Die Calçada do Duque, die Herzoggasse eine dieser wunderbaren kleinen und steilen Gassen, die Lissabon kreuz und quer durchziehen. Mit dem Auto muss man große Umwege fahren, sofern man bestimmte Bereich überhaupt mit dem Auto anfahren kann, aber wenn man zu Fuß unterwegs ist, dann nimmt man eines der kleinen Gässchen und kann sich nahezu in Luftlinie fortbewegen. Wenn man fit ist denn meistens geht es bergauf, die Gassen verwandeln sich in steile, schier endlose Treppen, und bei Temperaturen im Juli von über 30° fließt der Schweiß dann schnell in Strömen.
Wie gut, wenn in einem solchen Moment das kleine Schild Duque Brewpub vor dem Stadtwanderer auftaucht. „Cervejaria Artesanal Duque, Est 2015“ steht auf dem schlichten Schild, und ein typischer, mit Fliesen, Azulejhos, verzierter Bogen führt direkt in die kleine Schankstube.
Eine Handvoll Tische und Bänke nur, und zur frühen Nachmittagsstunde nur zwei Gäste, konzentriert schweigend in ihr Bier vertieft, und der Barmann am Tresen im Flirt mit einer bildhübschen Portugiesin, deren blauschwarz glänzendes Haar sich elegant über ihre Schultern legt. Fast möchte ich nicht stören, aber nach meinem langen Spaziergang bin ich jetzt wirklich durstig.
Ich räuspere mich leise, und bitte um eine Empfehlung. „Etwas Leichtes, Erfrischendes hätte ich jetzt gerne“, sage ich, „für eine Hopfenbombe oder ein Genussbier mit mehr als zehn Prozent ist es jetzt noch etwas zu früh.“ Der Barmann lacht und empfiehlt mir ein Pique Nique Saison mit Hibiskus aus der kleinen Lissaboner Brauerei Passarola.
Leuchtend rot, fast schon pinkfarben steht es vor mir im Glas. „A ladies‘ beer“, lästern die beiden Biergenießer vom Nachbartisch breit grinsend, aber mir gefällt‘s. Säuerlich frisch, fruchtig, für den Moment genau das Richtige.
Ich stelle mich wieder an die Bar. Die hübsche Portugiesin steht mittlerweile draußen auf der Straße und raucht, ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, den Flirt zu stören. Mit einem Auge überfliege ich die Kreidetafel, auf der die insgesamt neun Biere aufgelistet sind, die an acht Zapfhähnen und einer englischen Biermaschine angeschlossen sind, mit dem anderen erspähe ich durch die halboffene Tür ein kleines Sudwerk. Winzig nur, aber: Ein Sudwerk. „Kann ich mir das mal näher anschauen?“ frage ich, ohne wirklich zu glauben, dass ich in den Küchenbereich hineingelassen werde.
„Klar!“ Pedro, der Barmann und wie sich jetzt herausstellt auch Brauer und Miteigentümer, ist begeistert. Er schiebt die Tür ganz auf und macht das Licht an. „Komm nur. Aber stör‘ Dich bitte nicht daran, dass es unordentlich ist. Ich habe gestern erst wieder gebraut, und es ist noch nicht alles wieder aufgeräumt, es muss erst trocknen und ablüften, bevor ich den Kram wieder verstauen kann. Es ist eigentlich alles viel zu eng hier!“
Eng, winzig in der Tat. Ich staune und frage mich, ob sich eine so kleine Anlage auf Dauer rentieren kann. Aber Pedro ist guter Dinge. Es liefe alles prima. Vor weit weniger als einem Jahr habe der kleine Duque Brewpub geöffnet, aber es habe sich bis jetzt alles ganz prima entwickelt. Viele Touristen kämen, manche auch schon gezielt, andere zufällig, und natürlich gebe es auch die ersten Stammgäste. Die Kombination aus eigenem Bier, das unter der Bezeichnung Aroeira verkauft wird, und Bieren aus anderen portugiesischen Kleinbrauereien käme gut an. So langsam lernten auch die Lissabonner, die neue Bierkultur zu schätzen.
Unlängst habe er auch einen gemeinsamen Sud mit zwei anderen Kleinbrauern gemacht, unter anderem mit Gonçalo Faustino von der Brauerei Maldita, ein sehr netter Kerl sei das. „Stimmt“, pflichte ich ihm bei, und Pedro schaut mich erstaunt an. „Ich habe Gonçalo letztes Jahr in Polen auf einem Bierfestival getroffen“, erkläre ich, und wir amüsieren uns darüber, wie klein die Welt doch ist.
Selbst auf Flaschen wird das Aroeira gezogen, kleine Stubbis zum Mitnehmen.
Mitnehmen kommt für mich nicht in Frage, aber vor Ort weiter verkosten, das ist eine Option. Und so trinke ich zunächst das angenehm würzig gehopfte English Pale Ale aus Pedros eigener Produktion, und wage mich danach trotz der Nachmittagshitze doch noch an das Stout Fatale, den Gemeinschaftssud mit Gonçalo. Neun Prozent Alkohol zum Glück ist es nur ein winziges Probiergläschen.
Die Speisekarte lockt mit einem Biereis. Ein einfaches Eis, zubereitet mit knackig-herbem India Pale Ale und etwas Extra-Hopfen. Neugierig muss ich es probieren. Malziges, röstiges Stout mit Eis ist sowieso eine Kombination, die ich liebe, wenn ich auch oftmals schräg angekuckt werde ob dieses Geschmackskontrasts. Die Kombination aus Stout Fatale und IPA-Eis entpuppt sich als außerordentlich schmackhaft. Das Eis ist nur ganz leicht süß es dominiert in der Tat die Hopfenbittere. Lecker! Eine gute Idee!
Mittlerweile beginnt sich der winzige Schankraum zu füllen, und auch draußen in der engen Gasse sitzen schon ein paar mehr Gäste an den kleinen Tischchen. Eine junge Kellnerin kommt, beginnt ihre Arbeit, und im Nu haben Pedro und sie schon alle Hände voll zu tun. Gerade noch findet das Mädel Zeit, die Kreidetafel einmal auszuwischen und mit schöner, schwungvoller Handschrift neu zu beschriften. Pedro zapft derweil die ersten Biertester in leuchtend bunten Farben stehen die kleinen Probiergläser in dem Holzrähmchen.
Ein kurzes Lob noch an ihn, für die guten Biere und für die schöne, geradlinige Rockmusik aus den siebziger Jahren („Sag‘ mal, für diese gute Musik bist Du doch viel zu jung das haben doch Deine Eltern gehört!“), und ich breche wieder auf.
Leckere Biere, ein nettes Konzept, eine sehr angenehme Atmosphäre. Und ideal gelegen: Mitten in der Altstadt. Eine wirklich gute Adresse!
Das Duque Brewpub ist täglich ab 13:00 Uhr, sonntags erst ab 15:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es am besten zu Fuß. Stilecht nimmt man den Elevador Santa Justa von der Unter- in die Oberstadt und geht dann noch etwa 150 m. Weniger stilvoll geht natürlich der Stadtbus, Haltestelle Largo Trindade Coelho, ebenfalls etwa 150 m, allerdings von der anderen Seite.
Nachtrag 28. Oktober 2016: Zum ersten Mal nicht wie sonst immer, geschäftlich, sondern privat in Lissabon und wo zieht es uns da als allererstes hin? Die Schritte magisch, wie von einer fernen Macht gelenkt, es führt uns in die kleinen Gassen und Treppen südwestlich des Bahnhofs Rossio, in die Calçada do Duque, und nur Augenblicke später sitzen wir vor dem Duque Brewpub, genießen die leckeren Biere aus der eigenen Produktion und von befreundeten portugiesischen Kleinbrauern, dazu einen leckeren Fischsalat, das legendäre Bier-Eis, die angenehm entspannte Atmosphäre und die geile Rockmusik. Gerade erst in Lissabon gelandet und der Stadt schon verfallen.
Ach, Lissabon!
Duque Brewpub
Calçada do Duque, 49-51
1200-156 Lissabon
Portugal