Neumarkter Lammsbräu eine ganz besondere Brauerei?
Äußerlich erstmal nicht.
Ich stehe am Sonntagabend in Neumarkt vor der Lammsbräu, und was ich sehe ist ein ganz normales Brauereigebäude. Zweckmäßige Architektur, ein wenig klotzig. Zum Glück ein wenig außerhalb der hübschen historischen Altstadt gelegen, in deren Ambiente es nicht wirklich passen würde. Nichts deutet darauf hin, dass es sich hier um eine recht revolutionäre Brauerei handelt, die in den vergangenen Jahren für viel Aufsehen gesorgt hat.
Bio ist das Stichwort, und es hat im Umfeld des Reinheitsgebots für viel Unmut gesorgt. Was haben sich die Verfechter des Reinheitsgebots empört. Unser seit fast 500 Jahren gültiges Gebot steht für garantierte Reinheit des Biers, hieß es, das drücke doch schließlich der Name bereits aus! Kein Wort davon, dass die Beschränkung auf drei Rohstoffe (Gerste, Hopfen, Wasser) überhaupt nichts über deren Qualität geschweige denn deren Reinheit ausdrückt, dass Unkrautvernichtungsmittel, Pflanzenschutzmittel, chemische Dünger und dergleichen mehr vom Reinheitsgebot nicht verboten werden und so weiter, und so fort.
Bereits 1977 haben die Eigentümer der Brauerei, die Familie Ehrnsperger, damit begonnen, Umweltschutz als Unternehmensziel zu definieren und die Produktion ihrer Biere nach und nach auf Bio umzustellen ein Unterfangen, das seinerzeit kein einfaches war. Das Bewusstsein für ökologisch angebaute Rohstoffe war damals überhaupt noch nicht vorhanden, und es war unendlich schwierig, Bauern zu finden, die ihre Braugerste oder ihren Hopfen anbauten, ohne chemische Mittel anzuwenden. Und so zog sich die Umsetzung über viele Jahre hin. Erste Probesude entstanden, und 1987 erst, also nach sage und schreibe zehn Jahren, kamen die ersten Bio-Biere auf den Markt.
Parallel dazu wurde entsprechende Technik eingerüstet Solarthermie beispielsweise bereits 1978, Wärmetauscher in 1990, und mittlerweile steht die Brauerei als ökologischer Musterbetrieb da. Wenn auch einzelne Maßnahmen aus wissenschaftlicher Sicht Unfug sind (so hat man beispielsweise 2006 die Mobilfunkantennen vom Kesselhauskamin abgebaut) und insbesondere der absolute Verzicht auf Anti-Pilz-Mittel im Getreideanbau ein zweischneidiges Schwert sein kann (es besteht das Risiko, dass gewisse Pilzsorten auf den Getreidekörnern selbst in winzigen Konzentrationen für die menschliche Gesundheit abträglicher sind, als die Rückstände von Pilzbekämpfungsmitteln), so ist das Gesamtkonzept doch bemerkenswert.
Ein rundes Dutzend verschiedener Biere wird hier gebraut auch mit im Braubetrieb nur selten verwendeten Getreidesorten wie beispielsweise Dinkel. Zusätzlich gibt es zwei Sorten glutenfreies Bier und ein paar alkoholfreie Biersorten sowie regelmäßige Sondersunde, beispielsweise einen Dinkel-Bock oder ein Bavarian Brown Ale. Es werden ausschließlich natürliche Rohstoffe mit garantiertem Herkunftsnachweis verwendet.
Neben Bier werden auch alkoholfreie Erfrischungsgetränke hergestellt natürlich ebenfalls bio.
Erneut gab es Unruhe in der Landschaft der etablierten Getränkehersteller, als die Neumarkter Lammsbräu ein Bio-Mineralwasser auf den Markt gebracht hat und wegen dieser angeblich irreführenden Bezeichnung verklagt worden ist immerhin sind in Deutschland alle Mineralwässer natürlichen Ursprungs. Die Klage verlief erfolglos, und seit 2012 darf die Lammsbräu somit ihr Mineralwasser ebenfalls als „bio“ bezeichnen.
Aufgrund ihres Produktspektrums ist die Neumarkter Lammsbräu deutschlandweit nicht nur in den einschlägigen Getränkemärkten und der Gastronomie zu finden, sondern auch und insbesondere in Reformhäusern und Drogeriemärkten eben dort, wo man Bio-Lebensmittel in erster Linie erwartet.
Die Brauerei selbst verfügt über keine eigene Restauration, die Biere sind aber in der Region überall zu bekommen. Nach telefonischer Absprache sind Brauereiführungen problemlos möglich insbesondere wird auch eine Führung für Kinder und Schulklassen angeboten, in der weniger auf die Produktion des Biers als auf die biologische und umweltgerechte Lebensmittelherstellung, insbesondere der Bio-Limonaden, eingegangen wird. Nördlich der Altstadt gelegen, ist die Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger KG problemlos mit dem Stadtbus zu erreichen.
Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger KG
Amberger Straße 1
92 318 Neumarkt
Bayern
Deutschland