Líšeňský Pivovar spol. s r.o.Brno LíšeňCZE

Líšeň eine dieser Satellitensiedlungen, die einen hässlichen Ring um Mährens Hauptstadt Brno ziehen. Plattenbauten, soweit das Auge reicht, mit acht, zehn und mehr Stockwerken. Dazwischen schmale Straßen und große Parkplätze, die einen Irrgarten bilden, in dem man sich als Ortsfremder rasch verheddern kann. Wenn man nicht gerade hier wohnt oder hier Bekannte und Freunde hat, die man besuchen will, gibt es eigentlich keinen Grund, nach Líšeň zu fahren.

Oder etwa doch?

Mitten drin, in einem flachen, unscheinbaren Bau das Schild Líšeňský Pivovar, Líšeňer Brauerei. Steaks, Burger, hausgemachte Küche und eine große Auswahl Bier werden versprochen.

Wir gehen durch eine Art Biergarten oder überdimensionierter Terrasse mit Stühlen und Tischen, an denen man auch jetzt im Winter draußen sitzen könnte und wenn so wie heute die Sonne scheint, wird das tagsüber der eine oder andere, besonders, wenn er Raucher ist, bestimmt auch machen und betreten den Schankraum. Ãœberraschend groß, recht hell und einladend, und als besonderer Blickfang: Die modern gestylte Theke, die nahtlos in das nicht minder modern wirkende Sudwerk übergeht.

Zwei stählerne Geräte stehen dicht nebeneinander, mit einer Blende verbunden. Als Gast kann man nicht dahinter blicken, aber man sieht an der Wand einen Kontrollmonitor hängen und kann sich vorstellen, dass der Brauer, wenn er zwischen den Geräten steht und hantiert, sich fast wie Captain Kirk auf der Kommandobrücke der Enterprise fühlt.

Wir nehmen im Blickfeld des Brau-Captains Platz und blättern die Karte auf. Wie immer natürlich zuerst hinten, wo die Getränke stehen: „Fünf Biersorten zum Testen!“ steht dort (natürlich auf Tschechisch), und ich überlege nicht lange. Dazu bestellen wir uns aus der reichhaltigen Auswahl an deftiger Kost zwei urtypisch tschechische Gerichte: Tatarák, also rohes Mett mit rohem Ei, gebackenem Brot und Knoblauch, und gebackenen Camembert (Hermelín) mit Pommes.

Meine Bierprobe kommt, und ich mache große Augen: Keine kleinen Probiergläser, sondern fünf Krüge mit fünf verschiedenen Sorten Bier. Ein bisschen mehr, als erwartet, und meine holde Ehefrau feixt. „Viel Spaß am frühen Nachmittag wenn wir gleich zuhause sind, kannst Du direkt ins Bett gehen!“ Vermutlich hat sie recht. Aber vorerst mache ich mich mal an die Verkostung.

Als erstes ein Pumpkin Ale mit 13° Stammwürze. Deutlich spürbares Kürbisaroma und erfreulicherweise fast keine Weihnachtsgewürze. Kürbisbier schmeckt pur schon merkwürdig genug, aber wenn es dann noch mit Unmengen von Anis, Zimt, Gewürznelken, Kardamom, Koriander, Vanille und was sonst noch „verfeinert“ wird, ist es im Allgemeinen nur noch aufdringlich und fast untrinkbar. Dieses hier nicht. Im Gegenteil, es schmeckt sogar recht gut. Ist allerdings zu warm.

Bier Nummer 2: Weißbier, oder PÅ¡enice, 12°, ebenfalls zu warm und wunderlicher Weise mit einem Hauch von Rauch im Aroma und ganz leicht auch im Geschmack. Lange nicht so intensiv wie im Grodziskie, dem polnischen Rauchweizen, oder im Schlenkerla Rauchweizen, aber doch so deutlich, dass man es sofort bemerkt. Leider auch zu warm, und insofern ebenfalls kein sehr großer Genuss.

Als Drittes das ÄŒerné mit 13°. Ein schönes, urtypisches tschechisches Schwarzbier. Kräftig malzig, leicht süßlich, vollmundig und süffig. Ein großes Bier ersetzt einen Imbiss, zwei eine ganze Mahlzeit. Und im Gegensatz zu den ersten beiden Bieren auch gut gekühlt. Lecker.

Ebenfalls lecker, aber nach dem vorherigen Bier doch ein wenig zu dünn wirkend, das Moravan, ein elfgrädiges Helles. Unauffällig, schlank, mit einem Hauch Diacetyl, mäßig gespundet, ein Bier, um schnell mal den Durst zu löschen.

Das beste Bier aus der Runde ist das letzte, das fünfte, das Pepa 12°. Ebenfalls ein Helles, aber ein bisschen stärker, ein bisschen ausdrucksvoller, ein wenig hopfiger. Schön ausgewogen, leicht malzig, leicht bitter, elegant und angenehm. Ein guter, unauffälliger Begleiter mit guten Manieren zum kräftigen Essen. Schön!

Nach diesen fünf „Probiergläschen“ soll es aber genug sein. Wir erstehen noch eine Flasche Barbora, einen Weihnachtsbock mit 17°, der sich später daheim als runder, weicher, vollmundiger, halbdunkler Bock erweisen sollte, der bestimmt auch noch eine längere Lagerung vertragen könnte, aber trotzdem schon sehr lecker schmeckte.

Noch ein Weilchen genießen wir die angenehm und freundliche Atmosphäre in der Líšeňský Pivovar, betrachten die netten Wanddekorationen, die uns den Brauprozess, eine Landkarte mit den wichtigsten Hopfenanbaugebieten und Brauereien in Tschechien und den Stammbaum der Bierstile zeigen. Einen Blick werfen wir noch auf die Kreidetafel, die die Bierkarte ersetzt: Neun Biersorten hätte es heute gegeben. Fünf haben wir probiert, eine wird eingepackt. Bleiben noch drei weitere Gründe, hier mal wieder herzukommen.

Die Líšeňský Pivovar spol. s r.o. wurde im Juli 2001 in der Brünner Trabantenstadt Líšeň in unauffälliger Lage eröffnet. Sie ist täglich von 11:30 h bis Mitternacht durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie mit dem Auto (Parkplatz direkt vor der Tür) oder der Straßenbahn, Linie 8, Haltestelle Kotlanova, und dann ein Fußweg von lediglich 150 m.

Bilder

Líšeňský Pivovar spol. s r.o.
Kotlanova 2162/5
Líšeň
628 00 Brno
Tschechien

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