auf. Brauer Sebastian steht hinter mir. „Wir lassen die Würze nach dem Abkühlen ein, zwei Tage stehen und impfen sie mit Milchsäurebakterien, bevor es mit den nächsten Schritten des Brauprozesses weitergeht. Das blockiert uns natürlich das Sudwerk für eine Weile, insofern müssen wir diese Sauerbiere immer genau einplanen, in Phasen, wo wir Zeit haben und das Sudwerk nicht schon für das nächste Bier genutzt werden soll.“

Ich staune. So ein großer Aufwand! „Ja, Aufwand betreiben wir mit allen unseren Bieren. Das letzte, woran wir beim Brauen denken, ist Zeit und Rohstoffe, Arbeit und Personal zu sparen. Stattdessen konzentrieren wir uns darauf, wirklich jedes Detail des Brauprozesses so zu gestalten, dass es dem Bier guttut.“

„Im Resultat sind natürlich unsere Biere nicht ganz billig“, fügt er noch hinzu und wendet sich wieder seiner Arbeit zu, während ich zurück in den Schankraum gehe. „Naja, wenn dann alle Biere so gut schmecken wie das Ãœberseehopfen, dann soll der Aufwand wohl gerechtfertigt sein“, denke ich.

Während mir der Barmann nun von jeder Sorte eine große Flasche zusammenstellt, sehe ich mich noch einmal um. Schön hier. Geschmackvoll eingerichtet, ansprechend. Direkt nebenan die Alte Pommernkate mit Fischräucherei, Bäckerei und Café, Abenteuerspielplatz und großem Biergarten. Ein Ausflugsziel für die ganze Familie. Prima!

Die Rügener Insel Brauerei GmbH ist täglich von 10:00 bis 19:00 Uhr für Besucher geöffnet. Die Anfahrt ist, wenn man die alte Hauptstraße benutzt, völlig problemlos; Parkplätze gibt es direkt vor der Tür reichlich. Und auch mit der Bahn ist die Anreise einfach; der Bahnhof Rambin ist gerade mal hundertfünfzig Meter entfernt.

Nachtrag 30. März 2016: Ein paar nachdenkliche Bemerkungen nach der Verkostung der mitgenommenen Biere. Die elf verschiedenen Sorten (eine war gerade ausverkauft gewesen), die ich mitgenommen habe und die wir daheim in Ruhe verkostet haben, waren durch die Bank gute und solide Biere. Aber außer dem Ãœberseehopfen vermochte keines mich so richtig zu begeistern. Bei allen Bieren hatten wir das Gefühl, dass es besser gewesen wäre, sie noch eine Weile, ein paar Wochen, Monate gar, stehen und reifen zu lassen. Waren nach der beeindruckenden Besichtigung meine Ansprüche nun zu hoch geworden? Alle Biere wiesen ein Haltbarkeitsdatum zwei Jahre nach Abfüllung auf; und die Abfüllung lag gerade mal ein paar Tage oder wenige Wochen zurück. Vielleicht sollte man beim Verkauf (oder auf der Flasche) darauf hinweisen, das Bier noch eine Weile kühl und dunkel stehen und nachreifen zu lassen?

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Rügener Insel Brauerei GmbH
Hauptstraße 2c
18 573 Rambin
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland

Stara Komenda BrowarSzczecinPOL

Private Weißbierbrauerei G. Schneider & Sohn GmbH

Ãœber viele Jahre hinweg hatte Szczecin (Stettin) als einzige der großen Städte in Polen (mit immerhin fast einer halben Million Einwohner) keine Gasthausbrauerei. Zwar gab es am südlichen Stadtrand die Brauerei Bosman, aber als Teil eines internationalen Konzerns und als Großbrauerei mit einem recht uninteressanten Produktportfolio konnte sie die Ansprüche der Bierliebhaber in der Region natürlich nicht erfüllen.

Seit dem 20. September 2011 ist das nun anders: Pünktlich um 12:00 Uhr mittags öffnete die Gasthausbrauerei Stara Komenda („Alte Kommandantur“) ihre Pforten.

MiniaturIn dem fast anderthalb Jahrhunderte alten, schlichten klassizistischen Gebäude war in vergangenen Zeiten die regionale Militärkommandantur untergebracht, und so lag es nahe, die Brauerei hinter der denkmalgeschützten Fassade eben nach dieser Kommandantur zu benennen. Von außen nur durch ein einfaches und unauffälliges Schild über dem Eingang gekennzeichnete, befindet sich im Inneren ein Lokal im modernen Loft-Stil. Sichtbeton, unverputzte Ziegelwände und eine offene Innenarchitektur über zwei Stockwerke vermitteln eine angenehme Räumlichkeit. Von den Tischen an der Galerie im oberen Stock blickt man direkt hinunter auf die große Bar und die kupfern glänzende, polierte Kaspar-Schulz-Sudanlage, die mit aufgrund der Höhe des Raumes überlangen Brüdenabzügen etwas ungewöhnlich proportioniert ausschaut.

Die moderne Innenarchitektur im Loft-Stil als solche wäre nun noch kein Alleinstellungsmerkmal für eine Gasthausbrauerei in Polen; bemerkenswert ist und offensichtlich wirklich innovativ in diesem Land die kleine Bar mit Sitzbereich unmittelbar am Eingang. Der vorübereilende Gast, der keine Zeit oder Lust hat, sich erst einen Tisch zu suchen und sich bedienen zu lassen, sondern vielleicht nur mal eben auf dem Weg von der Arbeit nachhause ein leckeres Bier zischen möchte, kann sich hier im Eingangsbereich hinsetzen oder stellen und bei einem schnellen Genuss für einen Moment entspannen. Eine gute Idee, und es bleibt zu hoffen, dass sie auch angenommen wird.

Das Wichtigste an einer Brauerei ist natürlich nicht die Innenarchitektur, sondern das Bier und hier setzt die Stara Komenda zunächst einmal sehr ordentliche Maßstäbe. Das Helle ist erfrischend, kräftig gehopft mit einer deutlich herben Note und leider selten genug bei einer Gasthausbrauerei auch lange und kalt gelagert. Das schmeckt man, und das freut einen. Das Bernstein („Bursztynowe“) macht farblich seinem Namen alle Ehre und erinnert an ein kräftig gehopftes Zoigl-Bier. Im Antrunk noch süßlich, malzig und mit runden, karamelligen Noten macht sich nach einem Moment eine kräftige, aromatische, aber nicht zu blumige, sondern frische und herbe Hopfenbittere breit, die im Abgang einen Moment nachklingt. Ein sehr schönes, aber auch mutiges Bier, und es bleibt abzuwarten, ob es von den Gästen angenommen wird. Als drittes im Bunde finden wir ein helles Hefeweizen mit einem hervorragenden, bananigen Geruch, allerdings auch mit einem gewissen Mangel an Vollmundigkeit. Nicht schlecht für den Anfang, aber auch keine Offenbarung.

Damian Kunach, der Eigentümer der Stara Komenda, beabsichtigt, das Helle und das Bernstein als Standard-Biere beizubehalten und das dritte Bier als Saisonbier zu brauen nach dem Weizen für den Spätsommer demnächst vielleicht ein Schwarzbier. Und neben neuen Bierrezepten hat er auch Pläne für eine Erweiterung der Stara Komenda. Noch in diesem Jahr soll eine Dachterrasse entstehen, die weiteren Gästen Platz und einen herrlichen Blick über die Stadt und den Fluss bieten soll bei Kälte gerne auch mit Heizstrahlern.

Die Stara Komenda ist täglich ab 13:00 Uhr durchgehend geöffnet. Man kann zwar direkt davor parken, aber auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist sie problemlos erreichbar. Innerorts mit fast allen Bus- und Straßenbahnlinien, die etwa 300 m entfernt am Brama Portowa halten; von außerhalb mit dem Fernzug, denn vom Hauptbahnhof Stettin sind es, wenn man den Hinterausgang nimmt, ebenfalls nur 300 m zu Fuß.

Nachtrag 19. Januar 2012: Nachdem die Brauerei Stara Komenda nach ihrem Start offensichtlich von ihrem eigenen Erfolg überrascht war, wirkte sich dies vorübergehend gewaltig auf die Bierqualität aus. Bernstein gab es gar nicht, das Hefeweizen war untrinkbar, und statt des eigenen Hellen wurde dem Gast offensichtlich Industriebier angeboten Vermutungen gingen in Richtung Bosman aus der örtlichen Großbrauerei. Dieser „Durchhänger“ war zum Glück nur von kurzer Dauer, und nachdem es um Weihnachten herum ein besonderes Bier gab (Dunkles, mit leichten Rauchnoten), kehrte die Stara Komenda zu Beginn des Jahres 2012 zum Standardangebot „Hell Bernstein Weizen“ zurück. Nicht originell, aber wenigstens handwerklich ordentlich gemacht. Zahlreiche Veranstaltungen, wie zum Beispiel regelmäßige Livemusik am Donnerstagabend, füllen die Gasthausbrauerei, und üblicherweise herrscht hier abends hervorragende Stimmung.

Nachtrag 5. Mai 2012: Seit dem Frühjahr 2012 öffnet sich Damian Kunach vorsichtig neuen Bierstilen und beginnt, ein wenig zu experimentieren. Dabei holt er sich gelegentlich auch Rat bei den Hausbrauern im Raum Stettin oder plant sogar, zusammen mit ihnen mal einen besonderen Sud einzubrauen.

Nachtrag 8. Juli 2012: Mittlerweile ist es soweit. Beginnend mit einem American Ale wurde eine Reihe besonderer Biere eingebraut: Porter, Märzen und Witbier, alles Biere, die das Standardangebot als Saisonbiere erweitert haben. Und wie speziell das American Ale entstanden ist, nämlich in Zusammenarbeit mit mir und auf Basis eines meiner Rezepte, das zeigen einige der Bilder im unten verlinkten Album.

Nachtrag 12. März 2015: Derzeit im Angebot: Ein Kellerbier, das auf Eichenchips gereift wurde. Und zwar in zwei unterschiedlichen Versionen, die sich in Anzahl der Eichenchips und in Lagerdauer unterscheiden. Spürt man beim ersten die holzigen Aromen eigentlich nicht, sondern genießt ein kräftig-aromatisches Kellerbier, so kommen beim zweiten feine Vanille- und Holzaromen sowie ein leichter Gerbsäure-Effekt zum Tragen. Schön!

Nachtrag 14. März 2015: Anlässlich des Finales des diesjährigen Stettiner Hausbrauwettbewerbs, dessen Verkostung wie in den letzten Jahren immer, hier im Keller der Stara Komenda stattfand, ein erneuter Besuch. Gutes Essen, sehr netter Service, die Standardbiere schmackhaft.

Nachtrag 23. März 2016: Ach, die gute, alte Stara Komenda. Wann immer wir hierherkommen, selbst wenn es nur einmal im Jahr ist, ist es wie ein nach Hause kommen. Es beginnt mit der freundlichen Begrüßung durch die Kellnerinnen und den Barmann, herzlich, als wären wir erst vorige Woche das letzte Mal dagewesen, geht weiter mit der heimeligen Atmosphäre, dem bequemen Sofa mitten im Schankraum, den alten Bücherregalen, dem Schreibtisch mit der alten Schreibmaschine, der Urkunde „Mikrobrauerei des Jahres 2013“ an der Wand und endet mit den vertrauten Gesprächen mit Eigentümer und Brauer Damian Kunach. Und natürlich seinen ausgezeichneten Bieren.

Miniatur (2)Nichts Wesentliches hat sich hier verändert seit unserem letzten Besuch. Die nette ältere Bedienung hat ihre Haare anders gefärbt, aber das ist auch alles. Das Essen ist unverändert preiswert und gut, lecker zubereitet und insbesondere als Mittagstisch während der Woche preislich unschlagbar. Das Bursztynowe, das Bernstein-Bier, unverändert knackig hopfig und trotzdem richtig süffig, und neben Hellem, Bernstein und Weizen gibt es unverändert eine vierte Sorte, die mittlerweile stetig wechselt.

Und wie wir so mit Damian klönen, erfahren wir, dass es doch etwas Neues gibt in der Stara Komenda: Der junge Stettiner Hausbrauer Filip Mazur braut hier mittlerweile recht regelmäßig die Sonderbiere. Zuverlässig und gut. Und so regelmäßig, dass es heute sogar eine Ãœberschneidung zweier Sonderbiere gibt. Ein paar Reste des Arabica Stout sind noch da, ein mit Kaffee versetztes, duftiges und tiefdunkles Stout. Würzig und bitter. Und das neue Scotch Ale, Scottish Terrier, ist ebenfalls schon als Sonderbier im Ausschank. Schlank, trocken, dunkle, mit dem Hauch einer metallischen Note. Beides gut trinkbare, leckere Biere. Für Damian eine kleine Herausforderung, denn er hat nur vier Zapfhähne an der Theke, und für die Restbestände des Arabica Stout, das fünfte Bier also, hat er separat im Eingangsbereich einen Zapfhahn beschicken müssen. Mit dem Resultat, dass die Kellnerinnen für dieses Bier jedes Mal einen kleinen Gang quer durch die Brauerei antreten müssen und mit dem vollen Bierglas überraschend „von hinten“ auftauchen.

Entspannt fläzen wir uns auf das Sofa, genießen die bunte Mischung der Gäste, das Stimmengewirr, das gute Bier. Stress und Hektik der Großstadt weit weg, „prawie jak u siebie“, „fast wie bei sich zuhause“!

Bilder

Stara Komenda Browar
Plac Batorego 3
70-207 Szczecin
Polen