Als Auszug aus dem Biergesetz ist hier § 9 abgedruckt (s. unten). Im Grundsatz wird hier Bier im gesundheitlichen und verbraucherschutzgerechten Sinne definiert, bzw. was in ein Bier hinein darf, damit es immer noch das Etikett Bier tragen darf.
Dieses Kernstück des sog. „Vorläufigen Biergesetzes“ ist symptomatisch für ein Gesetz, wo nur das Allernotwendigste für ein Produkt geregelt wird.
Ein Gesetz ist zwar nicht zwingend „Tummelstelle“ für alle möglichen Eventualitäten und Ausschmückungen des Objektes, welches geregelt wird, aber es kann maßgeblich dazu beitragen eine Branche und dessen Angebot global zu strukturieren, dem Verbraucher eine grobe qualitative Schablone zu bieten und somit auch einen Ausschlag für die Stärkung der Branche geben.
So wie sich die Branche derzeit präsentiert, rühmt zwar alle Welt unsere ca. 5.000 Biermarken (leider, leider viel zu häufig in der Literatur als Biersorten bezeichnet), aber durch die starke Regionalität des Angebots und gerade durch die enorme Homogenisierung der Grad Plato (ca. 93% des Angebots in Deutschland besteht aus sog. Vollbieren von 12 bis 13 Grad Plato, was um die 5 % Alk. Vol. ergibt) kann man nicht gerade von einem wirklich charaktervollen Angebot sprechen. Dabei überwiegt Vollmündigkeit, Malzbetonung und dezenter Einsatz von Hopfenbittere.
Welche Änderungen könnten in das Biergesetz eingebaut werden und welche Möglichkeit würde dies beinhalten?
Wichtig wäre der Einbau einer sehr globalen qualitativen Hierarchie. So könnte man sich der bestehenden Unterscheidung aus dem Weingesetz bedienen und eine Einteilung nach Tafelbier, Landbier und Qualitätsbier machen.
Tafelbier
Logischerweise ist Tafelbier die niedrigste Stufe. Dies müsste zumindest Reinheitsgebot-ähnlichen Charakter haben die meisten der qualitativen Mindestanforderungen aus dem bestehenden Gesetz könnten übernommen werden, mit der Möglichkeit die niederste Qualität an Hopfen und Malz einzusetzen. Unter Umständen könnte Rohfrucht, dies ist der Jargon für ungemälztes Getreide (für Bier in der Regel Gerste), und die günstige Form von Hopfenbittere eingesetzt werden. Der Zusatz von Enzymen müsste geklärt werden, damit eine Verzuckerung möglich wird. Unter Umständen könnte eine Teil erlaubt werden, denn bei mind. 70% Malz sind auch genügend Enzyme zur Stärkeumwandlung der restlichen 30% Schüttung vorhanden. Alternativ könnte der Einsatz von Zucker zum Tragen kommen, wie es ja bereits beim bestehenden Biergesetz geregelt ist.
Der Sinn einer Mindestkategorie ist hier eine Massenkategorie für den breiten Absatz in discount-ähnlichen Strukturen zu schaffen. Dies würde den billigen Bierdurst löschen und würde die Möglichkeit schaffen hochwertigere Biere in weiteren Kategorien preislich-qualitativ „freizusetzen“. Die Bezeichnung und Erkennbarkeit der minderen Qualität ist hier ausschlaggebend, damit nicht höherwertigere Biere selbst bei grob undiskrimierenden Verbrauchern mit den minderwertigen Bieren verwechselt werden. Ideal wäre die Konzentration dieses Biertyps auf erkennbar billige Absatzkanäle die Steuerung wäre Aufgabe der Hersteller.
Der Einsatz von Kräutern – historisch wahrscheinlich aus gesundheitlichen und/oder steuerpolitischen Gründen aus der Herstellung gedrängt könnte hier eine neue Heimat für progressivere Biere erlangen, selbstredend sollte der Einsatz der Kräutertypen gesetzlich geregelt werden. Es würde auch dem ständigen Verwechseln in der öffentlichen Meinung von natürlichen Zutaten und Unreinheit im Sinne von chemischen Zutaten im Bier entgegenwirken.
Eine Eingrenzung der Grad Plato wäre sinnvoll, eine steuerliche Abrechnung pauschal, d.h. nicht nach Grad Plato denkbar.
Landbier
Landbier wäre eine national freigegebene Bezeichnung für einen Mindeststandard an Bier, z.B. nach dem Reinheitsgebot. Natürliche Zutaten mittlerer Qualität als Mindeststandard, keine Begrenzung der Grad Plato, Bezeichnung der Biersorte ist denkbar, allerdings nur mit den Hinweis Landbier-Status. Hier könnte unter Umständen die Herstellung von Bier mit Gewürzen erlaubt sein, um den qualitativen Standard dieser Biere nicht von vorne herein mit denen eines Tafelbieres gleich zu setzen. Sonst keine weiteren Einschränkungen.
Qualitätsbier
Qualitätsbier wäre die höchste Kategorie. Hier wären die Anforderung spürbar höher als bei Landbier. Biersorten-Angabe ist zwingend sollte allerdings von der Art der Sorte her geregelt sein (nicht zwingend per Gesetz, aber zumindest mittels einer Abstimmung der Branche, was die Art einer Sorte tatsächlich ausmacht). Gerade bei diesem Punkt herrscht ein eklatantes Defizit an Information, denn ohne eine halbwegs aussagekräftige Definition, was z.B. ein Pilsner darstellt sind dem „Missbrauch“ der Sortenbezeichnung alle Türen geöffnet. So wäre es denkbar, dass eine Brauerei aus einem mässig laufenden Export einfach mal ein Pilsner macht, denn der Name Pilsner verkauft sich ja nun mal besser… (s. auch unter www.kgbier.de/Biersorten_Einfuehrung.html für Definitionen der Biersorten)
Die Angabe Qualitätsbier wäre wünschenswert.
Grad Plato-Regelung möglich, aber nicht zwingend.
Ferner kann hier eine qualitativ hochwertigere Kategorie noch ermöglicht werden, die im Sinne der EU-Gesetzgebung namentlichen Gebietsschutz einräumt. Eine Bezeichnung könnte dann aus Biersorte/Biertyp und Region bestehen, z.B. Fränkisches Kellerbier. Die Regeln für die Herstellung sollten den Mindeststandard von Qualitätsbier erfüllen, ansonsten von dem Lastenheft für die EU-Qualifizierung geregelt werden.
Prinzipiell ist bei allen Kategorien die Maßgabe eine gute Mischung aus Regeln und Freiheiten zu schaffen. Die Regeln sind für die Verlässlichkeit, so dass der Kunde weiß, was er bekommt, die Freiheit aus bestehenden Sorten bessere Qualitäten zu ermöglichen, bzw. bessere Produkte zu kreieren. Dies ist wichtig für die Entwicklung einer langlebigen Bierkultur.
Vorläufiges Biergesetz vom 29.Juli 1993
Vollständige Fassung unter: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bierstg/inhalt.html
(…)
§ 9
1. Zur Bereitung von untergärigem Bier darf, abgesehen von den Vorschriften in den Absätzen 4 bis 6, nur Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden.
Die Bereitung von obergärigem Bier unterliegt der selben Vorschrift; es ist hierbei jedoch auch die Verwendung von anderem Malz und die Verwendung von technisch reinem Rohr-, Rüben- oder Invertzucker sowie von Stärkezucker und aus Zucker der bezeichneten Art hergestellten Farbmitteln zulässig.
2. Unter Malz wird alles künstlich zum Keimen gebrachte Getreide verstanden.
3. Die Verwendung von Färbebieren, die nur aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser hergestellt sind, ist bei der Bierbereitung gestattet, unterliegt jedoch besonderen Ãœberwachungsmaßnahmen.
4. An Stelle von Hopfen dürfen bei der Bierbereitung auch Hopfenpulver oder Hopfen in anderweit zerkleinerte Form oder Hopfenauszüge verwendet werden, sofern diese Erzeugnisse den nachstehenden Anforderungen entsprechen:
1. Hopfenpulver und anderweit zerkleinerter Hopfen sowie Hopfenauszüge müssen ausschließlich aus Hopfen gewonnen sein.
2. Hopfenauszüge müssen
1. die beim Sudverfahren in die Bierwürze übergehenden Stoffe des Hopfens oder dessen Aroma- und Bitterstoffe in einer Beschaffenheit enthalten, wie sie Hopfen vor oder bei dem Kochen in der Bierwürze aufweist,
2. den Vorschriften des Lebensmittelrechts entsprechen.
5. Die Hopfenauszüge dürfen der Bierwürze nur vor Beginn oder während der Dauer des Würzekochens beigegeben werden.
6. Als Klärmittel für Würze und Bier dürfen nur solche Stoffe verwendet werden, die mechanisch oder adsorbierend wirken und bis auf gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche, technisch unvermeidbare Anteile wieder ausgeschieden werden.
7. Auf Antrag kann im einzelnen Falle zugelassen werden, daß bei der Bereitung von besonderen Bieren und von Bier, das zur Ausfuhr oder zu wissenschaftlichen Versuchen bestimmt ist, von den Absätzen 1 und 2 abgewichen wird. Für die Zulassung von Ausnahmen sind die nach Landesrecht zuständigen Behörden zuständig.
8. Die Vorschriften in den Absätzen 1 und 2 finden keine Anwendung für diejenigen Brauereien, die Bier nur für den Hausbedarf herstellen (Hausbrauer).
9. (weggefallen)
10. (weggefallen)
11. Zur Herstellung von obergärigem Einfachbier darf nach Maßgabe der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1625, 1633) in der jeweils geltenden Fassung Süßstoff verwendet werden.
(…)
§ 25
Der Bundesminister für Gesundheit wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung
1. zur Ausführung des § 9 Abs, l bis 8 das Nähere über die Bierbereitung, die dazu verwendeten Stoffe und Verfahren sowie die Bierarten zu bestimmen
2. das Nähere über die Zubereitungen (§ 11) anzuordnen.
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