Ich stehe vor einer nett renovierten Häuserfassade, die aber im schönen Bäder-Städtchen Teplice nicht weiter auffällt hübsche Fassaden gibt es hier in großer Anzahl. Was hingegen interessant ist, das ist die Beschriftung: Monopol Kavarna, Hotel, Restaurant, Pivovar. Es gibt also kein großes Zögern nix wie hinein. Die schmale Holztür führt durch einen kopfsteingepflasterten Gang, und bereits nach wenigen Schritten fühle ich mich wie auf einer Zeitreise hundert Jahre in die Vergangenheit. Die Beschriftungen und Dekorationen sind im Stil Anfang des 20. Jahrhunderts, konsequenterweise auch zweisprachig, tschechisch und deutsch. Sehr ansprechend.
Ein paar Schritte weiter, ich betrete den großen Saal der Pivovar Monopol, und mit offenem Mund bleibe ich stehen: Ein wunderschöner Jugendstil-Ballsaal, frisch renoviert, eine Pracht in weiß, beige und altgold. Herrliche Stuckarbeiten an den Wänden und Decken, dunkelbraune Holz- und Ledermöbel, auf Säulen aufgeständert links und rechts elegante Logen mit schmiedeeisernen Gittern, und ganz am anderen Ende im oberen Stockwerk kupferglänzend ein kleines Sudwerk, dahinter in eleganten Lettern der Spruch Dej Bůh Å tÄ›stà Gott gebe Glück das Motto der Bierbrauer. Ohne Zweifel eine der schönsten Brauereien, die ich bisher gesehen habe.
Wir suchen uns einen schönen Tisch und nehmen fast ehrfürchtig Platz. Varieté zum Schwan 1850 steht über uns auf einer Stuckplatte, von zwei im Jugendstil gewundenen Schwänen flankiert. Wir verdrehen den Schwänen gleich die Hälse, können gar nicht genug bekommen von dem wunderbaren Schmuck überall. „Wenn die Herrschaften den Ballsaal genug bewundert haben, hätte ich hier noch etwas, das ebenfalls Ihrer Bewunderung wert ist!“ spricht uns der freundliche Kellner in fließendem Deutsch mit leichtem tschechischen Akzent an und schreckt uns fast ein wenig auf. „Ich empfehle besonders unser selbstgebrautes Bier“, fährt er fort und deutet mit dem Arm in Richtung Sudwerk. „Sechs Sorten haben wir, ich bringe Ihnen gerne ein Probierglas von jeder Sorte!“
Na, das ist doch ein Wort. Zweimal sechs Probiergläser, und wir haben erstmal Zeit gewonnen, die Speisekarte zu studieren. Langsam blättere ich vor mich hin, kann mich nicht entscheiden.
„Nun kuck mal in die Karte, und nicht immer nur im Saal herum! Dafür ist nachher noch Zeit!“ ermahnt mich meine Frau, und in der Tat: Ich sehe schon den Kellner mit den Probiergläsern heraneilen; Sekunden später nimmt er die Bestellung auf.
Wir widmen uns den Bieren. Ein schönes Brettchen mit sechs Gläsern aber was ist denn jetzt was? Ich hebe das erste Glas an und sehe die Bierbezeichnung in die kleine Mulde eingraviert, die das Glas hält. Aha, sehr schön! Und neben uns steht ein kleiner Holzständer, in dem zu jedem Bier noch eine Karte hängt, die alle Informationen zu diesem Bier enthält. Mustergültig!
Wir beginnen mit dem SvÄ›tlý Ležák, einem Bier im Pilsner Stil mit 12° Stammwürze und 5,2% Alkohol. Kräftig gehopft und würzig, und vor allem ungewöhnlich in Tschechien kein Diacetyl. Es folgt das elfgrädige Karlik 11° polotmavé, ein halbdunkles Bier mit 4,4% Alkohol. Fein, aber ein wenig dünn, etwas nichtssagend. Als drittes das ViÅ¡eň 11°, ein Kirschbier. Entgegen unserer Erwartungshaltung nicht zuckrig-süßlich, sondern sehr trocken, ein wenig holzig, was eigentlich schön wäre, aber hier wirkt es unausgewogen, kratzig, adstringierend. Nein, das schmeckt uns nicht wirklich gut.
Wir fahren fort mit dem Ale 14°, einem fruchtigen, obergärigen Bier mit 6,0%, das uns an das belgische Palm Speciale erinnert. Sehr schön, ein feines Bier! Und damit wären wir mit dem Standardangebot der Brauerei durch. Zwei weitere Gläser stehen noch vor uns, und die Beschriftung auf dem Holzbrettchen informiert uns bei beiden, dass es sich um ein Spezialbier handele. Wir studieren also die bunten Kärtchen in dem Holzständer: Ein Wiener Lager VÃdeňský Ležák das eine, mit 12° und 5,2%, leicht rötlich und sehr malzig, vollmundig, mastig fast. Und ein VánoÄnà Porter, ein Weihnachtsporter, mit 16° und 7,5%. Eigentlich ein sehr leckeres Bier, aber ein Hauch von Säure stört, passt sich nicht harmonisch in den Geschmack ein, sondern bleibt zu prägnant. In der Summe über die sechs Biere sind wir aber hochzufrieden und bestellen uns nun zum Essen „richtige“ Portionen, soll heißen Halbliter-Gläser.
Sowohl das butterzarte Schweinesteak mit Pilzen als auch die verschiedenen eingelegten Käsesorten mit Bauernbrot sind lecker. Klassische böhmische Küche, aber auf hohem Niveau. Wir sind begeistert. Leckeres Bier, leckeres Essen, und wie wir anschließend feststellten auch ganz hervorragend ausgestattete, blitzsaubere und preiswerte Gästezimmer im angeschlossenen Hotel. Und dass das schmackhafte Frühstück am nächsten Morgen in dem bezaubernden Jugendstilcafé vorne im Vordergebäude serviert wurde, festigte in uns den Entschluss: Hier in Teplice, im Monopol, werden wir mit Sicherheit noch einmal einkehren und übernachten, gerne im Sommer, wenn Teplice seinen Charme als Bäderstadt so richtig ausspielen kann.
Die Pivovar Monopol als Kombination aus Hotel, Café, Restaurant und Brauerei ist erst im Jahr 2015 eröffnet worden. Das alte Jugendstilgebäude aus dem Jahr 1850 beherbergte zunächst das Varieté zum Schwan, dann in der Zeit der Tschechoslowakei das Lebensmittelgeschäft Monopol, von dem der Name übernommen wurde, und von 2012 bis 2014 wurde es grundrenoviert und zu einem Hotel- und Restaurationsbetrieb umgebaut. Das Restaurant ist täglich von 11:00 Uhr an durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Vom Bahnhof Teplice bis zur Pivovar Monopol sind es nur fünf Minuten zu Fuß.
Pivovar Monopol
Masarykova 433/42
415 01 Teplice
Tschechien