Die großen, runden Augen, das Strahlen, das über das Gesicht huscht, die Begeisterung, die sich Bahn bricht es ist faszinierend, die Touristen zu beobachten.
Zu beobachten, wenn sie nach zehn, zwanzig oder gar dreißig Minuten Wartezeit in der Zugluft im Durchgang zwischen den beiden Schankräumen der Pivovar a Restaurace „U Fleků†vom Kellner endlich großzügig einen Platz zugewiesen bekommen. „Hier dürft Ihr Euch hinsetzen“, heißt es dann, „und zwar genau hier.“ Nicht links davon, nicht rechts davon, und freie Wahl bei den Sitznachbarn hat man auch nicht, sondern man ist froh, überhaupt einen Platz ergattern zu können.
Wie schon bei meinem ersten Besuch vor über 20 Jahren sind alle Plätze in den Schankräumen ständig besetzt. Steht irgendwo ein einsamer Trinker auf, findet sich sofort ein anderer Einsamer, der seinen Platz übernimmt. Geht ein turtelndes Pärchen zurück ins Hotel, werden die ersten beiden der Warteschlange gnädig platziert. Und steht man mit einer größeren Gruppe in der Schlange, muss man gegebenenfalls länger warten, bis die notwendige Anzahl von Stühlen frei wird.
Die nicht unhöflichen, aber energischen Kellner schieben die Gäste auf den Bänken schon mal einen Meter nach links oder rechts, um für eine Gruppe den notwendigen Platz zu schaffen, und komischerweise wird es von allen akzeptiert.
Sitzt man endlich irgendwo, dann bekommt man ungefragt einen Krug Schwarzbier vor die Nase gestellt. Bestellen unnötig, ablehnen unmöglich. Warum auch? Wenn man nicht wegen des Schwarzbiers hier ist, braucht man schließlich nicht zu kommen!
Und das Bier ist gut. Tiefschwarz ist es, nach Brauereiangaben aus vier verschiedenen Malzsorten gebraut. Würzig ist es, süßlich, nicht zu hoch gespundet und ungemein süffig. Schon steht der zweite Krug auf dem Tisch, wenig später der dritte. Es läuft. Trotz des selbst für Prager Verhältnisse unverschämten Preises von 69,- CZK für einen kleinen 0,4-l-Krug.
Die Kellner kreisen mit den großen Tabletts voller Krüge. Runde um Runde wird gedreht, blitzschnell der leere Krug gegen einen vollen ausgetauscht, ein weiterer Strich auf den kleinen Zettel gemacht. Zwischendurch kommt der Kollege mit einem Tablett voller Honiglikör. Angeblich mindestens genauso lecker wie das Bier, aber wir winken ab. Nein, es ist nur das Bier, das wir genießen wollen es ist für Schnaps noch viel zu früh.
Ähnlich wie die Kellner drehen auch die Musikanten ihre Runden. Mal in dem einen Schankraum, mal im anderen. Zwischendurch immer wieder neue Gäste all das summiert sich auf zu einer Kakophonie von Eindrücken, die ihre eigene Faszination erzeugt.
Klar, man kann das als Touristennepp bezeichnen. Ãœberhöhte Bierpreise. Der Drang, ungefragt immer neues Bier auf den Tisch zu stellen. Die Musik, die zum Mitschunkeln animieren soll, auf dass man die Zeit vergisst und weitertrinkt. Der Honigschnaps, der immer wieder angeboten wird, egal, wie oft man ihn schon abgelehnt hat.
Aber man ist nicht unhöflich dabei. Freundlich, blitzschnell, effizient. Energisch und durchsetzungsstark immer dann, wenn eine begriffsstutzige Gruppe Amerikaner oder Engländer nicht versteht, dass dies hier kein Randalierlokal ist.
Und auch das Essen ist nicht schlecht. Solide böhmische Küche. Gesund ist sie nicht, aber sooo lecker! Und beim Essen sind die Preise auch nicht so unfair. Zwar sind die Gerichte nicht billig, aber die Portionen sind dann auch entsprechend groß, die Qualität in Ordnung. Geld wird also mit dem Bier gemacht das kräftige und würzige Essen fördert nur den Durst.
Zu billig wäre es also, die Pivovar a Restaurace „U Fleků†als Touristenfalle abzutun und links liegen zu lassen. Aber übertrieben wäre es auch, sie zu einem einzigartigen Erlebnis hochzustilisieren.
„U Fleků halt“, sagt der Besucher und Chronist, achselzuckend.
Die Pivovar a Restaurace „U Fleků†ist täglich ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Es ist immer was los, es ist immer voll. Führungen durch die Brauerei werden für Gruppen nach Voranmeldung angeboten. Zu erreichen ist die Brauerei am besten mit der Straßenbahn, die Linien 5 und 7 halten etwa 130 m entfernt, Haltestelle MyslÃkova.
Pivovar a Restaurace „U Flekůâ€
Křemencova 1651/11
110 00 Praha 1
Tschechien