Les Brasseurs GenèveGenfCHE

Reichtum und Schweizer Perfektion, das zeichnet Genf einerseits aus, andererseits findet man aber auch lustlose Langeweile, und letzteres leider gerade in der Bierszene der Stadt.

Neben der Brasserie du Molard, in der ich gerade eben ein Bier getrunken habe, finde ich auf die Schnelle nur noch eine weitere Gasthausbrauerei, und zwar Les Brasseurs Genève. Nichts Besonderes, nichts, was wirklich den Aufwand einer längeren Anreise oder eines größeren Umwegs wert gewesen wäre, aber immerhin: Eine Brauerei. Mehr aber auch nicht.

Nur ein paar Schritte vom Hauptbahnhof der Stadt entfernt bietet sie bierige Dutzendware. Les Brasseurs, das ist eine kleine Kette von Gasthausbrauereien mit Niederlassungen unter anderem in Nyon, Lausanne, Neuchâtel, Sion und eben hier in Genf, wo alles im Jahr 1997 seinen Anfang nahm. Eigentlich ja eine gute Idee. Man gestaltet sich ein Konzept für eine Gasthausbrauerei, bringt das Bier und seine Entstehung also hin zu den Menschen, hinein in die Städte. Leckeres Essen, ein Design mit viel Bierbezug und die Braukessel und Lagertanks mitten im Schankraum, so dass die Menschen das Gefühl haben, genau dort zu sitzen, wo ihr geliebtes Getränk gerade entsteht.

Eigentlich eine tolle Idee, und es gibt viele Gasthausbrauereien, die dieses Konzept auch sehr erfolgreich umsetzen.

Warum aber, und das geht mir beim besten Willen nicht in den Kopf, warum aber müssen die meisten dieser Gasthausbrauereien nicht nur langweiliges, sondern sogar objektiv schlechtes Bier anbieten? Bier, dem man anmerkt, dass es lustlos gebraut worden ist, aus möglichst preisgünstigen Zutaten huschhusch zusammengeschustert, und und das ist das Schlimmste von allem! nicht ausreichend lange gelagert, sondern noch grün ausgeschenkt wird. Da werden gewaltige Summen in die Gastwirtschaft investiert, teure Möbel angeschafft, noch teurere Designer mit Ideen zu durchgängiger Corporate Identity beauftragt und astronomische Mieten in besten Lagen bezahlt. Und dann fehlt es an dem verhältnismäßig kleinen Geld für ein paar anständige, gekühlte Lagertanks? Ich verstehe es nicht.

MiniaturUnd so drehen sich meine Gedanken auch genau um diese Frage, als ich an meinem kleinen Tisch auf dem Bürgersteig, dem Trottoir, vor dem Brauhaus Les Brasseurs in Genf sitze, an einem der ersten warmen Frühlingsabende im April. Vor mir ein Brettchen mit fünf kleinen Gläsern ein Probierbrettchen der hier gebrauten Biere. Hübsch dekorierte Tischchen, bunte Bierdeckel in vielen verschiedenen Farben, und darauf die fünf Probiergläser. Fünf Sorten das ist nicht wenig. Definitiv mehr als das todsterbenslangweilige Triplett Hell Dunkel Weizen in den meisten Brauereien.

Vor dem ersten Schluck hat also noch alles gestimmt.

Naja, fast alles. Denn wenn die Bedienung die Probiergläser einfach so auf den Tisch knallt und noch nicht einmal den Versuch startet, zu erklären, welches Bier sich nun in welchem Glas befindet, dann zeugt das schon von einer gewissen Unlust. Und ein weniger versierter Biertrinker mag nun wirklich rätseln, welches Bier nun das Blonde, welches das Blanche ist. Oder umgekehrt.

Ich beginne von links und erwische als erstes bereits das La Bras’scott, ein Bier mit Whiskymalz. Ein leichter rauchig-torfiger Geruch, ein Hauch von Whiskygeschmack auf der Zunge, aber vorwiegend ein süßlicher, mastiger Malzgeschmack von Münchner Malz. Hohe Restsüße und leicht muffige Aromakomponenten tun das ihrige, und ich bin enttäuscht. Keine klare Reinheit, kein sauber akzentuiertes Bier, sondern dumpfe Lustlosigkeit.

Es folgt das Ambrée double malt. Es schmeckt wie das Jungbier aus meinem Gäreimer daheim, noch bevor ich das Bier auf Flaschen fülle und lagern lasse. Süßlich, malzig, mild, aber eben auch leicht muffig. Keine Frische, die Lust auf’s Weitertrinken macht.

La Blanche de froment. Ein bisschen besser. Koriander und Orangenschalen peppen das Bier ein wenig auf, machen es fruchtiger und spritziger. Noch lange kein gutes Bier, aber wenigstens mal eins, bei dem ich das Glas gerne leer trinke.

Das Blonde pure malt. Kann man ein Bier fast ohne Hopfen brauen? Offensichtlich. Süßlich und matt schwappt es im Glas, kein einladendes Aroma, keine große Rezens. Was für ein Elend.

Und schließlich das L’Agave et cîtron vert. Mit Limone und Agave versetzt, ein leichtes Tequila-Aroma. Es verleiht dem Grundbier immerhin ein wenig Frische, kitzelt den Gaumen gerade so viel, dass man nicht völlig die Lust am Bier verliert. Ähnlich wie beim Blanche, das auch nur durch die fruchtigen Zutaten an Charakter gewinnt.

Eigentlich ja ein Offenbarungseid auf ganzer Linie, wenn lediglich die beiden aromatisierten Biere so etwas wie Lust auf den nächsten Schluck wecken, die anderen, nur mit Malz und Hopfen gebrauten jedoch muffig und dumpf daherkommen, noch nicht ausreichend gelagert und gereift sind und sich nach Leibeskräften bemühen, den Bier-Aficionado zu vergraulen.

Ach, Genf. So schön die Stadt sein mag, aber wenn dies typisch für die hiesige Bierszene sein soll, dann möchte ich hier nicht leben müssen…

Les Brasseurs Genève haben täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Bei gutem Wetter werden Tische auf den überbreiten Bürgersteig vor dem Lokal gestellt. Zu erreichen ist die kleine Gasthausbrauerei problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln sie liegt gerade einmal 80 m ostwärts vom Hauptbahnhof.

Bilder

Les Brasseurs Genève
Place Cornavin 20
1201 Genf
Schweiz

Brasserie du MolardGenfCHE

Es gibt Ecken in Genf, da stinkt diese Stadt vor Geld. Oder, eigentlich müsste man es andersherum formulieren: In einigen, wenigen Ecken von Genf stinkt diese Stadt nicht vor Geld.

Das mag man gut finden, oder auch nicht, aber was mich fasziniert, ist, worauf die stinkreiche Klientel Wert legt, und worauf nicht. Stundenlang können die neureichen Russen darüber diskutieren, mit welchem Material sie die Säulen zu ihrer Garageneinfahrt verzieren. Welche Art Marmor darf es denn sein? Oder doch lieber eine ganz besondere Sorte Schiefer?

Und dieselbe Gruppe Menschen beobachte ich dann, wie sie in einem piekfeinen Restaurant zum Essen ein Heineken-Bier in sich hineingießen. Und noch besser, der Zufall will es so: Dieselben vier „Geschäftsleute“ wollen sich offensichtlich nach dem teuren Restaurantbesuch noch etwas Volkstümliches gönnen und kehren in der Brasserie du Molard ein, der kleinen Brauerei, in der ich heute den frühen Abend verbringe. Lautstark, selbstbewusst, rücksichtslos entern sie den Schankraum und bestellen mit einer herrischen Geste vier große Bier bei der netten Kellnerin hinter der Theke. Vier Bier. Keine Frage, was für welches, ob es überhaupt verschiedene Sorten gibt, einfach nur das Erstbeste.

„So, so“, denke ich mir, „wenn es darum geht, die Nachbarn zu beeindrucken, Außenwirkung zu erzielen, dann seid Ihr bereit, stundenlang zu diskutieren, aber wenn es um Euren eigenen Körper, Euren eigenen Genuss geht, dann ist es eigentlich völlig egal, was man zu sich nimmt. Einfach nur irgendein Bier. Wird schon passen.“ Es passt zum Bild dieser Stadt.

Offensichtlich scheinen dies aber fast alle Menschen in Genf zu machen, anders kann ich mir die Qualität des Biers hier in der Brasserie du Molard nicht erklären… Drei Sorten gibt es, Blonde, Ambrée und Blanche. Die Schweizer Variation des ewig gleichen Tripletts Hell, Dunkel, Weizen…

Das Hell, also das Blonde, schmeckt süßlich, unausgereift, nur wenig hopfenbitter. Dutzendware, wie man sie in den Gasthausbrauereien der Welt antrifft, wenn die Lagerkapazität knapp ist, der Umsatz hoch, die Lust an der Bierqualität gering und das Publikum wenig anspruchsvoll. Bier, das merkwürdigerweise immer in höchsten Tönen gelobt wird, egal, ob es Fehlgeschmäcker aufweist oder gar hart an der Grenze der Trinkbarkeit ist. So auch am Nachbartisch, bei den vier Geschäftsleuten. Große Gläser, eine Runde nach der anderen.

An meinem Tisch folgt auf das Blonde das Ambrée, ein leicht bräunliches, deutlich melanoidinig schmeckendes Braunbier, ebenfalls viel zu jung und unausgegoren wirkend. Ich bin nicht glücklich und entschließe mich dazu, das Blanche jetzt nicht mehr zu probieren. Keine Lust mehr auf Bier für heute …

MiniaturIch lasse noch einmal meinen Blick durch die Brauerei und die Schankstube schweifen. Es ist ja ganz nett und gemütlich eingerichtet. Typisch französischer Stil, bunte Dekorationen, die Tanks stehen dekorativ direkt neben der Theke, das Sudwerk ebenfalls gut einsehbar direkt dahinter. Es könnte so schön sein, wenn nicht ausgerechnet das Wichtigste, was es in einer Brauerei gibt, das Bier nämlich, so grauenvoll durchschnittlich, uninteressant und lieblos gebraut wäre. Wirklich schade.

Aber so scheint es in dieser Stadt zu sein. Die Bierqualität interessiert nur am Rande, weil man mit ihr die Nachbarn nicht beeindrucken kann. Die Reichen haben besseres im Sinn …

Die Brasserie du Molard ist täglich ab der Mittagszeit durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Aufgrund der zentralen Lage ist sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos zu erreichen; die Bushaltestelle Métropole, an der fast alle Buslinien der Stadt halten, ist gerade 200 m entfernt.

Bilder

Brasserie du Molard
Place du Molard 9
1204 Genève
Schweiz

Schinkels Back- und BrauhausWitzenhausenDEU

Es regnet in Strömen. Lustlos schlappe ich vom Parkplatz in Richtung Witzenhausener Altstadt. Wie schön hatte ich mir das vorgestellt. Eine lange Autobahnetappe, einmal die A7 längs. Vom Süden bis in den hohen Norden Deutschlands. Und dann einen netten Zwischenstopp in Witzenhausen. Ein gemütlicher Spaziergang durch die hübsche, kleine Fachwerkaltstadt, die pittoresken Fassaden in den engen Gässchen bewundern, und anschließend eine Einkehr in Schinkels Back- und Brauhaus.

So hätte es sein sollen.

Und jetzt?

Strömender Regen!

Ich verzichte auf den kulturellen Anteil meines Zwischenstopps, setze die Witzenhausener Altstadt auf die Liste der Dinge, die ich irgendwann man in einem anderen Leben noch erledigen möchte, und kehre direkt im Schinkel ein. Mittagszeit.

Das eigentliche Brauhaus steht in der Walburger Straße, etwa 500 m außerhalb der Altstadt, im Anbau eines kleinen Häuschens. Große Schaufenster geben den Blick frei auf die kupfernen, polierten Kessel eines Kaspar-Schulz-Sudwerks. Zwar in gewisser Weise „von der Stange“, aber doch immer wieder schön anzusehen. Solide und edel, beste Brautechnik. Robust und nicht billig. Niemand ist zu sehen, es ist Sonnabend, Wochenende, niemand arbeitet. Natürlich nicht. Nur Euer Chronist ist wieder mal auf Achse, von der letzten beruflichen Tätigkeit unterwegs zur nächsten.

Ich mache ein paar Bilder durch die zum Glück sauberen! Scheiben, und dann geht es durch den Regen weiter, jetzt aber wirklich in Richtung Altstadt.

MiniaturUnd da ist er auch schon, der Ausschank von Schinkels Back- und Brauhaus. Zwischen einem Hotel und einem, wenn ich es richtig sehe, Wohnstift; ein wenig eingezwängt und auch ein bisschen improvisiert wirkend. Eher Gartenlaubenatmosphäre. Ganz anders als das edle Sudwerk eben. Ein einfach, aber nicht unsympathisch möblierter Biergarten, der jetzt, im Regenschauergrau, natürlich trist wirkt. An einem der Tische ein Fassdeckel mit drei darin installierten Zapfhähnen. Es sieht aus, als könne man sich hier bei gutem Wetter direkt am Tisch mit drei verschiedenen Biersorten bedienen. Die Leitungen angeklemmt, Druck auf die KEGs, und auf geht’s. Lasst das Bier strömen!

Ehe mir die Klamotten aber ganz durchweichen und der Fotoapparat in der Nässe den Geist aufgibt, verziehe ich mich schnell nach drinnen. Links der Raucherbereich. Man hört Würfelbecher knallen, laute Stimmen, hier geht es mittags schon zur Sache. Rechter Hand eine Laube mit Sitzgelegenheiten, dahinter ein einfacher Raum, trocken und warm. Ein einfacher Holzanbau, wie es scheint.

Die Bierliste liegt auf dem Tisch, ein Klemmbrett mit ein paar DIN-A-4-Seiten. Daneben die gleichen Biere noch einmal in einer bunt gedruckten Bierfibel. Ich bin überrascht, wie groß das Angebot ist. Sieben Biersorten zähle ich. Neben Bio-Pilsener, Bio-Weizen und Dunkel (nicht bio), also dem klassischen Brauhaus-Triplett, gibt es noch Bio-Bockbier, Brown Ale, Indian Pale Ale (mit einem „n“ zu viel) und Kirschbier (jenseits des Reinheitsgebots!). Dazu deftige und preiswerte Speisen.

Ich schiele auf den Nachbartisch und sehe gewaltige Portionen. Riesenmengen Fleisch und dicke Sahnesoßen; die Gäste ächzen und schwitzen, schaufeln und stopfen, haben sichtlich Spaß, sich zu mästen.

Ich habe noch einige Kilometer vor mir und will meinen Magen nicht bis zum Geht-nicht-mehr vollstopfen, bestelle lediglich mit Käse überbackenen Spinat und ein India(n) Pale Ale. Zu meiner Ãœberraschung wird das Bier in der Flasche serviert. Die speziellen Sorten habe man nicht im Fass, das lohne sich nicht, erklärt die Kellnerin.

Das Essen kommt. Ein gusseisernes Pfännchen, mit einem Berg Spinat, darüber eine zwei Daumen dicke Schicht Käse. Ausreichend Kalorien für eine komplette Arbeitswoche. Lecker, aber viel zu viel. Schweren Herzens lasse ich die Hälfte stehen.

Das Bier eine ordentliche Interpretation des Bierstils. Schön hopfig, aber nicht übertrieben, auch im Alkohol mit 5,5% nicht zu stark. Trotzdem, ich trinke das kleine 0,33-l-Fläschchen nicht ganz aus, ich muss noch fahren. Sicher ist sicher. Aber das Etikett lese ich ganz und amüsiere mich. Nicht nur, dass es Indian Pale Ale heißt, statt India, nein, es gibt auch eine neue Geschichte über seine Herstellung: „Um die langen Seefahrten zu bestehen, wurde das Bier, ein Pale Ale, mit hoher Stammwürze und unter starker Zugabe von Hopfen direkt im Lagergefäß gebraut.“

„Direkt im Lagergefäß gebraut“? Das habe ich so noch nie gehört und versuche, mir vorzustellen, wie das gegangen sein soll. Aber dann dämmert es mir. Vieldeutigkeit der deutschen Sprache. Eine etwas holprige Satzstellung, ein falscher Dativ, es soll natürlich heißen „unter starker Zugabe von Hopfen direkt in das Lagergefäß“. Der Dativ war in diesem Falle dem Akkusativ sein Feind. Das Weltbild ist wieder geradegerückt und der Herstellungsprozess des India Pale Ale auch wieder unter Kontrolle.

Bleibt noch das rätselhafte Mindesthaltbarkeitsdatum. 316.2016 steht dort kryptisch. Ist wirklich der 31. Juni 2016 gemeint? Und wann soll dieser Tag sein? Ein virtueller Tag, zwischen 30. Juni und 1. Juli? Ach, ich mag nicht grübeln, und ich mag auch nicht lästern. Essen und Bier waren preiswert und gut. Keine Sterneküche und auch kein Bier, dass die Craftbier-Revolution ganz alleine lostreten hätte können, aber trotzdem lecker.

Zufrieden zahle ich und gehe. Hinaus in den Regen, zurück zum Parkplatz. Die schöne Fachwerkaltstadt kann warten. Auf ein nächstes Mal. Irgendwann.

Der Ausschank von Schinkels Back- und Brauhaus ist täglich ab 17:00 Uhr durchgehend geöffnet, sonntags bereits ab 11:00 Uhr. Freitags und sonnabends öffnet man zusätzlich von 11:00 bis 14:00 Uhr, und auf Anfrage für Gruppen oder Veranstaltungen auch montags bis donnerstags von 11:00 bis 14:00 Uhr. Zu erreichen ist der Ausschank problemlos, direkt am Rand der Altstadt; parken etwa 100 m entfernt. Bis zum Bahnhof Witzenhausen auf der anderen Seite der Werra ist es etwa eine Viertelstunde zu Fuß.

Bilder

Schinkels Back- und Brauhaus
Oberburgstraße 10
37 312 Witzenhausen
Hessen
Deutschland

Ellwanger Rotochsen BrauereiEllwangenDEU

Eine kleine und unauffällige regionale Brauerei, außerhalb Ellwangens kaum jemandem bekannt, das ist die Ellwanger Rotochsen Brauerei. Und dabei hat sie doch eine jahrhundertelange Tradition…

Gegründet wurde die Rotochsen Brauerei bereits im Jahr 1680; sie war hervorgegangen aus einer Wirtschaft in der Mitte des Ortes Ellwangen, dem Roten Ochsen, den es bereits seit 1542 gab. Zunächst wurden Brauerei und Wirtschaft am gleichen Ort betrieben, aber in den fünfziger Jahren wurde es in der Innenstadt zu eng, und der Braubetrieb wurde 1960 in einen Neubau am Ortsrand verlegt. Seitdem wird unter der Adresse Alte Steige 4 gebraut, während unter der alten Adresse, Schmiedstraße 16, nun der Brauereigasthof Roter Ochsen betrieben wird.

Die Autobahn A7 ist mal wieder hoffnungslos zu gestaut, und anstatt mich jetzt ungeduldig auf das Lenkrad trommelnd an den Rand eines Nervenzusammenbruchs zu bringen, nutze ich doch lieber die Gelegenheit und fahre ab, suche mir Wege abseits des Staus und genieße das erste Grün in der Frühlingssonne. Na klar, dadurch verliere ich ein, zwei Stunden Zeit, aber es schont die Nerven und bietet Gelegenheit, Neues zu entdecken. Ellwangen, zum Beispiel.

Mitten im Ort steht der Brauereigasthof, ein wenig altmodisch und gutbürgerlich. Eine gute Gelegenheit für ein etwas verspätetes Mittagessen und ein kleines Bier dazu. Außer mir nur wenige andere Gäste. Die Stühle und Bänke aus dunklem, fast schwarzem Holz, auch das Fachwerkimitat an der Wand ähnlich dunkel. Die Tischplatten im Kontrast aus ganz hellem Holz. An der Wand eine riesige Sammlung alter Familienfotos in altmodischen Bilderrahmen.

Die junge Bedienung ist freundlich und schnell, bringt mir eine Portion Obazda und ein kleines Glas Edel-Export. Kräftig golden leuchtend, blitzblank filtriert, mit weißem Schaum steht es vor mir. Ein malziger Geruch, süßlich, keine Spur von Hopfenaroma. Genauso mild und süßlich auch im Antrunk. Rund, nicht zu hoch gespundet, ein Bier für große Schlucke. Klassische deutsche Braukunst. Solide und gut, aber eben auch nichts, was es nicht auch woanders gäbe.

Neben dem Export hätte ich auch noch Stiftsherren-Pils und Hefeweizen vom Fass haben können, oder Kristallweizen, dunkles Hefeweizen und jahreszeitgemäß auch noch Bockbier aus der Flasche. Eine recht ordentliche, aber sehr konservativ-bodenständige Auswahl. „Nein“, lehne ich dankend ab, „Ich muss doch noch fahren, und da sind 0,3 l eines normalen Biers zum kräftigen Essen das Äußerste!“ Die Kellnerin versteht und bringt die Rechnung.

MiniaturLangsam rolle ich wieder aus der Stadt hinaus. Einen kleinen Abstecher möchte ich noch zur Brauerei machen, bevor ich auf der Autobahn wieder mein Glück versuche. Natürlich ist das Tor zu Brauerei schon geschlossen, es ist Freitagnachmittag, Wochenende. Aber über den Zaun sieht man das mittlerweile schon wieder altmodische, damals, 1960 aber neu errichtete Gebäude, und hinter den großen Fenstern sieht man auch die ebenso altmodischen kupfernen Sudkessel. Dunkeltürkisfarbene Fliesen, die großen Räder der Armaturen kupfer- und messingfarben. So, wie man damals halt eine Brauerei gestaltet hat, wie es seinerzeit Mode war.

Auch heute noch nett anzusehen; leider nur über den Zaun hinweg.

Während die Brauerei mit Informationen über mögliche Besuche oder Besichtigungen geizt und eine der minimalsten Websites präsentiert, die überhaupt möglich ist, zeigt sich der Brauereigasthof deutlich informativer und liefert ein paar mehr Daten aus der Geschichte der Brauerei.

Der Brauereigasthof Roter Ochsen ist täglich von 07:00 bis 24:00 Uhr geöffnet; sonntags erst ab 15:00 Uhr. Montags ist Ruhetag. Er liegt in der Fußgängerzone, man kommt aber mit dem Auto recht nahe heran, so man denn einen Parkplatz findet. Eine gute Option ist die Bahn; der Bahnhof liegt gerade einmal fünf Minuten zu Fuß entfernt.

Bilder

Ellwanger Rotochsen Brauerei
Alte Steige 4
73 479 Ellwangen
Baden-Württemberg
Deutschland

Branger Alm Gastronomie GmbHUnterperfussAUT

„Your’re kidding“, behauptet Harvey und schaut mich ungläubig an. Der Amerikaner, mit dem ich gerade ins Gespräch gekommen bin, ist Bierliebhaber wie ich, und gemeinsam waren wir in Gedanken die Brauereien in der Region durchgegangen.

„Maxbräu Oberammergau?“

„Been there! Ettal Klosterbräu?“

„Kenn‘ ich! Murnau?“

„Oh, yes, indeed, Karg and Griesbräu! Great! What about Mittenwald?“

„Ja, war ich auch schon, Brauerei Neuner, eine der höchstgelegenen Brauereien in Deutschland!“

„Okay, then we will find something here, in GaPa!”

“GaPa? In Garmisch-Partenkirchen? Nein, Harvey, da muss ich Dich enttäuschen. Hier gibt es keine Brauerei. Garmisch-Partenkirchen ist ein absolutes Touristenzentrum, in den bayerischen Alpen, aber es gibt keine Brauerei!“

Harvey kann es nicht glauben, und gemeinsam tippen wir auf unseren Smartphones herum, um es zu verifizieren. Und in der Tat. Garmisch-Partenkirchen? Nichts!

„Dann lass‘ uns aus der Not eine Tugend machen“, schlage ich vor. „Das Wetter ist herrlich, wir haben einen Moment Zeit, wir fahren ein Stück nach Österreich rein. Kurz vor Innsbruck gibt es eine Brauerei, in der ich noch nicht war, die Branger Alm. Auf geht’s!“

Bei Postkartenwetter, blühende Kirschbäume im Tal und schneebedecktes Karwendelgebirge links und rechts von uns rollen wir die paar Kilometer nach Österreich. Branger Alm, der Name gefällt Harvey. B-Ranger, spricht er es aus, und erzählt von seinen Zeiten in der Army, als er Ranger war. Was ein B-Ranger denn sei, will er wissen. So eine Art Ranger zweiter Klasse? A-Team und B-Team?

Seufz, ich verdrehe die Augen.

Langsam rollen wir auf österreichischer Seite ins Tal hinunter, zwei Kehren noch, und wir sind da. Die Branger Alm liegt vor uns. Der Parkplatz fast leer, die große, etwas düstere Schankstube auch. Die wenigen Gäste am heutigen Nachmittag sitzen alle im Biergarten, die erste Frühlingssonne genießend.

MiniaturMan sieht der Branger Alm an, dass sie auf gewaltigen Touristendurchsatz ausgelegt ist. Livemusik, Remmidemmi, und dazu fließt das Bier in Strömen. Und da hinten steht sie auch schon, die kleine, kupferne Brauerei. Eng in einen Winkel gezwängt, gerade genug Platz für den hoffentlich nicht übergewichtigen Brauer, um an alle wichtigen Armaturen heranzukommen. Nett anzusehen, aber nichts Besonderes. Eine Standardinstallation.

Wir setzen uns in den Biergarten und werfen einen Blick in die Karte. Genau eine Sorte Bier wird hier gebraut Branger Bräu. Naja, es passt zum Gesamteindruck. Touristenschwemme, viel Bier. Keine Verkostung von irgendwelchen Spezialbieren, sondern große Humpen, Dicke-Backen-Musik, Tanz bis in den frühen Morgen.

Ich bestelle ein kleines Bier, und wenige Sekunden später ist die nette Bedienung schon wieder da, stellt mir einen großen Humpen hin. Ich kucke erstaunt, aber bevor ich etwas sagen kann, klärt sie mich auf: „Nehmen Sie halt Ihr kleines Bier. Sie brauchen es ja nicht ganz auszutrinken. Ich habe aus Gewohnheit ein großes gezapft.“

Da ich noch fahren muss, werde ich in der Tat nur ein paar Schlucke trinken und den Rest stehen lassen müssen. Aber, so leid es mir tut, das sagen zu müssen: Es fällt mir nicht schwer. Das Bier ist süßlich, der Hopfen dient eher zur Zierde der Braukessel, war aber wohl nie in mehr als nur homöopathischer Menge in der Würze, und völlig überspundet ist das Bier auch. Schön anzusehen ist es, aber im Mund hat man nur Schaum und Süße. Ein Ruckzuck-Produkt. Kleine Anlage, großer Durst der Gäste, da wird das Bier so rasch wie möglich umgesetzt. Keine Zeit für eine lange, kalte Lagerung, für eine schöne Kohlensäurebindung. Sprudelig und jung wird es ausgeschenkt.

Schade.

Auch Harvey ist enttäuscht. So hatte er sich das mit dem Ausflug in eine österreichische Gasthausbrauerei nicht vorgestellt. Ist bestimmt schön hier, wenn Party ist, und auch die Rast im sonnigen Biergarten war ja in Ordnung. Die Bedienung war freundlich und blitzefix, die Frittatensuppe lecker … Aber was hilft’s, wenn das Bier nix Dolles ist?

Die Branger Alm ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Als 1. Tiroler Wirtshausbrauerei braut sie das Branger Bräu seit über 20 Jahren. Die Anfahrt mit dem Auto ist kein Problem, sind nur drei Minuten von der A12, Abfahrt Zirl-Ost. Parkplätze stehen direkt vor dem Wirtshaus reichlich und kostenfrei zur Verfügung.

Bilder

Branger Alm Gastronomie GmbH
Unterperfuss 32
6175 Unterperfuss
Österreich