Chimera BrewpubLisboaPRT

Es tut sich was in Lissabon. Zwar mit ein wenig Verspätung, dafür aber mit Macht erwacht in Portugals Hauptstadt das Interesse an gutem Bier. Und so ist es denn auch wenig verwunderlich, dass ich während meines Aufenthaltes hier per Hörensagen täglich neue Adressen bekomme so zum Beispiel die Information, dass vor wenigen Wochen erst eine neue Kleinstbrauerei aufgemacht habe, das Chimera Brewpub.

Miniatur (1)Wenige Minuten sind es nur, die ich von der S-Bahn-Station Alcântara bis zur Rua Prior do Crato zurücklegen muss, und kurz vor dem hübschen Platz Praça da Armada sehe ich schon den kleinen Eingang: Chimera Brewpub, est 2016, steht dort. In der Tat, es hat dieses Jahr erst eröffnet.

Die beiden Torflügel sind geöffnet, und ich betrete einen kleinen Durchgang. Nett dekoriert, ein paar bequeme Sessel, ein paar Hocker, ein paar Tischchen. Aber noch ist es zu heiß, um hier draußen zu sitzen die Sonne steht noch zu hoch. Und überhaupt: Schließlich möchte ich mir erst einmal alles genau ansehen…

Ich gehe also weiter in das eigentliche Pub hinein und bleibe im Eingang erstmal staunend stehen: Ein uralter Gewölbetunnel liegt vor mir, schmal und ewig lang, sauber aus Naturstein und Ziegeln gemauert. Einen Moment dauert es, bis sich meine Augen an die schummerige Dunkelheit gewöhnt haben, und dann sehe ich links und rechts die kleinen, gemütlichen Sitzecken und ganz hinten die Bar. Kleine Nischen in der Wand sind nett dekoriert; die Tische, Stühle und zum Teil einfach nur Polster in den Nischen, auf denen man sitzen kann, laden zum Verweilen ein.

Miniatur (3)Ein Holzgitter trennt den Thekenbereich optisch ein wenig vom großen Gastraum, und hier sehe ich sie auch schon: Die zwölf Zapfhähne. Unwillkürlich geht mein Blick nach oben auf die Wand hinter der Theke, aber Fehlanzeige. Dort, wo ich die obligatorische Kreidetafel mit dem Bierangebot erwarte, sehe ich nichts. Beziehungsweise nichts Informatives. Ich drehe mich um, aber auch auf der gegenüberliegenden Seite keine Kreidetafel, sondern an zwölf kleinen Haken hängend ebenso viele einfache Holzbretter, sorgfältig und kunstvoll beschriftet. Brauerei, Biername, Bierstil, Alkoholgehalt. Aufwändig gemacht und sehr schön!

Raquel Nicoletti zeichnet für diesen schönen Stil verantwortlich. Sie hat ein glückliches Händchen für die Dekoration das Chimera Brewpub ist von allen Bierbars und Brauereien, die ich bisher in Lissabon gesehen habe, das gemütlichste. Und das liegt nicht nur an dem wunderbaren alten Gewölbe, sondern an unendlich vielen, kleinen Details eben auch der künstlerischen Aufbereitung des Bierangebots.

Und eben dieses gilt es nun zu studieren. Vier eigene Biere sind am Hahn und sechs Gastbiere, zwei Hähne sind derzeit nicht belegt. Raquels Ehemann, Adam Heller, steht an der Theke. Der Amerikaner, der schon seit vielen Jahren in Portugal lebt, erzählt mir ein wenig mehr über das Pub und die Brauerei. Der alte Tunnel hätte früher direkt bis in den Palácio das Necessidades geführt und hätte dazu gedient, die Pferde geschützt in den Palast hinein führen zu können. Leider sei der größte Teil des Tunnels mittlerweile eingestürzt und verschüttet, so dass man nur die ersten Meter für das Pub benutzen könne, erzählt er. Wie schön wäre es gewesen, hätte man auch einen unterirdischen Zugang vom Palast, oder könne wenigstens noch große Teile als kühlen Lagerraum nutzen.

Miniatur (2)„Und was war vorher in diesem Tunnel, bevor Ihr die Brauerei aufgemacht habt?“, möchte ich wissen. „Eine Afro-Disco“, mischt sich Raquel jetzt wieder ein. „Kannst Du Dir vorstellen, was für einen Höllenlärm zwanzig Riesenlautsprecher hier in diesem Gewölbe gemacht haben? Und alles ging ungefiltert in die Nachbarhäuser die Steine haben die Vibrationen bis in die Wohn- und Schlafzimmer weitergeleitet.“ Sie lacht: „Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe hier direkt darüber gewohnt…“

„Aber jetzt, die Nutzung als Bierbar und Brewpub die Nachbarn sind so glücklich, dass sie nur noch die Gespräche der Gäste im Innenhof hören, und ab und an mal eine klappernde Tür“, fährt sie fort.

„Und die Braukessel, wo habt Ihr die stehen?“, frage ich neugierig weiter. „Braukessel?“ Adam grinst. „Also, so richtige Braukessel habe ich nicht“, sagt er. „Ich habe ziemlich knapp mit dem Geld kalkulieren müssen, eine luxuriöse Ausstattung kann ich mir in der Anfangsphase nicht leisten, und so braue ich nicht auf einer professionellen Anlage, sondern habe vier Hobbybraugeräte vom Typ Grainfather nebeneinander stehen. Viermal 25 Liter das gibt dann auch schon einen Hektoliter. Und das reicht für diese kleine Bar, denn ich will neben meinen eigenen Bieren ja auch immer spannende Gastbiere anbieten.“

Ich versuche, mir vorzustellen, wie Adam an vier Klein-Sudgeräten gleichzeitig hantiert. Es ist machbar, aber nebenbei etwas Anderes zu erledigen, wie Buchführung oder so, ist dann bestimmt nicht drin. Ständig verlangt eines der vier Geräte irgendwelche Aufmerksamkeit. Aber es ist natürlich schon deutlich preiswerter als eine „richtige“ Brauerei.

Jetzt bin ich aber neugierig geworden, wie denn die Biere schmecken, die auf dem Grainfather entstehen, und bestelle mir ein Bohemian Pilsener, 4,7% Alkohol. Sehr hell, leicht trüb, ein feines, dezentes Hopfenaroma, auf der Zunge dann aber untypisch süßlich, nicht so herb, wie es dem Bierstil entspräche. Aber ein leckeres und sehr süffiges Bier. Als zweites probiere ich das American Dark Lager, mit 5,3% Alkohol ein kleines bisschen stärker. Ebenfalls sehr süffig. Röstnoten nur im Ansatz, schön schlank und mit einem Hauch erfrischender Säure. Ein schönes Sommerbier.

Eine Bierverkostung macht immer Appetit, und so greife ich nach der kleinen Speisekarte. Ein gebackener Ziegenkäse mit Feigenmarmelade und geröstetem Weißbrot eine hervorragende Begleitung zu den Bieren. Das ist genau das, wonach mir der Sinn steht. Lecker!

Zwei Gastbiere probiere ich noch kleine Schlucke nur: Das Fresh Pale Ale von der LX Brewery, das einem Namen alle Ehre macht. Erfrischend, leicht hopfig, ebenfalls ein sehr schönes Sommerbier. Eher enttäuschend dann aber das Weizenbier von Post Scriptum. Etwas dumpf und behäbig kommt es daher, hat so gar nichts Spritziges eines Weizenbiers. Stattdessen wirkt es brotig, mit Noten von frisch angerührtem Teig. Nicht das, was ich erwartet hätte. Trinkbar, das ja, aber ganz gewiss nicht stilecht.

Ein letzter Blick in die Runde, das Lokal beginnt, sich langsam zu füllen. Raquel und Adam haben alle Hände voll zu tun. Viel Glück wünsche ich den beiden sie haben sich viel vorgenommen, aber das Ambiente ist auch herrlich. Wer hat schon das Glück, seine Biere in einem jahrhundertealten Tunnel ausschenken zu können?

Das Chimera Brewpub ist mittwochs bis sonntags ab 17:00 Uhr durchgehend geöffnet; montags und dienstags ist Ruhetag. Neben den bis zu zwölf Bieren gibt es weiter Getränke und eine Reihe leckerer, kleiner Speisen zum Bier. Zu erreichen ist es in gut zehn Minuten vom Bahnhof Alcântara oder mit den Stadtbussen der Linien 713, 714, 727 und 773, die quasi direkt vor der Tür halten, am Praça da Armada.

Bilder

Chimera Brewpub
Rua Prior do Crato 6
Alcântara
1350-261 Lisboa
Portugal

Dois Corvos Cervejeira, Lda.LisboaPRT

Zwei Raben, die sich in einer alten Halle eingenistet haben, so könnte ich sinnbildlich beginnen, aber das würde der lustigen Party nicht wirklich gerecht, auf der ich mich gerade befinde. Heute vor einem Jahr hat die kleine Brauerei Dois Corvos Cervejeira, die Brauerei Zwei Raben, in einer alten Halle im Lissaboner Stadtteil Marvila, ihr erstes Bier ausgeschenkt, und heute wird Einjähriges gefeiert.

Miniatur (1)In dem winzigen Taproom, in dem sich sonst eine Handvoll Bierliebhaber einfindet, die den Blick auf die Braukessel und Lagertanks genießen möchte, die Brauer durch dumme Fragen von der Arbeit abhält und ansonsten begierig die neuesten Kreationen verkostet, ist heute Abend der Bär los. Menschen aller Altersklassen drängen sich vor der Theke, warten geduldig auf ein frisch gezapftes Bier und verteilen sich dann in und vor der Halle, blockieren die Straße, sitzen zwischen den parkenden Autos und auf dem Bürgersteig und genießen das Leben, die Stimmung, den guten Geschmack.

Früher war dies hier ein Weinhandel, der die Nähe des Hafens genutzt hat, um mit portugiesischen Wein zu handeln, aber 2013 entschlossen sich Susana Cascais und Scott Steffens, hier eine kleine Handwerksbrauerei einzurichten. Lissabon war zu diesem Zeitpunkt, wie auch der Rest Portugals, eigentlich eine Bierwüste. Es gab in allen Lokalen guten Wein, aber wenn man ein Bier haben wollte, dann hatte man, wenn überhaupt, gerade mal die Auswahl zwischen den beiden Konzernen Sagres und Superbock mit ihren Produkten. Klar, dass die zwei Unternehmer vorsichtig bis misstrauisch beäugt wurden, als sie mit der Einrichtung der Brauerei begannen.

Miniatur (3)Dem Misstrauen setzten Susana und Scott ihren Optimismus und ihre Erfahrung aus der Brauereiszene in Seattle entgegen. In der Halle wurde ein 8,5-hl-Sudwerk eingerichtet, Platz für genügend Gär- und Lagertanks war vorhanden. Und so blickt der Besucher heute auf eine lange Reihe blitzender Edelstahltanks und ahnt mehr, als dass er sie sieht, die eigentliche Brauerei am Ende der Halle.

Im Sommer 2015 wurde das erste Bier hier ausgeschenkt, und in kürzester Zeit eroberte sich die Marke mit den zwei Raben, Dois Corvos, die Herzen der Lissaboner Bierliebhaber. Drei Standard-Biere sind im Angebot, das Avenida Blond Ale, das Metropolitan Pale Ale und das Galáxia Milk Stout alle drei gut durchtrinkbare, leckere und gefällige Bier mit nicht zu hohem Alkoholgehalt, die sich auch in der Sommerhitze genießen lassen. Aber Dois Corvos wäre keine moderne Craftbier-Brauerei, wenn hier nicht auch unter dem Namen Marvila Series jede Menge spannende Biere entstünden, die die ganze Bandbreite der internationalen Stile abdecken. Ob Saison oder Imperial Porter, ob Double IPA oder Raspberry Sour hier findet jeder Bier-Aficionado etwas für seinen Geschmack.

Dadurch, dass Dois Corvos sich von Anfang in verhältnismäßig großem Maßstab positionierte und auch ein breites Angebot an Flaschen hat, ist die Marke in den noch wenigen Biershops und Bierbars der Stadt präsent, und wer im Lissabon des Jahres 2016 von Craftbier spricht, denkt als allererstes an die beiden Raben.

Miniatur (2)Heute Abend, am 20. Juli 2016, spielen kommerzielle Gedanken und Interessen jedoch keine große Rolle. Es wird ganz einfach gefeiert, getrunken, gelacht. Als einer der letzten Gäste komme ich noch in den Luxus, mir einen Bier-Taster bestellen zu können nur wenig später ist es aufgrund des Gedränges und des Dursts der Besucher gar nicht mehr möglich. Und so genieße ich ein Hello Nasty, ein Sour IPA, das mit der Kombination einer durchaus kräftig ausgeprägten Säure mit knackiger Hopfenbittere zunächst irritiert, dann aber überzeugt. Mit dem Martini folgt ein schön trinkbares und erfrischendes Session IPA, das anschließende Saison Belgian Ale enttäuscht mich allerdings ein bisschen, hier hätte ich mir mehr kantigen Charakter erwartet. Aber das Cadofeita, ein rundes und hopfiges Pale Ale versöhnt wieder, und zum krönenden Abschluss der fünf Probiergläschen begeistert mich das Finistera Lourinha in der Barrel Aged Version. Nur dezente, dafür aber um so schönere holzige Aromen und komplexe, wein- und branntweinartige Noten paaren sich mit der leichten Röstigkeit des Finistera. Ein tolles Bier.

Zum Essen gibt es neben dem heute obligatorischen großen Geburtstagskuchen Sandwiches mit Pulled Pork. Einfach, aber lecker. Und praktisch, um es hier im Gedränge essen zu können.

Bierliebhaber aus der ganzen Stadt sind mittlerweile eingetroffen der kleine Taproom platzt aus allen Nähten. Mit Mühe ergattere ich mir noch ein Galáxia Milk Stout, mit dem ich mich vor der Tür auf einen Betonblock setze und wo ich ein netter Zufall einen Bierliebhaber aus Lettland treffe, denn ich vor rund einem Jahr in RÄ«ga im Biergeschäft Callous Alus / Beerfox zum ersten Mal gesehen habe. Die Welt ist klein 3500 km entfernt trifft man sich wieder. Es gibt viel zu erzählen, und der Abend wird lang…

Die Brauerei Dois Corvos Cervejeira, Lda. hat ihren Taproom täglich ab 14:00 Uhr bis in den frühen Abend durchgehend geöffnet, freitags und sonnabends auch bis weit in die Nacht; kein Ruhetag. Es gibt ein Dutzend verschiedene Biersorten, manchmal auch von befreundeten Kleinbrauern, die man in Tastingflights oder „normalen“ Gläsern verkosten, aber auch im Growler mitnehmen kann. Die Lagerhalle, in der sich die Brauerei befindet, liegt in einer kleinen Nebenstraße eines Industriegebiets, ist aber problemlos zu finden. Mit dem Bus der Linie 728, Haltestelle Rua do Açucar, erreicht man sie in zehn Minuten vom zentralen Praça do Comercio aus, es sind etwa 200 m von der Haltestelle zur Brauerei.

Bilder

Dois Corvos Cervejeira, Lda.
Rua Capitão Leitão, 94
1950-052 Lisboa
Portugal

Duque BrewpubLissabonPRT

Die Calçada do Duque, die Herzoggasse eine dieser wunderbaren kleinen und steilen Gassen, die Lissabon kreuz und quer durchziehen. Mit dem Auto muss man große Umwege fahren, sofern man bestimmte Bereich überhaupt mit dem Auto anfahren kann, aber wenn man zu Fuß unterwegs ist, dann nimmt man eines der kleinen Gässchen und kann sich nahezu in Luftlinie fortbewegen. Wenn man fit ist denn meistens geht es bergauf, die Gassen verwandeln sich in steile, schier endlose Treppen, und bei Temperaturen im Juli von über 30° fließt der Schweiß dann schnell in Strömen.

Miniatur (1)Wie gut, wenn in einem solchen Moment das kleine Schild Duque Brewpub vor dem Stadtwanderer auftaucht. „Cervejaria Artesanal Duque, Est 2015“ steht auf dem schlichten Schild, und ein typischer, mit Fliesen, Azulejhos, verzierter Bogen führt direkt in die kleine Schankstube.

Eine Handvoll Tische und Bänke nur, und zur frühen Nachmittagsstunde nur zwei Gäste, konzentriert schweigend in ihr Bier vertieft, und der Barmann am Tresen im Flirt mit einer bildhübschen Portugiesin, deren blauschwarz glänzendes Haar sich elegant über ihre Schultern legt. Fast möchte ich nicht stören, aber nach meinem langen Spaziergang bin ich jetzt wirklich durstig.

Ich räuspere mich leise, und bitte um eine Empfehlung. „Etwas Leichtes, Erfrischendes hätte ich jetzt gerne“, sage ich, „für eine Hopfenbombe oder ein Genussbier mit mehr als zehn Prozent ist es jetzt noch etwas zu früh.“ Der Barmann lacht und empfiehlt mir ein Pique Nique Saison mit Hibiskus aus der kleinen Lissaboner Brauerei Passarola.

Leuchtend rot, fast schon pinkfarben steht es vor mir im Glas. „A ladies‘ beer“, lästern die beiden Biergenießer vom Nachbartisch breit grinsend, aber mir gefällt‘s. Säuerlich frisch, fruchtig, für den Moment genau das Richtige.

Ich stelle mich wieder an die Bar. Die hübsche Portugiesin steht mittlerweile draußen auf der Straße und raucht, ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, den Flirt zu stören. Mit einem Auge überfliege ich die Kreidetafel, auf der die insgesamt neun Biere aufgelistet sind, die an acht Zapfhähnen und einer englischen Biermaschine angeschlossen sind, mit dem anderen erspähe ich durch die halboffene Tür ein kleines Sudwerk. Winzig nur, aber: Ein Sudwerk. „Kann ich mir das mal näher anschauen?“ frage ich, ohne wirklich zu glauben, dass ich in den Küchenbereich hineingelassen werde.

Miniatur (2)„Klar!“ Pedro, der Barmann und wie sich jetzt herausstellt auch Brauer und Miteigentümer, ist begeistert. Er schiebt die Tür ganz auf und macht das Licht an. „Komm nur. Aber stör‘ Dich bitte nicht daran, dass es unordentlich ist. Ich habe gestern erst wieder gebraut, und es ist noch nicht alles wieder aufgeräumt, es muss erst trocknen und ablüften, bevor ich den Kram wieder verstauen kann. Es ist eigentlich alles viel zu eng hier!“

Eng, winzig in der Tat. Ich staune und frage mich, ob sich eine so kleine Anlage auf Dauer rentieren kann. Aber Pedro ist guter Dinge. Es liefe alles prima. Vor weit weniger als einem Jahr habe der kleine Duque Brewpub geöffnet, aber es habe sich bis jetzt alles ganz prima entwickelt. Viele Touristen kämen, manche auch schon gezielt, andere zufällig, und natürlich gebe es auch die ersten Stammgäste. Die Kombination aus eigenem Bier, das unter der Bezeichnung Aroeira verkauft wird, und Bieren aus anderen portugiesischen Kleinbrauereien käme gut an. So langsam lernten auch die Lissabonner, die neue Bierkultur zu schätzen.

Unlängst habe er auch einen gemeinsamen Sud mit zwei anderen Kleinbrauern gemacht, unter anderem mit Gonçalo Faustino von der Brauerei Maldita, ein sehr netter Kerl sei das. „Stimmt“, pflichte ich ihm bei, und Pedro schaut mich erstaunt an. „Ich habe Gonçalo letztes Jahr in Polen auf einem Bierfestival getroffen“, erkläre ich, und wir amüsieren uns darüber, wie klein die Welt doch ist.

Selbst auf Flaschen wird das Aroeira gezogen, kleine Stubbis zum Mitnehmen.

Mitnehmen kommt für mich nicht in Frage, aber vor Ort weiter verkosten, das ist eine Option. Und so trinke ich zunächst das angenehm würzig gehopfte English Pale Ale aus Pedros eigener Produktion, und wage mich danach trotz der Nachmittagshitze doch noch an das Stout Fatale, den Gemeinschaftssud mit Gonçalo. Neun Prozent Alkohol zum Glück ist es nur ein winziges Probiergläschen.

Die Speisekarte lockt mit einem Biereis. Ein einfaches Eis, zubereitet mit knackig-herbem India Pale Ale und etwas Extra-Hopfen. Neugierig muss ich es probieren. Malziges, röstiges Stout mit Eis ist sowieso eine Kombination, die ich liebe, wenn ich auch oftmals schräg angekuckt werde ob dieses Geschmackskontrasts. Die Kombination aus Stout Fatale und IPA-Eis entpuppt sich als außerordentlich schmackhaft. Das Eis ist nur ganz leicht süß es dominiert in der Tat die Hopfenbittere. Lecker! Eine gute Idee!

Mittlerweile beginnt sich der winzige Schankraum zu füllen, und auch draußen in der engen Gasse sitzen schon ein paar mehr Gäste an den kleinen Tischchen. Eine junge Kellnerin kommt, beginnt ihre Arbeit, und im Nu haben Pedro und sie schon alle Hände voll zu tun. Gerade noch findet das Mädel Zeit, die Kreidetafel einmal auszuwischen und mit schöner, schwungvoller Handschrift neu zu beschriften. Pedro zapft derweil die ersten Biertester in leuchtend bunten Farben stehen die kleinen Probiergläser in dem Holzrähmchen.

Ein kurzes Lob noch an ihn, für die guten Biere und für die schöne, geradlinige Rockmusik aus den siebziger Jahren („Sag‘ mal, für diese gute Musik bist Du doch viel zu jung das haben doch Deine Eltern gehört!“), und ich breche wieder auf.

Leckere Biere, ein nettes Konzept, eine sehr angenehme Atmosphäre. Und ideal gelegen: Mitten in der Altstadt. Eine wirklich gute Adresse!

Das Duque Brewpub ist täglich ab 13:00 Uhr, sonntags erst ab 15:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es am besten zu Fuß. Stilecht nimmt man den Elevador Santa Justa von der Unter- in die Oberstadt und geht dann noch etwa 150 m. Weniger stilvoll geht natürlich der Stadtbus, Haltestelle Largo Trindade Coelho, ebenfalls etwa 150 m, allerdings von der anderen Seite.

Bilder

Duque Brewpub
Calçada do Duque, 49-51
1200-156 Lissabon
Portugal

111 Fränkische Biere, die man getrunken haben muss

In ihrem neuen Buch, das ab Oktober erhältlich sein wird, präsentieren Martin Droschke und Norbert Krines „111 Fränkische Biere, die man getrunken haben muss“.

Vom steintrockenen Herrenpils über das vollmundige und naturtrübe Zwickl bis hin zum Rauchbier, Bambergs „flüssigem Schinken“: Nirgendwo auf der Welt ist die Biervielfalt größer als in Franken. In 275 Brauereien entstehen dort über 2.000 Sorten. Auch die Einheimischen kennen davon meist nur einen Bruchteil, denn jeder Ort trinkt am liebsten seine eigenen Märzen, Pilsner und Bockbiere und viele werden wie anno dazumal nur aus dem Fass und nur im eigenen Wirtshaus ausgeschenkt. Norbert Krines hat sie alle verkostet und mit Martin Droschke die 111, die man unbedingt getrunken haben muss, zu einem Genussführer durch Deutschlands Bierparadies zusammengestellt.

Martin Droschke, geboren 1972 in Augsburg, zog 1992 zum Studium der Philosophie, Pädagogik und Geschichte nach Nürnberg. Er arbeitete als freier Journalist und Literaturkritiker u.a. für den »Tagesspiegel«, die »taz« und die »Süddeutsche Zeitung« und lebt heute als freier Werbetexter und Autor in Coburg. Er beschäftigt sich seit einem Urlaub in Pilsen, der Geburtsstadt des gleichnamigen Bierstils, intensiv mit Gerstensäften und veröffentlichte bereits verschiedene Bücher zum Thema Bier.

Norbert Krines wurde 1973 im fränkischen Kulmbach geboren, der sogenannten »heimlichen Hauptstadt des Bieres«. Zum Studium der Germanistik, Sozialkunde und Geschichte wechselte er nach Bamberg, in die wahre Hauptstadt des Bieres, wo er als freier Autor und Dozent für Deutsch als Fremdsprache lebt. Seit 2001 ist er aktiver Heimbrauer. Im Januar 2011 startete er den Blog „Bier des Tages“, für den er jeden Tag ein Bier aus einer fränkischen Brauerei degustierte und beschrieb. Gemeinsam mit Martin Droschke veröffentlichte er 2016 den „Craft Beer-Führer Franken“.

Hopfenartisten Beerstarter GmbHMödlingAUT

Ein ganz neues Konzept soll es werden. Ich stehe in dem alten Ziegelgebäude der Mission St. Gabriel und staune. Heute in einer Woche wird hier die große Eröffnungsfeier der Hopfenartisten starten, einer kleinen Initiative, die mehr ist als nur „just another craft brewery“.

Miniatur (1)Rainer Mraz und Günther Thömmes strahlen mich stolz an, als sie mich begrüßen, aber machen zunächst noch ein großes Geheimnis um ihre neue Idee. „Setz Dich da mal hin, hier hast Du ein Bier, und lass mich mal eben noch schlauchen. Vorher kommst Du mir nicht ins Sudhaus!“, sagt Günther. Widerrede zwecklos. Hm, so geheimnisvoll kenne ich ihn doch gar nicht?

Aber mir bleibt nichts Anderes übrig. Zusammen mit Rainer verkoste ich das für die Eröffnungsfeier eingebraute Eröffnungs-Pale-Ale, ein kräftig malziges Bier, schöne kupferne Farbe und eine dezente, aber originelle Hopfennase. Statt der üblichen Grapefruit- und Maracuja-Aromen rieche ich ein wenig Heu und Gras. „Ist mit Perle gebraut, und mit nur ein bisschen Cascade und Simcoe. Und nicht gestopft!“, klärt mich Günther auf, während er mit Stefan, einem Gerade-Noch-Hobbybrauer (oder doch schon Craftbrauer-Novize?), zwei Gärfässer in KEGs umschlaucht.

Miniatur (2)Satte hundert Liter fassen die Gärfässer, und die großen KEGs ebenfalls. „Wir machen nur kleine Sude, dafür aber ganz viele“, heißt es, während das hefetrübe Jungbier in die KEGs plätschert. „Und die KEGs sind dann unsere Lagertanks“, fährt Günther fort. „Billiger, praktischer, flexibler als große Tanks!“

Geduldig sehe ich zu, wie die beiden KEGs gefüllt und mit einem großen Werkzeug verschlossen werden. Schon landet das erste auf einer Sackkarre. „Auf geht’s, zum Kühlraum“, kommandiert Günther und saust los, raus aus der Brauerei, am Gebäude entlang, die nächste Tordurchfahrt hinein. Im Innenhof erwarten uns zwei große Kühlcontainer. Nach Jahren auf See (oder war es nur der Bofrost- oder Eismann-Lieferwagen?) haben sie hier ihren Platz gefunden. Das dicke Vorhängeschloss wird abgebaut, die Tür geöffnet, und vor mir stehen zwei Dutzend KEGs, in denen die ersten Sude langsam vor sich hin reifen. Spundapparate und Schläuche bringen ein wenig Durcheinander in die ansonsten kerzengerade ausgerichteten Fässer.

Günther prüft den Spundungsdruck, und dann geht es zurück in die Brauerei. „So, und jetzt darfst Du auch ins Sudhaus.“ Aha, das Geheimnis wird gelüftet. Drei geradezu winzige Maischebottiche stehen an der Wand, rechts daneben ein Läuterbottich, links daneben ein Heißwassertank, der die Maischebottiche über ein ausgeklügeltes Rohrsystem erhitzt. „Drei Sude können wir hier fast parallel, nur leicht zeitlich gegeneinander versetzt, fahren“, sagt Günther. Links, an der anderen Wand, stehen drei Würzepfannen auf elektrischen Kochplatten mit 6 kW Leistung, noch weiter links ein kleiner aber hoch-effizienter Plattenkühler.

Miniatur (3)„Die Idee ist, hier immer wieder neue, kleine Sude zu produzieren. Wir haben dann eine viel bessere Kontrolle, können flexibel auf die Nachfrage reagieren, und wenn mal ein bestimmtes Bier nicht so gut ankommen sollte, was ich aber nicht glaube, dann kann man es zur Not fast alleine austrinken, bevor es schlecht wird“, erklärt Günther und fügt hinzu: „Und wir können Haus- und Hobbybrauer einladen, hier mal ihre Sude zu fahren, so wie Stefan das vorgestern gemacht hat. Und Braukurse gehen auf einer solchen Anlage auch ganz hervorragend.“

Ein richtiges Biererlebniszentrum also, wirklich ein etwas anderes, neues Konzept. Seit vor zwei Wochen die Kessel das erste Mal richtig angeheizt worden sind, wurden bereits 33 Sude gefahren.

Ich stehe vor dem schmucken Flaschenfüller der Braumanufaktur Werk II von Frank Hinkelmann. Sehen topp aus. „Sind auch topp“, heißt es, „wir müssen nur noch ein bisschen an der Feinjustierung arbeiten!“

„So, und warum durfte ich vorhin nicht ins Sudhaus?“ frage ich jetzt doch hartnäckig. „Hast Du mal in die Pfannen gekuckt?“, kommt eine Gegenfrage. Nein, habe ich natürlich noch nicht, und Günther öffnet mit einem vielsagenden Grinsen den Deckel. Lactos und Bretts, also Milchsäurebakterien und wilde Hefen vom Typ Brettanomyces gären hier gerade vor sich hin. Lauwarme Bierwürze, geimpft mit einem ordentlichen Starter, ein ganzes Wochenende Zeit, und am Montag erst wird die Würze gekocht. Bis dahin soll sie einen leicht säuerlichen und kräftig aromatischen Geschmack bekommen haben Grundlage für ein lambik-artiges Bier. „Nach dem Kochen ist wieder alles steril, aber bis dahin möchte ich, dass die Bakterien und Hefen schön brav hier im Sudhaus bleiben und nicht beim Schlauchen vielleicht das eine oder andere KEG unbeabsichtigt infizieren. Besonders mit den Bretts ist da nicht zu spaßen“, sagt Günther und schließt den Kunststoffvorhang zum Sudhaus sorgfältig hinter uns.

Eine kleine Ausschanktheke kommt noch hinzu, dann ist die Idee von Rainer umgesetzt. Die Europaletten, die dafür als Bausteine dienen, sind noch nicht endgültig verschraubt, aber es ist ja auch noch eine Woche hin bis zur Eröffnung. Aber der Kühlschrank steht schon da und ist bestückt. Eine Quittengose aus eben diesem Kühlschrank gibt es jetzt zu verkosten, eine Gemeinschaftsproduktion von Günther Thömmes, dem ehemaligen Bierzauberer, und Daniel Hertl von der Braumanufaktur Hertl in Franken. Leicht säuerlich, fruchtig-frisch und spritzig ein schönes Sommerbier. Mir schmeckt’s ganz hervorragend.

Rainer Mraz, der die Idee zum Projekt Beerstarter hatte, und Günther Thömmes, der seine Bierzauberei und sein Wanderbrauen just in dem Moment an den Nagel hängen wollte, als Rainer einen erfahrenen Braumeister suchte, sehen optimistisch in die Zukunft. Die Reaktionen auf Rainers Projekt waren bisher durchweg positiv, und nach dem hoffentlich rauschenden Eröffnungsfest wird dann schnell der Wirkbetrieb aufgenommen.

Auf der Website Beer Starter GmbH kann man sich über den Projektfortschritt informieren, seine eigenen Rezepturen entwickeln, einreichen und mit Günthers fachkundiger Hilfe realisieren. Eine Brauerei zum Mitmachen, zum Sich-Einmieten, zum Kooperieren und für Collaborations-, Experimental- oder einfach nur Hobbysude. Spannend!

Die Hopfenartisten Beerstarter GmbH eröffnet am 16. Juli 2016. Rampenverkauf, Verkostung, Ausschank werden anschließend regulär begonnen; ebenso Braukurse, Kooperationen und dergleichen. Auskunft über die aktuellen Aktivitäten gibt die Website des Projekts. Zu erreichen ist die Mission St. Gabriel, in der die Hopfenartisten untergekommen sind, bequem mit der S-Bahn in zwanzig Minuten vom Wiener Hauptbahnhof zehn Minuten Fußweg sind es dann noch. Aber Obacht: Der Eingang ins Gewerbegelände ist hinten, nicht vorne an der Kirche.

Bilder

Hopfenartisten Beerstarter GmbH
Grenzgasse 111
Block7/EG/2
2340 Mödling
Österreich