Eine fast 900 Jahre alte Geschichte des Klosters kontrastiert mit lediglich 15 Jahren Existenz der Klosterbrauerei alte Tradition trifft auf junges Unternehmertum. Das Kloster Strahov in Prag wurde 1142 von König Vladislav II. gegründet, und bis heute steht es auf dem Hügel oberhalb der Stadt und beglückt Mönche wie Besucher insbesondere in den frühen Morgenstunden mit einem unvergleichlich schönen Blick auf die Goldene Stadt. Wenn die Kuppeln der Kirchen der Stadt im Licht der Morgensonne glänzen und gleichzeitig sich die letzten Nebelfetzen über der Moldau auflösen, wird auch dem tumbsten Touristen, so er denn zu so früher Stunde schon auf ist, klar, woher die Metapher der Golden Stadt kommt.
Derart frühe Morgenstunden sind natürlich noch nichts für das erste Klosterbier, wenn auch die Trinkgewohnheiten vieler Tschechen ein Frühstücksbier durchaus als normal in den Tagesablauf mit einschließen. Aber die Klosterbrauerei Strahov, die Klášternà Pivovar Strahov, wie sie auf Tschechisch heißt, öffnet nicht vor zehn Uhr zum Frühschoppen.
Ist aber endlich geöffnet, so füllen sich Schänke und bei gutem Wetter der Biergarten auch recht rasch. In der Sommerhitze Ende Juli drängt sich alles zwischen die beiden Gebäudeflügel in den Biergarten und versucht, unter einem der Sonnenschirme, die aus Platzmangel die eigentlich obligatorischen ausladenden Kastanienbäume ersetzen müssen, ein wenig Schatten zu finden. Und Abkühlung bei einem Klosterbier. Fünf verschiedene Sorten stehen zur Auswahl, und vom leichten Sommerbier bis zum kräftigen und knackigen Ale ist einiges Spannendes dabei.
An Tagen wie heute bietet sich natürlich ein leichtes Ale besonders an, und so haben die Brauer extra für den Sommer ein Summer Red Ale eingebraut, ein leichtes, elfgrädiges Rotbier mit gerade mal 4,3% Alkohol. Rund und malzig, ein wenig melanoidinig, nur dezent gehopft. Fein.
Deutlich erfrischender jedoch, wenn auch etwas alkoholstärker, das spritzige Weizenbier mit 13° und 5,3% Alkohol. Hoch gespundet, mit leichten Nelken- und Bananenaromen, ein Hauch von Säure herrlich bei der Hitze.
Unter dem Namen Jantar gibt es als nächstes ein Halbdunkles, Polotmavé, ebenfalls mit 13° und 5,3%. Schön bernsteinfarben steht es im Glas, und nichts anderes heißt Jantar ja auch: Bernstein. Süffig, malzig, nur gering gespundet und dadurch von einer gewaltigen Drinkability. Die Getränkekarte bietet neben den kleinen (0,25 l) und großen (0,5 l) Bieren auch einen Drei-Liter-Krug aus Metall an, in dem man sein Bier bestellen kann. Für gewaltige Trinker und Rittersleut‘ zum Direkt-aus-dem-Krug-Trinken, für andere zum Nachschenken der kleinen Gläser. Das Jantar wäre das richtige Bier für diesen großen Krug da könnte man an einem geeigneten Abend oder Nachmittag tatsächlich mal sein eigenes Leistungsvermögen testen.
Mit dem Tmavé, dem Schwarzbier, ginge das wohl nicht. Zwar ist es mit 14° und 5,5% auch noch nicht so fürchterlich stark, aber es ist malzig, schokoladig, vollmundig, mit leichten Kaffeenoten (Mokka), und somit einfach viel zu sättigend für eine solche große Menge. Da sind die kleinen, „handelsüblichen“ Krüge doch viel eher angebracht.
Und schließlich, für heute das letzte in der Getränkekarte, ein Bier, das überhaupt nicht dafür gedacht ist, einfach nur in sattem Fluss durch die Kehle zu rauschen, sondern ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient: Das IPA. 16° und 6,3% lauten die technischen Daten, und sein Geschmack ist hervorragend. Serviert in einem eleganten Kelch, der leider etwas zu schmal ist, um die ganze Fülle der Hopfenaromen so richtig zur Geltung zu bringen. Ich rieche trotzdem neben dem typischen Zitronenaromen der amerikanischen Hopfen ein wenig Mango, etwas Marille, vielleicht einen Hauch Stachelbeere. Auf der Zunge zeigt sich das Bier dann knackig herb, gleichzeitig vollmundig malzig und somit gut ausbalanciert. Harzige Hopfenbitternoten kommen zum Vorschein und bleiben im Abgang, nach dem Schluck präsent. Gerade so stark, dass es nicht ermüdend wirkt, sondern noch von den Aromen des Antrunks träumen lässt, an sie dezent erinnert und natürlich! Lust auf ein weiteres Glas macht. Ein sehr schönes Bier!
Dazu gibt es wahlweise deftige Brauhausküche oder kleine, aber feine Snacks. Die Käseplatte mit drei Sorten intensiv und eindrucksvoll schmeckenden Käsen und ein wenig Feigenmus dazu ist beispielsweise ein idealer Begleiter einer ganz persönlichen Bierprobe.
Das Personal ist blitzschnell und freundlich, die jungen Damen und Herren freuen sich sichtlich am bier-begeisterten Genießer, und auch die Einrichtung der beiden Schankstuben links und rechts vom Biergarten ist ansprechend.
Gebraut werden die Biere auf einem kleinen kupfernen Sudwerk, das dekorativ direkt am Eingang des linken Schankraums steht, und auch wenn man die Lagertanks nur schemenhaft durch eine Scheibe sehen kann, lohnt es sich doch, einmal nach ihnen zu stöbern.
Insgesamt eine sehr ansprechende Gasthausbrauerei, die einerseits an der klassischen, konservativen Präsentation ihrer Biere und Speisen ausgerichtet ist, andererseits aber auch jenseits des langweiligen Tripletts Hell-Dunkel-Weizen ein paar sehr interessante und gute Biere braut. Der Brauer versteht sein Handwerk!
Die Klášternà Pivovar Strahov ist täglich von 10:00 bis 22:00 Uhr geöffnet, kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie problemlos mit der Straßenbahn Linie 22, die gegenüber der Klosterpforte hält. Aber Achtung: Kommt man von der Seite in das Klostergelände, sollte man nicht aus Versehen in die deutlich auffälliger beworbene Große Klosterschänke nebenan gehen, in der es zwar auch gutes Bier gibt (aus der Brauerei MatuÅ¡ka), die aber nicht selber vor Ort braut.
Klášternà Pivovar Strahov
Strahovské nádvořà 301/10
118 00 Praha
Tschechien