Mikulov, oder Nikolsburg, wie es über die vielen Jahrhunderte seiner deutschsprachigen Geschichte hieß, ist ein kleines Örtchen in Südmähren, direkt an der Grenze zu Österreich und gar nicht so weit von Wien. Mit seinem Schloss, der Synagoge und einigen Kirchen zieht es die Touristen in seine nett renovierte Altstadt, und so haben sich am Rande der Altstadt ein paar für eine so kleine Stadt mit gerade mal 8000 Einwohnern recht respektable Hotels etabliert.
Das beste unter ihnen, das Hotel Galant, rühmt sich neben Spa und Wellness mit einem guten Weinkeller, einer Vinothek, und veranstaltet neben Verkostungsabenden auch Weinseminare. Eigentlich nicht das, was einen Bierliebhaber hierher ziehen würde.
Seit einigen Wochen ist das aber anders. Auf einem kleinen, kupfernen Sudhaus der Firma Jinan China-Germany Brewing Co., die etwas nüchtern im hinteren Teil des Restaurantbereichs steht, wird mittlerweile ein hauseigenes Bier gebraut.
Gleich nachdem wir am 13. Juni 2015 unsere Plätze im Restaurant eingenommen hatten, fragte uns der freundliche Kellner in fließendem Deutsch, was wir denn gerne trinken würden, er habe da eine ganz besondere Empfehlung, nämlich das hervorragende und schmackhafte eigene Bier, und wies dabei mit einer einladenden Handbewegung auf die hinter ihm stehenden Kupferkessel. Klar, dass er uns nicht lange überreden musste, denn schließlich waren wir genau dieses Bieres wegen ja gekommen, und so war die Getränkebestellung rasch erledigt.
Ich könne mir, während er zapfe, gerne auch die Brauerei ein wenig näher anschauen, empfahl er mir noch, und so nahm ich das Sudwerk ein wenig näher in Augenschein. Eine einfache, klassische Zwei-Geräte-Konstruktion, oben kupferverkleidet, unten, in dem Bereich, der normalerweise hinter einer Blende verschwinden würde, Edelstahl mit den dazugehörigen Verrohrungen. Aber eine Blende gibt es nicht, die Anlage steht frei, nur eine kleine Treppe und eine Art Steg ermöglichen es dem Besucher, ein wenig hochzusteigen und die Geräte auch von oben und von Nahem betrachten zu können.
Direkt vor dem Sudwerk führt eine Treppe in den Gär- und Lagerkeller, und als ich mich neugierig nach vorne beugte, war auch sofort einer der Kellner da und führte mich hinunter. Seit 1. Mai würde das eigene Bier ausgeschenkt, erzählte er mir, es sei ein relativ leichtes Bier mit nur 10° Stammwürze und knapp vier Prozent Alkohol, ein Bier, wie es die Tschechen lieben, da sie davon problemlos auch größere Mengen würden trinken können. Stärkere Biere würde man gar nicht brauen wollen, und auch nicht so viele verschiedene Sorten. Obwohl, und er klopfte an einen der Lagerbehälter, in diesem Tank ja schon ein englisches Ale gärte.
Am liebsten hätte er mich gar nicht mehr aus dem Keller herausgelassen, zog mich hierhin und dahin, zeigte mir jeden Winkel und erzählte über Gott und die Welt. Besonders faszinierend fand er wohl die Tatsache, dass hier, auf tschechischem Boden, direkt an der Grenze zu Österreich, eine Brauerei deutsch-chinesischer Produktion stünde, das sei doch toll, solch eine internationale Zusammenarbeit, und dann noch ein englisches Ale in der Gärung. Er strahlte.
Selten genug, dass bei einer Brauereibesichtigung der Gast und nicht der Führer ungeduldig wird, aber ich wusste mittlerweile mein Bier oben auf dem Tisch stehen und hatte angesichts der frühsommerlichen Hitze, die Südmähren heute in ihre Gewalt gebracht hatte, einen gewaltigen Durst.
Aber ach, so schön die Brauerei auch anzusehen war, so blitzblank, so liebevoll gezeigt und erläutert, so nett das Personal auch war, das Bier war leider eine Enttäuschung. Eine kräftige Dicateyl-Note, die obwohl dieses Fehlaroma in geringer Konzentration zu einem typischen tschechischen Bier gehört aufdringlich war und schon vom Glas über den ganzen Tisch waberte, und eine etwas erdig-dumpfe Grundnote des Biers missfielen doch schon sehr. Was hätte ein kräftiges Hopfenaroma, ein wenig frische Bittere hier bewirken können aber so war das Bier leider kein Hochgenuss. Nach einem großen Glas war der Durst gestillt, die Lust auf ein weiteres vergangen.
Wie schade, denn das leckere Essen und die nette Atmosphäre hätten gerne noch einen längeren Aufenthalt begründen können. Aber leider nicht mit diesem Bier. Bleibt die Hoffnung, dass sich die Qualität noch einpendeln und mit zunehmender Zahl von Suden das Bier frischer, süffiger werden wird. Dass man einen entsprechenden Ehrgeiz in das eigene Bier legt, ist ja nicht zu übersehen, wie die Begeisterung des Personals und das eine oder andere nette Detail, wie beispielsweise der hölzerne Bieruntersetzer mit eingefrästem Brauereiwappen zeigen.
Die Mikulovský Pivovar Galant, wie sich die Brauerei des Hotels korrekt nennt, befindet sich direkt am Rande der Altstadt und ist täglich durchgehend geöffnet. Das Hotel verfügt über einen großen eigenen Parkplatz und einen schönen Biergarten. Eine Anfahrt mit dem Fernlinienbus ist möglich.
Mikulovský Pivovar Galant
Mlýnská 2
692 01 Mikulov
Tschechien